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Paloma

Paloma

Titel: Paloma
Autoren: Alexandra Dannenmann
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in die Sala ein und nahm sich einen der Stühle und schob auch dem Fremden einen zu, wobei er sagte: „Ich hab etwas mit deinem Vater zu bereden. Seinetwegen.“ Dabei deutete er auf den Fremden. Paloma nickte und nahm dann das Kleid an sich, an dem sie gerade arbeitete. Ein Kleid ihrer Mutter, das sie sich enger nähte, da sie ein dunkles Kleid brauchte, wenn sie hinunter in den Ort ging.
    „Gib mir ein Glas Wein und vergiss auch ihn nicht“, sagte der Onkel.
    Paloma vermutete, dass er den Fremden nur deshalb mit IHN anredete, weil er seinen Namen nicht wusste oder weil er vielleicht zu schwierig auszusprechen war. Trotzdem hätte sie seinen Namen gerne gewusst.
    Schweigend stellte sie Gläser und die alte Limonadenflasche auf den Tisch, in der sie den Wein für den täglichen Bedarf aufbewahrten und ging dann in die Küche und setzte sich mit ihrer Näharbeit auf den Schemel ihrer Mutter. Die Tür zur Sala ließ sie offen, damit sie hören konnte, worüber der Onkel mit dem Fremden redete. Aber er redete nicht. Er tollte mit Loca bis sie wilde Sprünge machte und zu kläffen begann, so laut, dass keiner den Schritt des Vaters gehört hatte.
    „Fuß, Loca, Fuß“, fuhr er die Hündin an und ging dann in die Küche zu Paloma und legte zwei kleine Fische auf den Tisch. Viel war es nicht, aber wenn sie reichlich Kartoffeln dazu kochte, würden sie satt werden.
    Paloma nahm die Fische und ging nach draußen und warf dabei einen raschen Blick in die Sala. Sie sah, dass der Vater sich ebenfalls gesetzt hatte und dass er eine Zigarette aus dem Päckchen nahm, das der Fremde ihm anbot. Verglichen mit ihm wirkte der Vater klein und schwächlich und sein hageres Gesicht hatte noch härtere Ecken und Kanten als sonst.
    Paloma holte sich einen Eimer Wasser aus der Zisterne und putzte dann die Fische mit den gleichen raschen Handgriffen, wie die Mutter es getan hatte und deren Mutter wiederum, ließ sich aber keines der Worte entgehen, die drinnen im Haus geredet wurden.
    Wenn sie richtig verstand, wollte der Fremde etwas von dem Land an der Cala Dragonera kaufen, das ihrem Vater gehörte.
    Ihr fiel auf, wie gut der Vater mit der Sprache des Fremden zurechtkam und war stolz darauf. Obwohl sie wusste, dass es nur daher kam, weil der Vater, so wie viele Männer der Insel, ab und zu auf einen Cortado, einen kleinen Kaffee, oder auf einen Brandy in der Bar El Centro war, wo sich gelegentlich auch Fremde, hauptsächlich vom Festland, aufhielten.
    Als die Fische geputzt waren, kehrte sie in die Küche zurück, machte Feuer und stellte einen Topf Wasser für die Kartoffeln auf. Ließ sich dabei aber kein Wort von der Unterhaltung nebenan entgehen.
    „Salvador, überleg doch mal. Du kannst dir einen Traktor anschaffen, wenn du Land verkaufst“, hörte sie den Onkel sagen. „Oder ein Motorrad. So wie Ernesto eins hat.“
    Paloma hielt den Atem an, um ganz genau zu hören, was der Vater darauf sagen würde, aber sie wartete vergebens. Warum antwortete der Vater nicht? Wo er doch oft und oft davon gesprochen hatte, wie einfach die Arbeit auf den Feldern sein könnte, wenn sie eine dieser motorbetriebenen Maschinen hätten. Warum schwieg er jetzt, wo sich ihm die Möglichkeit bot, auch eine dieser Maschinen zu besitzen? Denn was machte das schon, ein Stück Land weniger zu haben. Sie hatten genug davon und waren trotzdem arm, weil man vom Land nicht abbeißen kann. Und wie oft hatten sie Jahre, in denen es zu wenig oder gar nicht regnete, in denen die Kartoffelstauden und das Korn auf den Feldern verdorrten und all die mühselige Arbeit auf den Feldern umsonst gewesen war.
    „Überlegen Sie es sich in aller Ruhe“, hörte sie den Fremden sagen. „Es eilt ja nicht.“
    Vom Vater kam noch immer keine Antwort, aber sie hörte ihn zu dem kleinen Eckschrank gehen, in der die Mutter zwei Marienbildchen und eine kleine Porzellankatze aufbewahrt hatte, hörte wie er Gläser herausholte und dann einschenkte. Vermutlich von dem Brandy, den Mariano bei seinem letzten Besuch mitgebracht hatte. Und dann war es eine Zeitlang still nebenan, die Männer rauchten und tranken und schließlich begannen sie, über die Arbeit auf den Feldern zu reden. Wie immer, wenn die Männer der Insel zusammen kamen. Als der Onkel hörte, dass der Vater erst wenige Tage zuvor die Aussaat des Getreides beendet hatte, schnalzte er bedenklich mit der Zunge.
    „Aber die Saatkartoffeln, die sind im Boden?“
    Der Vater schwieg.
    Paloma musste daran denken, wie schwer
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