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Party Girl - Roman

Party Girl - Roman

Titel: Party Girl - Roman
Autoren: Brigitte Blobel
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ziemlich nett gefunden hatte, plötzlich in den Stimmbruch gekommen war. Sie war damals neun, er war fünfzehn oder so. Von einem Tag zum anderen sprach er auf einmal so rau und dunkel wie sein Großvater! Es musste schrecklich für ihn gewesen sein. Um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen, hatte Mona nicht mehr mit ihm gesprochen.
    Oder eine andere Frage, die sie zu der Zeit brennend inte ressiert hatte: Wieso wachsen den Jungen in der Pubertät plötzlich Haare im Gesicht?
    Genauer, in der unteren Gesichtshälfte, am Kinn und auf der Oberlippe, manchmal nur ganz dünn und farblos wie ein Flaum, aber wenn man genau hinsah – und Mona hatte es trainiert, verstohlen GENAU hinzusehen –, konnte man doch sehen, an welchen Stellen die Barthaare zuerst zum Vorschein kommen würden.
    Warum wuchsen Barthaare nur am Kinn und nicht zum Beispiel auf der Stirn?
    Das waren Fragen, die Mona nicht einmal mit ihrer Mut ter besprochen hatte. Sie fürchtete, dass Charlotte sie ausla chen würde. Sie wollte in dieser Angelegenheit (Warum Jungen so anders sind?) aber nicht ausgelacht werden.
    Und aus dem gleichen Grund konnte sie jetzt, fünf Jahre später, auch nicht zugeben, dass sie sich eigentlich danach sehnte, einen Freund zu haben. Jemanden, dem man eine SMS schicken konnte, der einen morgens in der Schule an lächelte und mit dem man auf dem Nachhauseweg ein Eis essen ging, wenn man Lust dazu hatte. Jemand, der neben einem saß und ganz anders roch!
    Mona mochte es, wie Jungen rochen. Manchmal, wenn sie neben einem Jungen wie Dennis oder Benjamin saß (die beide besonders gut rochen), in Physik zum Beispiel, wenn der Raum wegen eines Experimentes abgedunkelt worden war, dann schloss sie die Augen und zog ganz tief diesen Geruch ein, der von ihnen ausging.
    Ihre Schüchternheit war der wahre Grund, warum sie sich so dagegen wehrte, eine Geburtstagsparty zu veranstalten oder mit den anderen abends in Klubs oder auf Konzerte zu gehen.
    Schon deshalb, weil sie panische Angst hatte, dass kein Junge sie ansprechen oder mit ihr tanzen würde. Dass die Jungen sie überhaupt nicht wahrnehmen würden. Durch sie hindurchschauten, als sei sie aus Glas.
    Manchmal, wenn sie mal wieder aus irgendwelchen fadenscheinigen Gründen eine Einladung abgesagt hatte, lag sie im Bett, starrte an die Decke und stellte sich vor, dass sie als bleiches mauergraues Mauerblümchen in der Ecke stand, während alle anderen mit einem Jungen tanzten oder schmusten oder lachten oder irgendeinen Blödsinn machten. Nur sie war als Einzige von allen Mädchen allein. MAUERBLÜMCHEN war ein altmodisches Wort, sie hatte über so ein Mädchen mal in einem Roman gelesen (später war aus der Romanfigur eine ALTE JUNGFER geworden, die von ihrer Familie recht und schlecht geduldet wurde, bis sie sich freiwillig in ein Kloster zurückgezogen hatte). Mona war elf gewesen, als sie das Buch gelesen hatte, und weil sie damals gerade mit Röteln im Bett lag und gruselig aussah, so gruselig, dass sie sicher war, in ihrem ganzen Leben nie wieder unter Menschen gehen zu können, hatte sich das Wort MAUERBLÜMCHEN in ihrem Kopf festgesetzt, in der Datei für Katastrophen-Begriffe wie ATOMPILZ, HEILIGER KRIEG, AIDS, ERDBEBEN, AUSCHWITZ oder TSUNAMI.
    So war die Situation mit Mona, knapp zwei Monate vor ihrem sechzehnten Geburtstag, und sie hatte keine Ah nung, wie sich daran je etwas ändern könnte. Bis zu dem Tag, als sie Mirko begegnete.

2. Kapitel
    Es war an einem ganz gewöhnlichen Mittwoch im Septem ber, als die Sonne schon sehr schräg stand und Mona wie üblich vom Sport nach Hause kam (mittwochnachmittags hatten sie immer Schwimmtraining im Olympiabad), in ih rer Sporttasche nach dem Hausschlüssel suchte, dabei über legte, ob sie sich einen Tee oder lieber einen Kakao kochen sollte, bevor sie mit den Hausaufgaben begann, und mit nichts Besonderem rechnete. Weil noch nie irgendetwas Besonderes passiert war, wenn sie vom Sport nach Hause kam. Schon gar nicht in München-Bogenhausen, in einer Straße mit herrschaftlichen Stadtvillen aus dem letzten Jahrhundert, mit verschnörkelten Balkonen und Erkern, Eingangstüren so hoch wie Kirchenportalen und marmor nen Treppenhäusern, die so blank waren, dass man automa tisch daran dachte, die Schuhe auszuziehen, wenn die Eingangstür hinter einem zufiel.
    Auf einem der Blumenkübel, die die Straße säumten, saß ein Typ und streckte sein Bein aus, als sie vorbeiging. Ein fach so. Und bevor sie sich darüber aufregen konnte, tau
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