Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paris, Ein Fest Fürs Leben

Paris, Ein Fest Fürs Leben

Titel: Paris, Ein Fest Fürs Leben
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
der alte gewesen, und ich muß es wahrheitsgemäß wissen.»

    «Komm raus, ins Büro», sagte ich.

    «Wo ist das Büro?»

          «Das WC», sagte ich.

    Wir kamen zurück und setzten uns wieder an unseren Tisch.

    «Du bist völlig in Ordnung», sagte ich. «Du bist okay. Dir fehlt überhaupt nichts. Du siehst dich von oben an, und deshalb siehst du dich verkürzt. Geh rüber in den Louvre und sieh dir die Statuen an, und dann geh nach Hause und sie dich selbst im Spiegel im Profil an.»

          «Die Statuen da brauchen nicht normal zu sein.»

    «Die sind schon recht gut. Die meisten Leute würden sich mit denen zufriedengeben.»

    «Aber warum sollte sie das sagen?»

    «Um dich außer Betrieb zu setzen. Das ist die älteste Art und Weise der Welt, um Leute außer Betrieb zu setzen. Scott, du hast mich gebeten, dir die Wahrheit zu sagen, und ich kann dir noch viel mehr sagen, aber dies ist die absolute Wahrheit und alles, was du brauchst. Du hättest auch zu einem Arzt gehen können.»

    «Das wollte ich nicht. Ich wollte, daß du es mir wahrheitsgemäß sagst.»

    «Ja, glaubst du mir nun?»

    «Ich weiß nicht», sagte er.

    «Komm rüber in den Louvre», sagte ich. «Es ist gerade nur die Straße runter und über den Fluß.»

    Wir gingen in den Louvre, und er besah sich die Statuen, war aber immer noch im Zweifel.

    «Im Grunde handelt es sich nicht um die Größe in Ruhestellung», sagte ich. «Es ist die Größe, die er annimmt. Es ist auch eine Frage der Lage.» Ich erklärte ihm, wie man ein Kissen benutzen könne und ein paar andere Dinge, deren Kenntnis ihm vielleicht nützlich sein würden.

    «Ich kenne da ein Mädchen», sagte er, «die ist sehr nett zu mir gewesen, aber nach dem, was Zelda sagt...»

    «Vergiß, was Zelda gesagt hat», erwiderte ich ihm. «Zelda ist verrückt. Dir fehlt nichts. Hab nur Zutrauen zu dir und tu, was das Mädchen möchte. Zelda will dich einfach kaputtmachen.»

    «Du weißt gar nichts von Zelda.»

    «Schön», sagte ich. «Lassen wir's dabei. Aber du kamst zum Lunch, um mich etwas zu fragen, und ich hab versucht, dir eine ehrliche Antwort zu geben.»

          Aber er war immer noch im Zweifel.

    «Wollen wir gehen und uns ein paar Bilder ansehen?» fragte ich. «Hast du hier jemals etwas außer der Mona Lisa gesehen?»

    «Ich bin nicht in der Stimmung, Bilder anzusehen», sagte er. «Ich habe ein paar Leuten versprochen, sie in der Bar vom Ritz zu treffen.»

    Viele Jahre später in der Bar vom Ritz, lange nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, fragte mich Georges, der jetzt Chef an der Bar ist und der, als Scott in Paris lebte, der chasseur war. «Papa, wer war dieser Monsieur Fitzgerald, über den mich jeder ausfragt?»

    «Kannten Sie ihn nicht?»

    «Nein. Ich erinnere mich an alle Leute aus dieser Zeit. Aber jetzt fragt mich jeder nur nach ihm.»

    «Was erzählen Sie ihnen denn?»

    «Irgend etwas Interessantes, das sie hören wollen. Was ihnen Spaß machen wird. Aber erzählen Sie mir, wer er war.»

    «Er war ein amerikanischer Schriftsteller Anfang der zwanziger Jahre und auch später, der eine Zeitlang in Paris und im Ausland lebte.»

    «Aber wieso sollte ich mich denn nicht an ihn erinnern? War er ein guter Schriftsteller?»

    «Er hat zwei sehr gute Bücher geschrieben und eines, das er nicht zum Abschluß brachte, von dem jene, die seine Bücher am besten kennen, sagten, daß es sehr gut geworden wäre. Er hat auch einige gute Kurzgeschichten geschrieben.»

    «War er oft hier in der Bar?»

    «Ich glaube, ja.»

    «Aber Sie kamen in den frühen zwanziger Jahren nicht in die Bar. Ich weiß, Sie waren damals arm und wohnten in einem anderen

    Viertel.»

    «Wenn ich Geld hatte, ging ich ins Crillon.»

    «Das weiß ich auch. Ich erinnere mich genau, wie wir uns kennenlernten.»

    «Ich auch.»

    «Es ist seltsam, daß ich keinerlei Erinnerung an ihn habe», sagte Georges.

    «Alle diese Leute sind tot.»

    «Dennoch, man vergißt Menschen nicht, weil sie tot sind, und die Leute fragen mich andauernd nach ihm. Sie müssen mir etwas über ihn erzählen - für meine Memoiren.»

    «Das werde ich tun.»

    «Ich erinnere mich, wie Sie und der Baron von Blixen eines Abends ankamen - in welchem Jahr?» Er lächelte.

    «Er ist auch tot.»

    «Ja, aber man vergißt ihn nicht. Verstehen Sie, was ich meine?»

    «Seine erste Frau schrieb wunderbar», sagte ich. «Sie schrieb wohl das beste Buch über Afrika, das ich je gelesen habe. Bis auf Sir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher