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Ostfriesensünde

Ostfriesensünde

Titel: Ostfriesensünde
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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gleich den Spaß.
    Er mochte die Markthalle mit den frischen Angeboten von Meeresfrüchten. Er sah an Rupert vorbei nach draußen auf die Ferkel, die von einer Sau gesäugt wurden. Sie sahen echt aus, fast lebendig, waren es aber nicht.
    Bei uns hätten sie ein Reiterdenkmal aufgebaut oder etwas erhaben Christliches, dachte er. Die Ostfriesen stellen merkwürdige Denkmäler auf. Fröhliche Schweine statt Generäle. Oder in Norden eine Riesen-Doornkaatflasche statt eines Heiligen.
    Er begann das alles sympathisch zu finden. Sosehr er seine Heimat auch mochte, am liebsten wäre er hier geblieben. Zumindest für einen Sommer.
    Jedes Mal, wenn Huberkran mit lauten Schmatzgeräuschen eine Auster ausschlürfte, bekam Rupert eine Gänsehaut und grub seine Zähne tapfer in sein Mettbrötchen mit Zwiebeln.
    Es wurmte Rupert, dass sie Ann Kathrin Klaasen gefragt hatten und nicht ihn. Er wäre gerne zur SOKO Maurer gestoßen. Er sah sich schon bei Fortbildungen Vorträge über Serienmörder halten. Das hier konnte der Karriereschub überhaupt werden.
    Huberkran schluckte die dritte Auster und lächelte. Eine fast postkoitale Zufriedenheit breitete sich in ihm aus und der Wunsch, jetzt eine Filterzigarette zu rauchen.
    »Ich habe bei allen drei Mordserien mit zum Team gehört. Natürlich heimst Prinzessin Klaasen hinterher alle Lorbeeren alleine ein. Als Kriminalistin ist sie kein großes Licht, wenn Sie mich fragen, aber als PR -Frau würde ich sie jederzeit engagieren. Sie hat einen heißen Draht zur Presse und versteht es, alles, was geschieht, so darzustellen, als ob es ihr Verdienst wäre. Aber wehe, es geht etwas schief … «
    Rupert machte ein bedeutungsschwangeres Gesicht und griff in seine Hosentasche, um das Gummi von seinem Slip zurechtzuzupfen. Wenn er so unter Druck stand wie jetzt und das Gefühl hatte, die Dinge liefen nicht gut für ihn, dann schmerzten seine Eier, und die Hose wurde ihm zu eng.
    »Ich glaube«, sagte Huberkran, »ich genehmige mir noch mal drei.«
    Der hört mir gar nicht zu, dachte Rupert, der ist nur gekommen, um Ann Kathrin Klaasen in seine SOKO zu holen. Wenn die eingebildete Ziege wenigstens mitmachen würde, rechnete er sich Chancen aus, mit ihrem Team reisen zu dürfen, obwohl ihre Personaldecke in Aurich sowieso sehr dünn war.
    »Ubbo Heide wird höchstens auf einen von uns verzichten können«, murmelte er.
    Huberkran stellte sich noch einmal für drei Austern an, und eine Frau neben ihm biss so erotisch in ihr Krabbenbrötchen, dass Huberkran sich zwang wegzusehen, weil er sich vorkam wie ein Voyeur vor dem Schlüsselloch zum Badezimmer.
    Er bestellte sich drei Austern und ein Krabbenbrötchen.
    »Kluge Entscheidung«, sagte die Frau neben ihm und lächelte ihn vielversprechend an. In Bruchteilen von Sekunden war Huberkran bereit, seine Ehe und alles, was er sich in Franken mühsam aufgebaut hatte und an dem er jetzt ebenso mühsam festhielt, zu verlassen. Doch sie zwinkerte ihm nur noch einmal zu, dann löste sie sich auf in der anonymen Menge des Einkaufszentrums.
    Das muss die Meerluft sein, dachte Huberkran, erschrocken über seine heftige Reaktion, oder vielleicht die Austern.
    »Sie können sich den Versuch, Ann Kathrin Klaasen umzustimmen, klemmen, die ist genauso stur, wie man es den richtigen Ostfriesen fälschlicherweise nachsagt. Dabei ist sie eine Zugereiste.«
    »Ich weiß«, sagte Huberkran, ohne seine Austern aus den Augen zu verlieren.
    Der Fischverkäufer zeigte ihm jede einzelne, bevor er sie für ihn aufbrach.
    »Und was wollen Sie dann noch hier? Suchen Sie Ersatz für unsere Diva? Jemanden mit weniger Medienpräsenz, aber genauso viel Erfahrung?«
    Huberkran nahm die Austern über die Glastheke hinweg in Empfang und trug den Teller zu seinem Stehtisch.
    »Ich hoffe, sie wirft wenigstens mal einen Blick auf unsere Akten. Wir haben da ein paar Ungereimtheiten … «
    Huberkran träufelte ein paar Tropfen Zitrone auf das Austernfleisch. Es zuckte bei jedem Tropfen zusammen.
    »Ja, die sind frisch!«, schwärmte Huberkran und schlürfte die Auster aus ihrer Schale. Dann schob er seinen Mund nah an Ruperts rechtes Ohr. Er konnte Ruperts Zwiebelatem riechen.
    »Man sagt, sie hätte die Fähigkeit, sich in diese Täter hineinzudenken oder zu fühlen wie niemand sonst.«
    Rupert fiel ihm ein bisschen zu laut ins Wort. »Ach, das ist Unsinn. Es wird alles übertrieben. Das ist mehr moderne Legendenbildung als … «
    »Stimmt es, dass sie sich allein an die Tatorte begibt
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