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Paris, Ein Fest Fürs Leben

Paris, Ein Fest Fürs Leben

Titel: Paris, Ein Fest Fürs Leben
Autoren: Ernest Hemingway
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Montafoner Dialekt sprachen und wie Packpferde stetig emporstiegen, und oben, wo man die Alpenvereinshütte auf einer Felsplatte neben dem schneebedeckten Gletscher errichtet hatte, entluden sie sich ihrer Lasten gegen die steinerne Mauer der Hütte, forderten mehr Geld als den vorher abgemachten Preis und schössen, nachdem sie einen Vergleich zustande gebracht hatten, wie Gnome auf ihren kurzen Skiern hinunter und außer Sicht. Eine unserer Bekannten, die mit uns Ski lief, war ein deutsches Mädchen. Sie war eine große Tourenskiläuf erin - klein und schön gewachsen -, die einen so schweren Rucksack wie ich tragen konnte und ihn länger tragen konnte als ich.

    «Diese Träger sehen einen immer an, als ob sie sich darauf freuten, einen als Leiche runterzutragen», sagte sie. «Sie bestimmen den Preis für die Tour, und ich hab's noch nie erlebt, daß sie nicht mehr fordern.»

    Im Winter in Schruns trug ich einen Bart wegen der Sonne, die mein Gesicht im hohen Schnee so arg verbrannte, und gab auch nichts aufs Haarschneiden. Eines Abends spät, als wir auf Skiern die Holzfällerfährte runterliefen, erzählte mir Herr Lent, daß manche Bauern, denen ich unterwegs auf den Wegen oberhalb von Schruns begegnete, mich den ‹Schwarzen Christus› nannten. Er sagte, daß manche, wenn sie in die Weinstube kamen, mich den ‹schwarzen, Kirsch-trinkenden Christus› nannten. Aber für die Bauern an dem jenseitigen oberen Ende des Montafon, wo wir die Träger anheuerten, um zum Madlener Haus aufzusteigen, waren wir alle fremdländische Teufel, die ins Hochgebirge gingen, wenn man ihm fernbleiben sollte. Daß wir vor Tageslicht aufbrachen, um nicht an Lawinenstellen zu geraten, wenn die Sonne sie gefährlich machen konnte, sprach auch nicht zu unseren Gunsten. Es bewies nur, daß wir arglistig waren wie alle fremdländischen Teufel.

    Ich erinnere mich an den Duft der Tannen und das Schlafen in den Holzfällerhütten auf den Matratzen aus Buchenblättern, und das Skilaufen durch den Wald, wenn wir Hasen- und Fuchsspuren folgten. Ich erinnere mich, wie wir in den hohen Bergen oberhalb der Baumgrenze den Spuren eines Fuchses folgten, bis ich ihn zu Gesicht bekam und ihn beobachten konnte, wie er mit erhobenem rechten Vorderlauf dastand und dann behutsam zum Stehen kam und

    dann lossetzte - und an das Weiß und den Spektakel eines Schneehuhns, das aus dem Schnee hervorbrach und hinweg und über den Kamm flog.

    Ich erinnere mich an all die Arten von Schnee, die durch den Wind entstehen konnten, und deren verschiedenartige Tücken beim Skilaufen. Dann, während man in einer hochgelegenen Alphütte war, gab es Schneestürme, und sie schufen eine fremde Welt, durch die wir unseren Weg so behutsam bahnen mußten, als ob wir das Land nie gesehen hätten. Das hatten wir auch nicht, es war ja alles neu. Schließlich, als es dem Frühling zuging, gab es die große Gletscherabfahrt, glatt und gerade, endlos gerade, wenn unsere Beine es durchhalten konnten; die Knöchel aneinandergedrückt, liefen wir ganz tief gedruckt, überließen uns der Geschwindigkeit und glitten endlos, endlos im stillen Zischen des körnigen Pulverschnees. Es war schöner als jedes Fliegen oder sonst irgendetwas, und wir entwickelten die Fähigkeit, es zu tun und zu genießen durch die langen Aufstiege mit den schweren Rucksäcken, die wir trugen. Wir konnten den Aufstieg weder erkaufen noch ein Billett zum Gipfel nehmen. Auf dieses Ziel arbeiteten wir den ganzen Winter hin, und der ganze Winter trug dazu bei, es möglich zu machen.

    Während unseres letzten Jahres in den Bergen griffen neue Menschen tief in unser Leben ein, und nichts war je wieder wie vorher. Der Winter mit den Lawinen war wie ein glücklicher, unschuldiger Winter unserer Kindheit, verglichen mit dem nächsten Winter, einem Alptraum unter der Maske eines riesigen Spaßes und mit dem mörderischen Sommer, der folgen sollte. In diesem Jahr war es, daß die reichen Leute auftauchten.

    Die Reichen haben eine Art Lotsenfisch, der ihnen vorausgeht; manchmal ist er ein bißchen taub, manchmal ein bißchen blind, aber immer schnüffelt er leutselig und zögernd vorweg. Der Lotsenfisch spricht ungefähr so: «Nun, das weiß ich nicht. Nein, natürlich nicht wirklich. Aber ich mag sie. Ich mag sie beide. Ja, bei Gott, Hem. Ich mag sie nun mal. Ich verstehe, was Sie meinen, aber ich mag sie wirklich, und sie hat irgendwas verdammt Schickes an sich.» (Er nennt ihren Namen und spricht ihn liebevoll
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