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Paris, Ein Fest Fürs Leben

Paris, Ein Fest Fürs Leben

Titel: Paris, Ein Fest Fürs Leben
Autoren: Ernest Hemingway
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fing an zu arbeiten, und er wollte, daß wir im Juni nach Juan-les-Pins kämen. Sie würden eine billige Villa für uns finden, und diesmal würde er nicht trinken, und es würde wie in den guten alten Zeiten sein, und wir würden schwimmen und gesund und braungebrannt sein und einen Aperitif vor dem Lunch und einen vor dem Abendessen trinken.

    Zelda war wieder gesund, und es ging ihnen beiden glänzend, und mit seinem Roman ging es wunderbar. Es lief Geld von der erfolgreichen Dramatisierung von Der große Gatsby ein, und es würde sich auch als Film verkaufen lassen, und er hatte keine Sorgen. Zelda ging es wirklich ausgezeichnet, und alles würde ordentlich geregelt sein.

    Ich war im Mai allein zum Arbeiten in Madrid gewesen, und ich fuhr mit dem Zug von Bayonne - dritter Klasse - nach Juan-lesPins und war sehr hungrig, weil mir dummerweise das Geld ausgegangen war, und ich zuletzt in Hendaye an der französischspanischen Grenze gegessen hatte. Es war eine hübsche Villa, und Scott hatte ein sehr schönes Haus nicht weit entfernt, und ich war sehr glücklich, meine Frau, die das Haus großartig führte, und unsere Freunde wiederzusehen, und der eine Aperitif vor dem Lunch war sehr gut, und wir tranken noch einige mehr. An jenem Abend war eine Party, um uns im Casino willkommen zu heißen, nur eine kleine Party, die MacLeishs, die Murphys, die Fitzgeralds und wir, die wir in der Villa wohnten. Niemand trank etwas Stärkeres als Champagner, und es ging sehr vergnügt zu, und offensichtlich war es ein ausgezeichneter Ort zum Schreiben. Dort würde es alles geben, was ein Mann zum Schreiben brauchte, bis aufs Alleinsein.

    Zelda war wunderschön und prachtvoll goldgebräunt, und ihr Haar war von einem wunderschönen dunklen Gold, und sie war sehr freundschaftlich.

    Ihre Habichtsaugen waren klar und ruhig. Ich wußte, alles war in Ordnung und würde schließlich gut ausgehen, als sie sich

vorbeugte und zu mir sagte und mir ihr großes Geheimnis erzählte.

    «Ernest, glaubst du nicht, daß Al Jolson größer ist als Jesus?»

    Niemand machte sich zu der Zeit darüber Gedanken. Es war nur Zeldas Geheimnis, das sie mit mir teilte, wie ein Habicht vielleicht etwas mit einem Menschen teilt. Aber Habichte teilen nicht. Scott schrieb überhaupt nichts mehr, was gut war, bis viel später, nachdem er wußte, daß sie geisteskrank war.

    Eine Frage der Maße

    Viel später, zur Zeit als Zelda das hatte, was man damals ihren ersten Nervenzusammenbruch nannte, und wir gerade zur gleichen Zeit in Paris waren, lud mich Scott zum Mittagessen ins Restaurant Mi chaud an der Ecke der Rue Jacob und der Rue des Saints-Peres, ein. Er sagte, er habe mich etwas sehr Wichtiges zu fragen, was ihm mehr als alles auf der Welt bedeutete, und daß ich absolut wahrheitsgemäß antworten müsse. Ich sagte, ich würde mein möglichstes tun. Wenn er mich bat, ihm etwas absolut wahrheitsgetreu zu sagen, war das sehr schwierig, und wenn ich es versuchte, machte es ihn wütend, oft nicht, wenn ich es sagte, sondern später, und manchmal viel später, nachdem er darüber nachgegrübelt hatte. Meine Worte wurden zu etwas, das zerstört werden mußte, und manchmal, wenn möglich, ich mit ihnen.

    Er trank Wein beim Essen, aber das machte ihm nichts, denn er hatte vorher nichts getrunken, um sich auf das Essen vorzubereiten. Wir sprachen über unsere Arbeit und über Bekannte, und er fragte mich nach Leuten, die wir lange nicht gesehen hatten. Ich wußte, daß er etwas Gutes schrieb und daß er aus vielen Gründen große Schwierigkeiten hatte, aber das war es nicht, worüber er sprechen wollte. Ich wartete weiter ab, daß es kommen würde, die Sache, über die ich die absolute Wahrheit sagen sollte, aber er wollte erst am Ende der Mahlzeit die Sprache darauf bringen, als ob wir bei einem Geschäftsessen wären.

    Schließlich, als wir die Kirschtorte aßen und eine letzte Karaffe Wein dazu tranken, sagte er: «Du weißt, daß ich mit niemand außer mit Zelda geschlafen habe.»

          «Nein. Das wußte ich nicht.»

    «Ich dachte, ich hätte es dir erzählt.»

    «Nein. Du hast mir 'ne Menge Sachen erzählt, aber das nicht.»

    «Das ist es, worüber ich dich etwas fragen muß.»

    «Schön, weiter.»

    «Zelda hat gesagt, daß ich, so wie ich gewachsen bin, nie eine Frau glücklich machen könne, und das war's, was sie zuerst aus dem Gleichgewicht gebracht hat. Sie sagte, es sei eine Frage der Maße. Seit sie das gesagt hat, bin ich nie wieder
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