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Pablo Picasso - die Lebensgeschichte

Pablo Picasso - die Lebensgeschichte

Titel: Pablo Picasso - die Lebensgeschichte
Autoren: Dagmar Feghelm
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werden, und das geht nur mit Bildern, die der bürgerlichen Welt gefallen. Und Kunst kommt da immer noch von Können. Farbe, Raum und Perspektive müssen stimmen und brav die Wirklichkeit abbilden. Pah, das kann er längst. Auch wenn er erst 15 ist. Warum er mit Paradeschinken wie » Wissenschaft und Nächstenliebe« keinen Preis gewinnt, ist ihm schleierhaft. Eigentlich passt doch alles: moralisch angehauchtes Thema, leicht rührselig. Diskrete Farben, fein abgestuft. Ordentliche Lichtführung, schön schummrig. Gut modellierte, runde Figuren. Und sein vornehmer Vater als Modell für den männlichen
Charakterkopf! Tja, hat gerade mal für lobende Erwähnungen gereicht. Die Goldmedaille aus Málaga gilt nicht – Heimvorteil! Hat er nicht nötig. Ob’s auf der Akademie in Madrid wohl besser wird?

    Bild 2
    Da steckt viel Arbeit drin – was dem ehrgeizigen 15-jährigen Maler immerhin eine Goldmedaille seiner Heimatstadt einbringt.
    Nein, die bringt ihn auch nicht weiter. Gleich im Herbst 1897 schwänzt er die Kurse und verlegt seine Studien in den Park, um mit den Mädchen zu flirten. Außerdem besucht er den Prado. Das berühmte Museum hat ihm einiges zu bieten: die Meisterwerke von Velázquez und Zurbarán, El Greco und Goya. Pablo ist hin und weg. Diese Künstler sind in ihrer Zeit verankert und haben doch eine unverwechselbare Handschrift. Er selbst malt immer nur »im Stil von«. Von wem? Von was? Von irgendwelchem alten Kram. Drum ist die Akademie eine Sackgasse! Zumindest für ihn. Er will auch einen eigenen Stil. Er will ein Neuerer sein! Es soll nicht heißen »Ruiz malt wie«, sondern man soll malen wie Ruiz! Ruiz? Pablo Ruiz? Wie klingt denn das – kurz, gewöhnlich, provinziell! Pablo Ruiz Picasso? Schon besser, aber zu lang, zu kompliziert… Pablo Picasso? Pab-lo Pi-casso… Ja! Zweimal »P« und das in Spanien seltene doppelte »s« – das klingt gut! Besser noch: Picasso. Einfach – Picasso! Das ist ein Name, den die Welt versteht. Der Name eines Genies! Wird Papa nicht beglücken, wenn sein edler Familienname wegfällt, aber – Picasso! Er muss doch einsehen, dass man sich mit diesem Namen einen Namen macht!
    Leider erkrankt der neugeborene Pablo Picasso bald an einem bösen Scharlach, und da fährt man hinterher zum Kräftesammeln lieber heim. In Barcelona aber ist man ganz und gar nicht zufrieden mit ihm. Der Vater liegt ihm in den Ohren wegen seines Benehmens in Madrid. Onkel Salvador dreht gar den Geldhahn zu. Und dann droht Freund Manuel auch noch der Einzug zum Militär – wegen der Unruhen auf Kuba. Die Karibikinsel hat es satt, als Spaniens letzte Kolonie dazustehen. Abhängigkeiten, wo man hinschaut! Abhängigkeiten sind dazu
da, sich davon zu befreien. Manuel hat eine Spitzenidee: er will sich in Horta de Ebro verstecken, dem Bergdorf, aus dem er stammt – und Pablo soll mit.
    Am Ende der Welt
    Pablo geht mit und wird es nicht bereuen. »Alles, was ich weiß, habe ich in Pallarés’ Dorf gelernt«, sagt er noch Jahrzehnte später. Was gab’s denn da zu lernen, in diesem Kaff am Ende der Welt? Muss ein angehendes Genie Holzhacken können, Brotbacken, Schmieden, Eselreiten? Gut, Bäume, Vögel und Sternbilder zu unterscheiden, ist ganz interessant – aber braucht’s dazu geschlagene acht Monate?
    Natürlich malt Pablo hier auch. Neue Motive, Tiere, Hirten, Bauern. Als sich die Freunde noch weiter in die Gebirgseinsamkeit flüchten, entstehen Landschaften. Doch wichtiger ist die Erfahrung eines Lebens im Einklang mit der Natur. Das ist alles andere als paradiesisch. Pablo sieht, wie die Menschen ihr Brot der Erde abtrotzen müssen. Er lernt die Härten am eigenen Leib kennen, beim Feuermachen, beim Schlafen auf Heu und beim Baden im eisigen Wasserfall. Zu essen gibt’s bestenfalls mal einen Wildhasen, meist aber »körnigen Reis, cremigen Reis, fetten Reis, mageren Reis, Milchreis, Reissuppe«. Bald laufen die beiden in der Einöde nur noch mit Lendenschurz herum. Wie vorzeitliche Wilde bepinseln sie ihre Wohnhöhle mit allerlei Zeichen und Getier. Der junge Zigeuner, der sie auf die Höhen geführt hat und immer wieder auftaucht, wird für Pablo zum Inbegriff des Naturburschen. Welche Gewandtheit besitzt der auf seinem Terrain, welches natürliche Wissen und, vor allem, welche Freiheit! Pablo liebt und bewundert ihn. Die zwei schließen Blutsbrüderschaft. Manuel fühlt sich vernachlässigt. Später sagt
Pablo über ihn: »Pallarés war wie ein Stück trockenes Brot. « Der Freund
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