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Die Königin von Zamba

Titel: Die Königin von Zamba
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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1
     
    V ictor Hasselborg schüttelte die Zügel und rief seinem Aya zu: »Hao, Faroun!« Das Tier drehte den Kopf, blinzelte ihn vorwurfsvoll an und setzte sich in Bewegung. Die Räder des Karrens knirschten auf dem Kies der Straße von Novorecife.
    Neben ihm auf dem Sitz sagte Ruis: »Lassen Sie die Zügel etwas lockerer, Senhor Victor. Und dann müssen Sie lernen, ihm gegenüber einen weniger rauen Ton anzuschlagen. Sie verletzen seine Gefühle.«
    »Tamates, sind die Biester so sensibel?«
    »So was? Eh, ja! Die Krishnaner wählen immer sorgfältig den Ton, in dem sie mit ihren Tieren sprechen …«
    Das Trommeln der sechs Hufe des Aya vermengte sich mit dem Geplapper Ruis’ zu einem Klangbrei, der Hasselborg in einen tranceähnlichen Zustand versetzte. Er musste lächeln, als er über seine augenblickliche Situation nachdachte: Einen Comic-Helden, so einen mit Ballettkostüm, Strahlenwaffe und Einmann-Rakete verkörperte er nicht gerade – statt dessen schickte er sich an, den Planeten Krishna auf einem Karren sitzend, gewandet in die alberne Eingeborenentracht mit ihrem geschlitzten Röckchen und einem Schwert im Gürtel zu erobern!
    Es waren nach subjektiver Zeit ein paar Wochen vergangen, seit Hasselborg an der teuren Zigarre seines Klienten gezogen und gefragt hatte: »Was veranlasst Sie zu glauben, dass Ihre Tochter von der Erde weggegangen ist?«
    Er musterte Batruni scharf. Hatte er zuerst dazu geneigt, den Mann unsympathisch zu finden, so begann er jetzt dazu zu tendieren, den Textilmagnaten eher für einen freundlichen, großzügigen, gutmütigen, wenngleich etwas rührseligen Menschen zu halten.
    Yussuf Batruni lupfte seinen Dickwanst und blies heftig durch die Nase. Hasselborg, der im Geiste ganze Armeen von Bazillen aus Batrunis Nasenlöchern schwärmen und durch die Luft segeln sah, zuckte instinktiv ein wenig zurück.
    »Sie sprach schon seit Monaten darüber, bevor sie verschwand, und außerdem las sie Bücher«, erwiderte Batruni. »Der Planet der Liebe, die Rache des Marsianers und ähnliches Zeug. Sie wissen schon.«
    Hasselborg nickte. »Erzählen Sie weiter!«
    »Und Geld genug für die Fahrt hatte sie auch. Ich befürchte, ich habe ihr davon mehr gegeben, als für ein junges Mädchen gut war, das sich allein in London herumtreibt. Aber ich hatte ja nur sie, und da konnte nichts gut genug sein …« Seine Stimme versagte ihm den Dienst, und er zuckte traurig die Achseln.
    »Ich werde ihre Besitzverhältnisse noch überprüfen«, sagte Hasselborg. »Eh, glauben Sie, dass sie mit jemandem zusammen fortgegangen ist?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich sagte: Glauben Sie, dass sie mit jemandem zusammen fortgegangen ist? Und ich meine mit ›jemandem‹ nicht Tante Susi.«
    »Ich …« Batruni erstarrte, hatte sich aber sofort wieder im Griff. »Entschuldigen Sie! Dort, wo ich herkomme, achtet man strengstens auf die Tugendhaftigkeit der Töchter, und ich kann nicht umhin … Aber da Sie das Thema schon angeschnitten haben – ich befürchte, ich muss Ihre Frage mit ›ja‹ beantworten.«
    Hasselborg lächelte zynisch. »Die Levante sollte für ihre Jungfern genauso Reklame machen wie Ägypten für seine Pyramiden! Wer ist der Mann?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Woher wissen Sie dann überhaupt, dass da einer ist?«
    »Nun, es sind bloß Vermutungen – so gewisse Kleinigkeiten, wissen Sie. Nichts Handfestes. Als ich sie bei meinem letzten Besuch in London nach ihren Männerbekanntschaften fragte, gab sie nur ausweichende Antworten. Sprach einfach über andere Dinge. Das war ein großer Unterschied zu früheren Zeiten, als sie mir ihren jeweiligen Favoriten immer gleich in allen Einzelheiten beschrieb, ob ich es hören wollte oder nicht.«
    »Haben Sie jemanden Bestimmten im Auge?«
    »Nein, es ist bloß so ein vager, allgemeiner Verdacht. Sie sind der Detektiv. Sie ziehen die Schlussfolgerungen.«
    »Das werde ich auch tun«, versprach Hasselborg. »Sobald ich mir ihre Wohnung angeschaut habe, telefoniere ich mit Barcelona und frage nach den Passagierlisten aller Raumschiffe, die dort während des letzten Monats gestartet sind. Unter einem falschen Namen kann sie nicht verschwunden sein, weil ihre Fingerabdrücke routinemäßig mit der Europäischen Zentralkartei verglichen worden sein müssen.«
    »Das ist gut«, sagte Batruni und schaute durch das Fenster hinaus in den dichten Nebel, der bisher den Anstrengungen der Nebelfeger getrotzt hatte. Seine große levantinische Nase zeigte sich
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