Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paloma

Paloma

Titel: Paloma
Autoren: Alexandra Dannenmann
Vom Netzwerk:
der Vater lebte, sollte sie nur noch MEIN MOTOR heißen. Aber Paloma blieb hartnäckig. Solange bis der Vater abgestiegen und sie nun an der Reihe war, auf dem Sattel zu thronen. Und dann war wieder der Vater dran und danach bestand Paloma darauf, dass er eine Runde fahren sollte.
    „Morgen vielleicht, nicht heute“, wich er jedoch aus, während er so tat, als ob er die Technik des Zweirads überprüfen müsste, Bremsen, Beleuchtung, Auspuff, Motor.
    „Nur hier auf dem Hof, nur einmal ums Haus, bitte Vater, ein einziges Mal nur“, bettelte Paloma solange, bis der Vater nicht länger nein sagen konnte. Er stieg auf, stellte sich auf die Pedale, umklammerte mit aller Kraft die Handgriffe und zog mit dem Daumen den Anlasser hoch. Vorsichtshalber trat Paloma ein paar Schritte zurück, aber das hätte sie sich schenken können, denn so sehr der Vater auch am Anlasser riss, der Motor blieb stumm.
    Aber da schließlich Salvadors Ansehen als Mann und somit als Fachmann für alles Technische auf dem Spiel stand, trat er mit fast verzweifelter Kraft in die Pedale, immer wieder und als schon weder Paloma noch Salvador damit rechneten, knatterte der Motor plötzlich los. Wie in Todesangst gackernd stoben die Hühner davon, die auf dem Boden rund um das Motorrad gescharrt hatten und Loca schoss wütend auf die Maschine los und bellte sie an. Aber das half alles nichts, der Motor lief und lief, wunderbar gleichmäßig. Mit gebührendem Stolz warf der Vater einen Blick in die Runde.
    „Und jetzt fahr los!“, forderte Paloma ihn auf.
    Ohne zu zögern nahm Salvador auf dem Sattel Platz, stemmte dann seine Füße auf den Boden und schob das Zweirad mit einem Ruck so weit nach vorne, bis der Ständer in die Höhe sprang und die Räder den Boden berührten, dabei kräftig Gas gebend. Und das war sein Fehler. Das Motorrad machte einen Satz und schoss laut aufröhrend davon. Paloma und Loca konnten sich gerade noch in Sicherheit bringen. Eine Sekunde später lag der Vater, der in einer zu ruckartigen Kehrtwendung versucht hatte, dem Maultierkarren auszuweichen, auf dem Boden, die Mobylette mit wild drehenden Rädern über ihm und rührte sich nicht.
    Zu Tode erschrocken lief Paloma zu ihm und zerrte mit aller Kraft das Zweirad von ihm herunter. Dabei schrie sie in höchster Angst, er solle doch endlich den verdammten Motor abstellen. Schließlich rappelte sich der Vater wieder hoch, drosselte den Motor und starrte auf das am Boden liegende Zweirad, als ob er Auskunft von ihm verlangte für das Missgeschick, das ihm passiert war. Da aber selbst nach längerem Warten keine Antwort kam, gab er es schließlich auf und zog sein linkes Hosenbein hoch und sah sich sein Bein an.
    „Vater, um Himmelswillen!“, rief Paloma erschrocken, als sie die dünne Blutspur sah, die ihm über die Wade lief.
    „Ach was, das ist nichts. Gar nichts. Nur ein Kratzer“, wehrte Salvador ab, schob sein Hosenbein wieder hinunter und zog und zerrte dann solange an der Mobylette, bis sie wieder auf dem Ständer stand.
    „Ich hab zu viel Gas gegeben, das war alles“, sagte er und rieb mit seinem Taschentuch ein paar Krümel Erde vom linken Pedal und polierte auch noch das hintere Schutzblech, das durch den Sturz ein wenig staubig geworden war.
    Paloma beobachtete ihn schweigend. Jetzt, da die erste Aufregung vorüber war, ging ihr plötzlich ein Gedanke durch den Kopf, den sie nicht länger für sich behalten konnte.
    „Du hast ein Stück Land verkauft, stimmt’s?“
    Der Vater brummte zustimmend.
    „Sag schon, hast du wirklich ein Stück von dem Land unten an der Cala Dragonera verkauft? An den Fremden?“
    „Ja. Aber sag nicht der Fremde. Er heißt Philipp, das weißt du doch.“
    Der Vater hatte das Motorrad jetzt wieder bestiegen, trat erneut in die Pedale bis der Motor kam, gab aber diesmal nur so vorsichtig Gas, dass der Motor knatterte und stotterte und fast abgestorben wäre und dann fuhr er an. Langsam, sehr langsam, mit der linken Hand gleichzeitig den Bremshebel umklammernd, fuhr er über den Hof. Kam glücklich an den Olivenbäumen vorbei, verfehlte knapp eine Henne, die Flügel schlagend und gackernd vor ihm herrannte und schaffte sogar eine elegante Kurve um die Hausecke herum.
    „Komm, fahr mit“, rief er dann Paloma zu, die dem Vater, erst mit angehaltenem Atem, dann stolz auf seine Fahrkünste, hinterher gelaufen war. Er hielt an, indem er beide Füße fest auf den Boden stemmte, und Paloma setzte sich hinter ihn in den Sattel, dabei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher