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Parasiten

Parasiten

Titel: Parasiten
Autoren: Marina Heib
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kannst du keinen Vorwurf machen! Das
Ganze ist doch alles nur passiert, weil er den Mund
aufgemacht hat! Gegenüber Henning Petersen! Zumindest wird er das so sehen.
Garantiert fühlt er sich schuldig an allem.«
    »Und deswegen rennt er jetzt mit diesem Vadim da draußen rum und
spielt den Rächer? Das geht so nicht, verdammt noch mal, denen reiße ich
dermaßen den Arsch auf!«
    Anna war es gewohnt, dass Christian Dampf ablassen musste, wenn ihm
eine Geschichte an die Nieren ging. »Wenn du noch keine Beweise hast, was
willst du dann bei Jensen? Du kannst ihn nicht festnehmen.«
    »Leider, noch nicht. Aber ich muss den Wichser warnen und ihm
Polizeischutz anbieten. Nach Lage der Dinge ist er das nächste Opfer. Es kotzt
mich an, dass ich diesen Kerl beschützen muss. Aber es kotzt mich auch an, wenn
sich gewisse Leute einbilden, in Deutschland wäre Raum für Selbstjustiz. Wir
sind hier nicht im Wilden Osten! Diese Idioten sollen das gefälligst uns
überlassen!«
    Anna ging zur Kommode und holte den Autoschlüssel für Christian.
»Beruhige dich bitte, bevor du losfährst. Sonst kann ich morgen ein neues
Getriebe einbauen lassen.«
    Sofia gab auf. Sie konnte nichts mehr tun, es war vorbei.
Falls Jensen die Wahrheit sagte und Alina tatsächlich bei Radu und Ileana war,
dann war alles gut. »Darf ich Ihr Telefon benutzen und zu Hause anrufen?«
    »Damit du mir auf Russisch oder Rumänisch irgendjemanden auf den
Hals hetzt? Ich bin doch nicht blöd, Schätzchen.«
    »Aber wie soll ich sonst wissen, ob es stimmt?«, drängte Sofia
verzweifelt.
    »Du kannst mir ruhig glauben. Ein Bekannter von mir ist verhaftet
worden, woraufhin Savchenko und irgendein Zaharia deine Schwester aus dem
Krankenhaus abgeholt und nach Hause verfrachtet haben. Dabei sind sie uns
leider durch die Lappen gegangen. Aber die kriegen wir auch noch. Inzwischen ist
nämlich dieser Bekannte von mir tot, was garantiert auf das Konto der beiden
geht. Die Sache wird jetzt ein für allemal erledigt, und mit dir fangen wir
an.«
    Über Sofias Gesicht huschte ein Lächeln: Danylo. Vadim. Sie waren am
Leben. »Wieso war Alina im Krankenhaus?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht kaputtgevögelt?«
    Sofia warf Jensen einen hasserfüllten Blick zu. Doch der lachte nur
und nahm das kleine Fläschchen vom Wohnzimmertisch. »Was ist denn hier drin?
Das Gift, mit dem du Benedikt und Puri betäubt hast? Verrätst du es uns? Stand
nicht in der Zeitung.«
    »Schierlingsextrakt.« Sofia glaubte nun, dass Alina tatsächlich in
Sicherheit war – woher hätte Jensen sonst Vadims Namen gekannt? Der Rest war
ihr egal, sollte er sie doch töten. Eine friedliche Ruhe überkam Sofia und
hüllte sie ein wie ein schützender Kokon. Sogar ihre Haut hörte auf zu brennen,
ganz so, als breite der kommende Tod schon sein kühles Laken über ihr aus.
    »Bist du nebenberuflich Kräuterhexe oder so was?«
    »Im Bordell in Frankfurt habe ich eine Tscherkessin kennengelernt,
die kannte sich aus mit Pflanzen. Sie hat den Extrakt hergestellt und ihn
selbst benutzt, um sich bei der Arbeit schmerzunempfindlich zu machen.
Schierling in winzigen Dosen wirkte bei ihr besser als Heroin. Ich habe ihr das
Fläschchen geklaut, als ich abgehauen bin.«
    »Gerissen bist du, das muss man dir lassen. Puri wurde aus Frankfurt
über deinen Tod unterrichtet.«
    »Wahrscheinlich wollte Evelyn, die Puffmutter dort, ihren Fehler
vertuschen.« Es war das erste Mal, dass die junge Frau mit den Zöpfen den Mund
aufmachte. Offensichtlich war sie gut über das Business informiert.
    »Ich bin aus dem Klofenster raus. Auf dem Bahnhof habe ich eine alte
Frau bestohlen. Das tut mir sehr leid. Das Klofenster war nicht vergittert,
weil es im dritten Stock lag. Ich bin dann nach Bremen gefahren und zu meiner
Bank und habe mein ganzes Geld abgehoben. In der Nacht stand ein offener und
voller Müllcontainer unter dem Klofenster. Der hat sonst viel weiter links
gestanden. Ich bin hineingesprungen.« Sofias Erinnerungen sprudelten jetzt wirr
aus ihr heraus.
    Jensen holte einen Geigenkoffer aus dem Schrank und stellte ihn
auffordernd vor Sofia hin.
    »Ich kann nicht mehr spielen«, sagte sie leise.
    »Oh doch. Du wirst.«
    Sofia blickte den Geigenkoffer an. Sie öffnete ihn zögernd. Als sie
die Geige darin liegen sah, wurde sie von Wehmut überflutet. Zärtlich strich
sie über das Instrument. Korpus und Steg waren aus feinjährigem Ahorn, der
Bogen aus elastischem Pernambuk, der »Frosch« des Bogens aus mit Perlmutt
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