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Pablo Picasso - die Lebensgeschichte

Pablo Picasso - die Lebensgeschichte

Titel: Pablo Picasso - die Lebensgeschichte
Autoren: Dagmar Feghelm
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versteht nicht, dass Pablo bei dem Zigeuner eine Ursprünglichkeit und Unabhängigkeit sieht, die er selbst gern hätte, ja vielleicht sogar hat, tief im Inneren, verborgen unter der aufgepfropften Zivilisation. Das Beispiel des Jungen ermutigt ihn, diese Seiten in sich zu entdecken und für seine Kunst fruchtbar zu machen.

    Also Schluss jetzt mit den Regeln und Mustern, die ihm sein Vater und die öde Akademie überstülpen wollen! Als Pablo Anfang 1899 nach Barcelona zurückkehrt, hat er nicht nur eine Vorliebe für Fundstücke und Materialien der Natur als Basis seiner zukünftigen Kunst entdeckt, sondern auch den freien, unzähmbaren Zigeuner in sich. Beides wird ihm zeitlebens bleiben.
    Zum Nabel der Welt
    Wieder daheim,wird Pablos neues Ich gleich auf die Probe gestellt. Als er verkündet, nicht mehr auf die Akademie zu gehen, ist Papa außer sich. Pablo bleibt stur. Er sucht sich ein neues Atelier und neue Freunde. Die haben ihn gefälligst zu bewundern – wie Jaime Sabartés, ein junger Dichter, der ihm aus der Hand frisst. Dann ist da noch Carlos Casagemas, ein vornehm blasses Jüngelchen aus reicher Familie, das sich an seiner Ähnlichkeit mit dem berühmten Komponisten Chopin berauscht. Mit Carlos lässt es sich prima um die Häuser ziehen. Geschlafen wird tagsüber im Atelier. Die Bude ist eh nur mit geschlossenen Augen zu ertragen. Was an Möbeln fehlt, malt Pablo an die Wand – inklusive Tischlein deck
dich und üppigem Dienstmädchen. So ein Dandyleben kostet Geld – leider mehr, als Pablo mit Bleistiftporträts und Zeitungsillustrationen verdient.
    Auch die Wahl eines seiner Bilder für den spanischen Pavillon auf der Weltausstellung in Paris bringt nichts ein – außer Ehre. Im Stammlokal »Els Quatre Gats« ist er für seine Clique der Held des Tages. Damit hat er’s den alten Pinkeln am Nebentisch aber gezeigt, die sich was drauf einbilden, in Paris ausgestellt zu haben! In Paris! Ja, auch Pablo wäre gern da, wo sein Bild jetzt ist. Nicht wegen der Weltausstellung. Paris ist überhaupt die Stadt – vor allem, wenn man die Kunst revolutionieren will! Seine Mutter hätte er ja soweit, ihm Reisegeld zu geben… Casagemas’ Eltern sind auch schon überredet. Sie erhoffen sich von Paris eine belebende Wirkung auf ihren dösigen Sohn. Da kann auch Don José nicht länger Nein sagen. Er kauft ihm eine Hin- und Rückfahrkarte. Letztere ist Pablo weniger wichtig, aber bitte, wenn’s den alten Herrn beruhigt! Vor der Abreise malt er ein Selbstporträt. Als wolle er’s beschwören, schreibt er dreimal »Ich, der König« um den Kopf. Jetzt fehlt nur noch die Garderobe zur Eroberung der Weltstadt. Zu edlem Tuch reicht’s nicht, wäre auch zu spießig. Etwas feiner darf’s aber schon sein, dunkel ist Pflicht, ausgefallen ein Muss – und so besteigen Pablo und Carlos in schwarzen Cordsamtanzügen den Zug nach Paris.

Zwei Farben: Blau und Rosa
    Im Oktober 1900 verlässt »König« Pablo Barcelona.
    N eunzehn Jahre ist er nun alt und gerade mal 1,65 Meter groß. Pablo spricht kein Wort Französisch, als ihn Paris als eine für alles Neue und Moderne zu habende Metropole mit 2,5 Millionen Einwohnern empfängt. Zur Weltausstellung hat sie sich herausgeputzt und zeigt sich wahrhaft im besten Licht – ist doch der Siegeszug der Elektrizität das große Thema der Mega-Veranstaltung. Nachts glitzern die Prachtbauten rund ums Ausstellungsgelände mit dem elf Jahre alten Eiffelturm um die Wette. In grelles Licht sind auch die Boulevards getaucht, jene neuen Rennstrecken für den Verkehr, die sich, gesäumt von Kaufhäusern, Theatern und Restaurants, den Besuchern als herrliche Flaniermeilen anbieten.
    Pablo hat Wichtigeres zu tun als offenen Mundes Bewunderung zu mimen. Schließlich will er hier seine Zelte aufschlagen. Er landet im guten alten Künstlernest am Montmartre. Hier sieht er die Kehrseite des strahlenden Paris: enge Gassen, schäbige Häuser, das Ganze nachts stockfinster und gefährlich. Nur die Kneipenszene ist so lebendig wie unten im Zentrum. Doch rund um die Kirche Sacré-Cœur fließen nicht Wein und Champagner, sondern Ströme von Bier und Fusel. Zwar ist »alles nur Tamtam, Flitterkram, Pappe«, aber hier tobt das Leben! Und Pablo stößt im Quartier auf eine Künstlerkolonie von Landsleuten, die ihm Bett und Ansprache bieten – die Pariser können nämlich beklagenswert wenig Spanisch! Kaum installiert, beginnt Pablo zu malen. Auf der Weltausstellung hat er Werke von Cézanne gesehen.
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