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Papillon

Papillon

Titel: Papillon
Autoren: Henri Charrière
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Défense Nationale verhaftet worden. Ein Fälscher hatte auf originelle Art Banknoten hergestellt. Er bleichte Fünfhundertfrancscheine und druckte mit vollendeter Technik »Zehntausend« darüber. Das Papier war echt, die Banken und Kaufleute nahmen es ohne weiteres an. Das ging so mehrere Jahre, und das Falschgelddezernat der Staatsanwaltschaft wußte schon nicht mehr, wo ihm der Kopf stand. Bis eines Tages ein Mann namens Brioulet auf frischer Tat ertappt und festgenommen wurde. Jose Dega stand seelenruhig in seiner Bar in Marseille, in der sich Nacht für Nacht die Creme der südlichen Verbrecherwelt traf und wo sich die internationale Halbwelt ein Stelldichein gab.
    Jose Dega war 1929 Millionär. Eines Nachts erscheint eine gutangezogene, junge, hübsche Frau in der Bar und fragt nach ihm.
    »Das bin ich, Madame, was wünschen Sie? Kommen Sie, bitte, ins Nebenzimmer.«
    »Ich bin Brioulets Frau. Er steckt in Paris im Gefängnis, weil er Falschgeld in Umlauf gesetzt hat. Ich habe mit ihm in der Santé gesprochen. Er hat mir die Adresse Ihrer Bar gegeben und mich beauftragt, Sie um zwanzigtausend Franc zu bitten, damit er seinen Anwalt bezahlen kann.«
    Und so kam es, daß einer der gewieftesten Gauner Frankreichs, weil er sich nicht der Gefahr aussetzen wollte, einer Frau gegenüber seine Rolle in der Fälscheraffäre zuzugeben, die einzige Antwort gab, die er Brioulets Frau nie hätte geben dürfen.
    »Ich kenne Ihren Mann nicht, Madame«, hatte Dega gesagt. »Wenn Sie Geld brauchen, gehen Sie auf den Strich. Hübsch, wie Sie sind, werden Sie damit mehr verdienen, als Sie brauchen.« Die arme Frau lief empört und weinend davon. Und berichtete alles ihrem Mann. Und Brioulet, voll Unmut, verriet am nächsten Morgen dem Untersuchungsrichter alles, was er über Dega wußte. Er klagte ihn in aller Form als den Mann an, der die falschen Scheine geliefert hatte. Einige der gerissensten Polizisten Frankreichs lauerten Dega auf, und einen Monat später wurden er, der Fälscher, der Graveur und elf Komplizen an mehreren Orten gleichzeitig verhaftet und hinter Schloß und Riegel gesetzt. Der Prozeß dauerte vierzehn Tage. Jeder Angeklagte wurde von einem angesehenen Anwalt verteidigt. Brioulet nahm nichts zurück, und so wurde dieser gewiefteste Gauner Frankreichs, ruiniert und um zehn Jahre gealtert, wegen läppischer zwanzigtausend Franc und einer unüberlegten Antwort zu fünfzehn Jahren Zwangsarbeit verdonnert.
    Und mit diesem Mann hatte ich soeben einen Pakt auf Leben und Tod geschlossen …
    Dr. Raymond Hubert hat mir einen Besuch abgestattet. Er war nicht gerade sehr aufgekratzt, was ich ihm nicht verdenken kann.
    … Eins, zwei, drei, vier, fünf, kehrt… Eins, zwei, drei, vier, fünf, kehrt… Mehrere Stunden schon wandere ich so hin und her, vom Fenster zur Tür meiner Zelle, von der Tür zum Fenster. Ich rauche, bin bei klarem Kopf, bin ausgeglichen und fähig, alles mögliche zu ertragen. Ich verspreche mir selbst, zur Zeit nicht an Rache zu denken.
    Lassen wir den Staatsanwalt dort, wo er war: angekettet an die Mauerringe, das Gesicht mir zugekehrt. Ich habe mich noch nicht entschieden, auf welche Art ich ihn krepieren lassen werde.
    Da dringt plötzlich ein Schrei durch die Tür meiner Zelle. Ein Schrei der Verzweiflung, gellend, grausig, Angst einflößend. Was bedeutet das? Es klingt wie das Geschrei eines Gefolterten. Aber wir sind hier doch nicht auf der Kriminalpolizei? – Keine Möglichkeit, zu erfahren, was los ist. Es stört mich, dieses Geschrei in der Nacht.
    Und wie stark muß es sein, daß es durch die gepolsterte Tür dringt. Ist es vielleicht ein Verrückter? In diesen Zellen da, wo man von allem isoliert ist, kann einer bald wahnsinnig werden. Ich rede laut zu mir selbst.
    »Was geht das dich an?« frage ich mich. »Denk an dich, an nichts als an dich und deinen neuen Verbündeten Dega.« Ich bücke mich, richte mich wieder auf und versetze mir einen Fausthieb gegen die Brust… Es hat mir sehr weh getan, also ist alles gut. Meine Armmuskeln funktionieren ausgezeichnet. Und meine Beine?
    Ich gratuliere, du bist mehr als sechzehn Stunden auf und ab marschiert und nicht einmal müde, mein Freund.
    Die Chinesen haben den Wassertropfen erfunden, der einem auf den Kopf fällt. Die Franzosen die Stille. Sie verbieten jede Zerstreuung. Es gibt weder Bücher noch Papier und Bleistift. Das Fenster mit den dicken Gitterstäben ist zusätzlich mit Brettern vernagelt, nur ein paar kleine Löcher lassen
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