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Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Parrish Plessis 01 - Nylon Angel

Titel: Parrish Plessis 01 - Nylon Angel
Autoren: Marianne de Pierres
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werfen.
    Der Tert erstreckte sich über Hunderte von Klicks zwischen dem Meer und dem sich dahinschlängelnden Fluss. Ein Landstrich in der Form einer Schildkröte, der eigentlich von unschätzbarem Wert hätte sein sollen. Stattdessen beherbergte er die Bedürftigen, die Kranken und die völlig Verrückten. Niemand, der bei klarem Verstand war, setzte auch nur einen Fuß in diesen Moloch mit seiner verseuchten Erde und verrückten Bevölkerung.
    Vor vielen Jahren hatte es hier, außerhalb der Stadtgrenzen von Viva, noch riesige Gießereien und andere Industrieanlagen gegeben; aber schon damals waren die Fabriken und die ganze Gegend nur ein Echo längst vergessener Technologien gewesen. Viva hieß mittlerweile Vivacity und war eine der größten, menschenfressenden Städte der Welt, die sich entlang der Ostküste Australiens erstreckte.
    Die Industriebauten hatte man schon vor langer Zeit demontiert. Eine prächtige Metropole aus Plastikvillen war aus den Ruinen erstanden – mit Grundstücken im Taschenformat, Haustüren, die man alle schwarz angepinselt hatte, und natürlich den obligatorischen Palmen.
    Es dauerte fünfzig Jahre, bis man merkte, dass das Wohnen auf engstem Raum die Erde ganzer Landstriche verseucht hatte. Heute lebten nur noch Trottel und Spinner für längere Zeit im Tert. Die meisten Leute blieben lediglich für kurze Zeit, gaben Unsummen für ihren Schutz aus oder versuchten ihr Glück anderweitig.
    Die Villen der Metropole konnte man nicht mehr als eigenständige architektonische Bauten erkennen; alles war zu einem gleichförmigen, trüben Morast des Lebens verkommen.
    Die Meerseite des Tert war als Fishertown bekannt, ein trostloser Landstrich mit haufenweise radioaktivem Sand. Wie riesige Klumpen Seetang drängten sich die Slums dort dicht an dicht; sie waren die Heimat einer traurigen Ansammlung von Fischerfamilien.
    Auf jeden Fall war es nicht der Ort für romantische Spaziergänge im Mondlicht.
    Ich befand mich auf dem Weg in den Südteil des Tert und wollte dort Raul Minojs Waffen- und Softwarehandel einen Besuch abstatten. Die malerische Strecke des Transitzugs stellte den schnellsten Weg dorthin dar.
    Ich hatte den Eindruck, dass ich immer öfter meine Zeit bei Raul Minoj verbrachte und mich mit seiner Waffensammlung beschäftigte. Auf eigenartige Weise fand ich hier meine Ruhe – Ruhe vor Dingen wie meiner abendlichen Verabredung mit Jamon.
    Der Innenraum des Transitzugs war von einem Chromgerüst durchzogen. Ich starrte mein Spiegelbild in einer der Verstrebungen an. »Zieh dir etwas Interessantes an«, hatte Jamon gesagt. Interessant war mein Outfit allemal. Ich hatte mir einen schwarzen Nylonanzug mit neon-grünen Falten angezogen, die sich bis in die weiten Hosenbeine zogen. Darunter trug ich ein Tank-Top aus Leder.
    Aber meine Kleidung war nicht nur schön, sie barg auch einige Gefahren – für andere. Das Tank-Top hatte spezielle Taschen, in denen ich vergiftete Nadeln versteckte. Nützlich im Kampf! Unter meiner Hose trug ich einen Tanga, der sich in alle Richtungen strecken ließ wie ein Spinnennetz. Mit den dünnen Drähten, die darin eingenäht waren, konnte ich jeden mühelos erdrosseln.
    Schuhe? Ohne meine Stiefel konnte ich nicht leben. Das erste Paar, das ich jemals besessen hatte, war mit Stahlkappen verstärkt gewesen – zum Laufen nicht besonders gut geeignet. Nun benutzte ich Titaneinlagen. Mit den Dingern konnte man jemandem das Hirn aus dem Schädel treten und trotzdem noch schnell rennen, wenn es sein musste.
    Der Zug hielt in Pomme de Tuyeau, einem Viertel im südöstlichen Teil des Tert. Die gläsernen Türen der Bahnwagen wurden durchsichtig, bevor sie sich öffneten. Das war eine Technologie, die mir sehr entgegenkam – man konnte sich schnell verdrücken, wenn es nach Ärger roch. Leute von meiner Größe waren ständig ein gutes Ziel. Ich hasste das. Klein zu sein hätte manchmal seine Vorteile gehabt.
    Die Zollbeamten in Pomme waren ganze Kerle, ausgestattet mit Körperupgrades, aufgebohrter Libido und gemischten Hauttypen. Patchworkhaut war der letzte Schrei in Plastique: kaukasisch, weiß oder schwarz mit einem Schuss Albino als Highlight. Die Zickzacklinien, an denen die Hautfetzen miteinander vernarbt waren, entzündeten sich leicht.
    »Wer will denn schon wie ein beschissenes Zebra aussehen?«, würde Doll Feast mich fragen, wenn sie so etwas sah, und anschließend pfeifend lachen, als hätte ihr jemand die Luftröhre durchgeschnitten.
    Ich schob
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