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Paravion

Paravion

Titel: Paravion
Autoren: bouazza
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flüssiger Diamant, Pfauen spiegelten sich darin, aber plötzlich begann er zu sinken, denn ihm wurde klar, daß er gar nicht schwimmen konnte. Doch tauchte er gleich wieder auf, von einem angenehmen Gefühl erfüllt, hervorgerufen von einer vollen Blase oder von einem Blutstau. Ein Glitzern blendete ihn, Trauben geschälter Früchte mit glänzendem Fleisch baumelten über ihm. Das Wasser rauschte laut. Der Regen berührte die Oberfläche seines Traums.
    Als er sich auf den Rücken drehte, setzte sich Mamurra vorsichtig rittlings auf ihn. Ihre Finger tasteten nach dem Saum des Nachtgewandes, weil sie es hochheben wollte, aus reiner Gewohnheit, doch sofort erinnerte sie sich daran, daß sie ja nackt war. Ein Phantomgefühl. Ihre Hand umfaßte sein Leben und umschloß es wie mit kräftigen Labien.
    Mamurras Gesicht war eine fragende Fratze, mehr Schmerz als Lust; sie hielt den Atem an, ihre sich seitwärts neigenden Brüste, die scheinbar ein vom Oberkörper unabhängiges Leben führten, ihre Mondäpfel, schaukelten auf und ab, während ihr Körper durchrüttelt wurde von einer Lust, die kein Ende nehmen wollte, schon gar weil sie den aufkommenden Schrei unterdrückte. Rosafarbene Striemen vom strammsitzenden Büstenhalter zeichneten sich auf ihrem Bauch und Rücken ab –
    pausenlos plappernd hatte ihn Baba Baluk heruntergezerrt, denn nie wußte er, wie man dieses Ding auf elegante Weise aushakte –, die Brüste aus dem Fleisch weicher Lycheefrüchte seufzten, von Schwangerschaft geschwellt.

    Ohne ihn zu wecken, stieg sie von ihm herab und schmiegte sich an ihn. Ihre Augen brannten vom Weinen, doch Ruhe war ihnen nicht vergönnt. Welch ein Glück, daß er sich auf den Rücken gelegt hatte. Das Froschspektakel, das an Lautstärke noch zugenommen hatte, verstummte. Warum nur kam das Gute so oft zu spät, fragte sie sich und schlief endlich ein.
    Neid folgt merkwürdigen Gesetzen – wie Faulheit auch. Die Dorfbewohner hatten Baba Baluk stets verachtet. Ohne davon auch nur eine Ahnung zu haben, führte Baba Baluk mit seiner Frau ein zurückgezogenes Leben. Doch als die Dorfbewohner hinter seine Pläne kamen, ergrimmte es sie, daß er ihnen nichts davon erzählt hatte. Das sei, so fanden sie, seine Pflicht gewesen, und sie hielten sein Schweigen für Verrat.
    Gemeinschaften dieser Art mögen keine Leute, die selbständig sind, und Verachtung ist in ihnen stets der Nährboden von Schadenfreude. Mamurras Fehlgeburt erweckte denn auch große Schadenfreude: Nicht auszumalen, daß dieser Kerl sich auch noch fortpflanzt! Doch daß selbst die Frauen, die von den sogenannten Männersachen meist ausgeschlossen sind, diese Schadenfreude teilten, war merkwürdig. Keine setzte sich für Mamurra ein. Und Baba Baluk wurde vorgeworfen, er zeige kein Mitleid mit ihrer Misere, die bereits Jahre andauerte und Mamurra und ihn weniger hart zu treffen schien als sie. Dachte er wirklich, er könne allein weggehen und sie der Dürre und ihrem Schicksal überlassen? Das Dorfoberhaupt schüttelte mißmutig den Kopf, wie immer, wenn seine Frau, ohne gefragt zu sein oder ohne seine Erlaubnis, ihre Meinung zum besten gab. Wie damals, als ein Teppichhändler ins Dorf gekommen war und sie sich in die Verkaufsverhandlungen – reine Männersache – eingemischt hatte. Er hatte sie ins Haus geschickt und sich beim Händler entschuldigt, der ihn so erschrocken ansah, als habe er eine Eule reden hören. Mit einem Kopfschütteln – eine der Hauptbeschäftigungen alter Männer – fuhr er schließlich fort, die Teppiche zu entrollen und die Lobeshymnen auf die jeweilige Qualität herunterzuleiern. Auf dem Rückweg überlegte er, wie er seinen Freunden im Teehaus diesen Vorfall erzählen wollte: Hört zu Brüder, stellt euch vor, was mir heute passiert ist…
    Viel übler noch nahmen die Leute den beiden das gute Verhältnis zu Cheira und Heira, die das Paar immer mit frischem Gemüse und Kräutern versorgte. Einmal hatten sie ihnen sogar Tauben und Wachteln vorbeigebracht, und vom Duft des süßen Bratens lief so manchem im Dorf das Wasser im Mund zusammen. Wer sich mit Hexen einließ, konnte wohl kaum auf Sympathie rechnen. Daß das ganze Dorf für das Notwendigste – Krauseminzetee und Heilkräuter – von Cheira und Heira abhängig war, wurde der lieben Ordnung halber einfach vergessen.
    In den Augen der Leute vom Dorf war Baba Baluk undankbar, nicht nur weil er sich absonderte, sondern auch weil er Geheimnisse hatte. Sie meinten, er solle dankbar
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