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Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut

Titel: Ostseeblut - Almstädt, E: Ostseeblut
Autoren: Eva Almstädt
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sich in ihre karitativen Unternehmungen. Na ja, so geht wenigstens etwas Gutes aus der Sache hervor.«
    »Jeder bewältigt Schwierigkeiten auf seine eigene Art und Weise. Man hat angeblich gerade festgestellt, dass diejenigen, die alles diskutieren und analysieren, nicht unbedingt am besten mit traumatischen Erlebnissen klarkommen. Mancher gräbt lieber seinen Garten um und lernt irgendwann, mit seiner Vergangenheit zu leben.«
    »Sprechen Sie aus Erfahrung?«
    »Ich … nein.«
    Ihre Blicke begegneten sich. Sven Waskamps Ohren und Nase waren vor Kälte gerötet. Kondensierte Atemluft stieg vor seinem Gesicht auf. Er hob die Hände und blies hinein, um sie zu wärmen. »Es wird mir allmählich zu frisch hier draußen, ich wollte gerade gehen.«
    »Ich begleite Sie ein Stück«, schlug Pia vor, der in ihren Wintersachen wohlig warm war.
    Er hielt den Blick gesenkt, als er sagte: »Das Schlimme ist, dass so viel unausgesprochen geblieben ist – zwischen Katja und mir, meine ich. Sie wissen ja, dass wir eine Beziehung miteinander hatten …«
    »Ja.«
    »Wir beide brauchten zu dem Zeitpunkt wohl etwas und dachten, der jeweils andere könnte es uns geben. Aber ausgerechnet Katja Simon … Jetzt denke ich, es hatte wohl auch etwas mit meiner Beschäftigung mit Tamaras Tod zu tun. Dass ich mir Sorgen machte, es könne meinem politischen Werdegang schaden, wenn die alte Geschichte wieder ins Gespräch kommt.«
    »Und von Katja Simon haben Sie sich Hilfe erhofft?«
    »Ich ging wohl unbewusst davon aus, dass eine von Tamaras Freundinnen wissen musste, wer der Vater ihres Kindes war. Katja wiederzutreffen erschien mir wie ein Wink des Schicksals. Aber dann habe ich mich in sie verliebt.«
    »Sie war eine außergewöhnliche Frau«, sagte Pia ruhig.
    »Katja war so stark. Und ich wusste nie, woran ich bei ihr war. In einem Moment fiel sie mir um den Hals, im nächsten ließ sie mich eiskalt abblitzen. Sie schien mir so unabhängig von der Meinung anderer zu sein. Aber dann merkte ich, dass sie etwas Bestimmtes von mir wollte …«
    »Und das war?«, fragte Pia neugierig.
    »Dazugehören. Sie wollte von Leuten wie den Gregorians als gleichwertig anerkannt werden. Dabei hat sie ihre Art zu leben eigentlich verachtet. Ist das nicht merkwürdig?«
    »Ich weiß nicht. Etwas, das für einen Menschen in jungen Jahren unerreichbar ist, wird manchmal später zur fixen Idee«, vermutete Pia. »Sie haben sich in Bezug auf die Vergangenheit übrigens an die falsche Freundin gehalten. Wir haben Post von Janet Domhoffs Lebensgefährtin, Maria Barlou, bekommen … Sie erinnern sich an Janet?«
    »Auch eine von Tamaras Freundinnen, nicht wahr?«
    »Ja. Sie hat in Janets Nachlass eine Art Tagebuch aus der Zeit gefunden. Wir wissen nun, dass Janet Domhoff Ihren Onkel und Tamara Kalinoff miteinander beobachtet hatte. Sie vermutete ganz richtig, dass die beiden eine Affäre hatten. Damit hat sie Ihren Onkel erpresst, und zwar um genau die Summe, die sie brauchte, um ihre Ausbildung zu finanzieren. Ein lebensgefährliches Unterfangen, im Nachhinein betrachtet. Was Janet Domhoff nicht wusste, ist, dass Gregorian auch Tamaras Mörder war.«
    »Irgendwie weigere ich mich noch, es zu glauben«, sagte Sven Waskamp. »Mein Onkel war jemand, der alles konnte und alles wusste. Jedenfalls aus meiner damaligen Perspektive. Kein Problem, mit dem er nicht fertig geworden wäre.«
    »So war es ja auch im Fall von Tamara. Nur hat er das Problem auf seine ganz eigene Art und Weise gelöst.«
    »Er ist kein gewöhnlicher Mörder.«
    »Martin Gregorian hat gestern bei der Vernehmung gestanden, dass er Tamara Kalinoff umgebracht hat. Er hat uns genau geschildert, was in der Nacht ihres Todes passiert ist. Es ist ihm bewusst – war ihm immer bewusst –, dass er sie vielleicht hätte retten können. Aber er bedauert nichts«, sagte Pia.

Epilog
    E ingesperrt zu sein ist eine Qual für mich. Diese ungesunde Beschäftigung mit der Vergangenheit! Ich werde alles aufschreiben, an das ich mich erinnern kann, und es dann für immer vergessen. Wenn ich an jene Nacht denke, sehe ich immer zuerst Tamaras erstauntes Gesicht vor mir. Wie sie mich mit großen Augen ansieht, als ich vor dem Haus der Vorhusen anhalte. Ich hatte nicht viel von dieser Adresse erwartet, aber selbst mir wird bei dem Anblick komisch zumute. Das Licht der Autoscheinwerfer fällt auf eine Hauswand, deren Putz abblättert, als hätte sie eine unaussprechliche Hautkrankheit. Ein Fenster neben dem Eingang
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