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Paloma

Paloma

Titel: Paloma
Autoren: Alexandra Dannenmann
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trotz seiner merkwürdigen Aussprache verstanden. Sie nickte und trieb ihre Tiere auf das Tor in der Trockenmauer aus Feldsteinen zu, die den Hof weitläufig umgab, ohne sich auch nur einmal umzusehen.
    Während sie dem ausgetretenen Pfad zum Haus folgte, griff sie nach dem kleinen Stein auf ihrer Brust, der bei jedem ihrer Schritte auf- und nieder tanzte und schob ihn in den Ausschnitt ihres Kleides.
    Das Haus bestand aus mehreren steinernen Würfeln, drei insgesamt, bewohnt wurde allerdings nur der mittlere und größte. Und in diesem wiederum bildete die Sala, der Wohnraum, den Hauptteil. Der Raum daneben, ein Raum mit offener Feuerstelle, auf der gekocht wurde, war eher klein. Ebenso die beiden Schlafkammern, links und rechts der Sala.
    Der zweite Trakt diente als Vorratskammer. In einer Ecke waren einige Holzkisten gestapelt, in denen sie, eingebettet zwischen Kräuterbüscheln, ihre Feigenernte aufbewahrten. In der anderen Ecke stand ein halbvoller Sack Kartoffeln und von der Decke hingen geflochtene Schnüre mit Zwiebeln, Knoblauch, Paprika und Tomaten, die sich im ständigen Luftzug zwischen den beiden offenen Fenstern wiegten.
    Im dritten und letzten Anbau, der mit seinem schrägen Dach wie angeklebt an das Haus wirkte, wurde in zwei Holzfässern, einem großen und einem kleinen, der Wein aufbewahrt. Daneben gab es einen zementierten Trog, in den der Vater jedes Jahr nach der Weinlese stieg, um mit bloßen Füßen den dunkelroten Saft aus den Trauben zu stampfen.
    Bevor Paloma das Haus betrat, ging sie zur Zisterne und holte Wasser für die Trinknäpfe der Tiere. Außer den drei Ziegen und acht Schafen hatten sie noch einiges an Federvieh. Tauben, Hühner, Gänse und Truthähne. Schnatternd folgten ihr die Gänse, als sie zu dem niedrigen Stallgebäude ging, das abseits vom Haus hinter ein paar alten, knorrigen Olivenbäumen stand, um Futter zu holen.
    Während sie mit einer leeren Konservendose Körner aus einem Sack schöpfte, fiel ihr Blick auf die dunkle Ecke ganz hinten, dorthin wo die Saatkartoffeln lagerten. Sie hatten bereits kräftig ausgetrieben, denn es war bereits Mitte Februar, höchste Zeit also, dass sie in den Boden kamen. Der Vater verschob die Aussaat jedoch von einem Tag zum anderen. Er wartete auf Regen. Auf richtigen Regen und nicht solche kurzen Schauer wie an diesem Morgen. Paloma dagegen hoffte insgeheim, dass der Regen noch lange auf sich warten ließe. Sie war lieber mit den Ziegen und Schafen unterwegs, als tagelang Steine aus den Furchen zu lesen, die der Vater mit der Hacke zog oder der Mutter zu helfen, die Saatkartoffeln auszulegen.
    Ein Geräusch drüben vom Weg her, das sich wie ferner Donner anhörte, ließ sie unter die Stalltür treten. Kurz danach sah sie, wie sich das schon reichlich altersschwache Auto des Médicos dem Hof näherte.
    Rasch trat sie vor den Stall und warf die Futterkörner breitflächig aus. Im gleichen Augenblick begann das Gegacker, Gurren und Flügelschlagen und das Federvieh kam von allen Seiten heran und stürzte sich auf die Körner.
    Paloma rieb sich den Staub der Körner von den Händen und stand dann mit hängenden Armen da. Drüben am Haus stellte der Médico den Motor seines Wagens ab und dann war nur noch das Gurren und Gackern von Tauben und Hühnern zu hören.
    Paloma rührte sich nicht von der Stelle. Angst stieg plötzlich in ihr auf und sie starrte auf den Boden, obwohl es nichts weiter zu sehen gab als Steine, Hühnerdreck und kleine Federn, die der Tramontana, der Wind aus dem Norden, vor sich hertrieb. 
    Erst als ein Gerumpel drüben auf dem Weg die Ankunft des Vaters ankündigte, löste sie sich aus ihrer Erstarrung. Als sie aufblickte, sah sie, dass der Nebel sie mittlerweile eingeholt hatte, einzelne Schwaden hingen bereits zwischen den Ästen der Olivenbäume hinter dem Haus.
    Sie ging dem zweirädrigen Karren des Vaters entgegen, um das Maultier auszuspannen, wie sie das immer tat. Heute jedoch gab ihr der Vater mit einer müden Handbewegung zu verstehen, dass sie es bleiben lassen sollte.
    Während Paloma noch dastand und den Vater fragend anschaute, schoss ihr plötzlich Loca, ihre kleine Hündin, vor Freude winselnd zwischen die Beine. Paloma fragte sich, wieso sie keinen Laut gegeben hatte, als sie vorhin auf den Hof zurückgekehrt war. Aber heute Abend schien alles anders zu sein als sonst. Beklommen suchte sie nach einer Erklärung im Gesicht des Vaters. Der hielt jedoch den Kopf gesenkt und schwieg und sie erkannte daran,
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