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Partitur des Todes

Partitur des Todes

Titel: Partitur des Todes
Autoren: Jan Seghers
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keinen Brief, sondern einen Umschlag, einen alten, dicken Umschlag. Sie will ihn mir nicht schicken. Sie sagt, ich soll ihn mir abholen.»
    «Eine Verrückte?»
    «Nein», erwiderte Monsieur Hofmann mit großer Bestimmtheit. «Sie klang sehr vernünftig. Sie sagt, der Umschlag stamme von meinem Vater.»
    Valerie konnte ihre Überraschung nicht verbergen: «Von Ihrem Vater?»
    «Ja. Sie sagt, auf dem Umschlag stehe mein Name, der Name meines Vaters und das WortAuschwitz.»
     

Drei
    Das Taxi hielt vor dem Eingang des Studios an; Valerie gab dem Fahrer zehn Euro und schickte ihn wieder fort. Plötzlich legte sie großen Wert darauf, Monsieur Hofmann mit ihrem Wagen nach Hause zu bringen.Auf der Fahrt versuchte sie, mehr über den Anruf der fremden Frau zu erfahren.Aber er hatte bereits alles gesagt, was er wusste.
    «Hat sie erzählt, wie sie in den Besitz des Umschlags gekommen ist?»
    «Nein.»
    «Kannte sie Ihren Vater?»
    «Davon hat sie nichts gesagt.»
    «Hat sie ihren Namen genannt?»
    «Natürlich. Sie heißt Christine Delaunay.»
    «Sagt Ihnen der Name etwas?»
    «Nein.»
    «Warum hat sie sich erst jetzt bei Ihnen gemeldet?»
    «Ich weiß es nicht.»
    Als sie an der Place Nadaud angekommen waren, redete Valerie immer weiter auf ihn ein. Obwohl er müde war, wäre es ihmunhöflich vorgekommen, einfach auszusteigen. Schließlich sah er keine andere Möglichkeit, als sie auf ein Glas Wein in seine Wohnung einzuladen.
    Er bat sie, die Flasche zu öffnen, während er nach nebenan ging, um den großen Michelin-Atlas zu holen. Nebeneinander saßen sie am Wohnzimmertisch und suchten den Ort, den die Frau ihm genannt hatte. Er hieß Savigny und lag etwa sechzig Kilometer westlich von Paris im Wald von Rambouillet. «Fahren Sie ganz durch das Dorfhindurch», hatte die Frau gesagt, «dann biegen Sie links ab in eine kleine Straße. Die Straße endet an einem See. Fahren Sie rechts in den Waldweg, bis es nicht mehr weitergeht. Dort steht mein Haus.»
    «Wann sind Sie mit ihr verabredet?»
    «Sie sagt, ich könne morgen im Laufe des Tages kommen, egal wann. Sie sei immer zu Hause.»
    «Soll ich Sie hinbringen? Wollen wir gemeinsam dorthin fahren?»
    «Das würden Sie machen?»
    «Ja. Und ich würde gerne ein Kamerateam mitnehmen, um die Übergabe des Umschlags zu filmen.»
    «Das ist die Bedingung?», fragte er.
    Sie lächelte: «Das ist die Bedingung.»
    Er überlegte einen Moment, dann stimmte er zu.Alle anderen Möglichkeiten, an diesen Ort zu gelangen, wären entweder zu umständlich oder zu teuer gewesen.
    Valeriemachte keineAnstalten, den Abend zu beenden. Während Monsieur Hofmann noch immer an seinem ersten Glas Wein nippte, hatte sie den Rest der Flasche bereits ausgetrunken.
    «Sie sollten Ihren Wagen lieber stehen lassen», sagte der alte Mann. «Vielleicht ist es besser, Sie bleiben heute Nacht hier. Ich hole Ihnen eine Decke und einen Schlafanzug, dann können Sie sich auf das Sofa legen.»
    Ohne zu widersprechen, nahm sie dasAngebot an.Als Monsieur Hofmann zehn Minuten später aus dem Badezimmer kam, schlief sie bereits fest. Am nächsten Mittag verließen sie die Nationalstraße 10 und fuhren in den Wald von Rambouillet. Mit jedem weiteren Kilometer wurden die Straßen und Orte kleiner. Fast hätten sie das Hinweisschild nach Savigny übersehen. Nach fünf Minuten erreichten sie das Dorf, das nur aus wenigen Häusern bestand, von deren Bewohnern keiner zu sehen war. Am Ende derStraße entdeckten sie einen Peugeot Kombi mit derAufschrift des Fernsehsenders.
    «Das Team wartet schon auf uns», sagte Valerie.
    Sie blendete kurz auf, zum Zeichen, dass ihre beiden Kollegen ihnen folgen sollten, dann fuhr sie langsam an dem Wagen vorbei.
    «Da ist der See, von dem Madame Delaunay gesprochen hat», sagte Monsieur Hofmann.
    Sie bogen nach rechts in einen schmalen, geschotterten Waldweg. Valerie machteeine Bewegung mit dem Kopf: «Da… das muss essein.»
    Sie hielten vor einer hohen Mauer aus Naturstein, in die ein großes Gittertor eingelassen war. Hinter der Mauer sah man die Kronen einiger alter Laubbäume. Valerie stieg aus, um das Tor zu öffnen.
    «Meine Güte, das ist kein Haus, das ist ja ein Château!»
    Sie fuhren über einen langen gepflasterten Weg, der sie direkt auf das Gebäude zu führte. Nun sah es auchMonsieur Hofmann.AmEnde des Weges lag ein kleines Jagdschloss,dessen Fassade fast vollständig von wildem Wein überwuchert war. Eine Doppeltreppe führte hinauf zur Eingangstür.
    «Das Beste wird
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