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Ostfriesensünde

Ostfriesensünde

Titel: Ostfriesensünde
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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und zunächst nackt in die Rolle der Opfer schlüpft?«, wollte Huberkran wissen.
    Rupert wunderte sich schon lange nicht mehr über die Gerüchte, die über Ann Kathrin Klaasens Ermittlungsmethoden im Umlauf waren. Er lachte.
    »In den offiziellen Akten steht jedenfalls nichts davon!«
    Huberkran konzentrierte sich wieder ganz auf seine Austern. Mit den Fingerspitzen tastete er ihre scharfen Kanten ab.
    Rupert spürte, dass das Eis zwischen ihm und Huberkran noch lange nicht geschmolzen war. Er versuchte es mit einem Witz: »Wissen Sie, was man sich über Ann Kathrin Klaasen erzählt?«
    Huberkran registrierte Ruperts komplizenhaftes Grinsen und stieg darauf ein. »Nein, was denn?«
    »Nun, ganz unter uns, sie hat ja einen Lover, der jünger ist als sie.
    Ihre Freundin hat sie gefragt, wie es denn mit dem so wäre … Also Sie wissen schon, im Bett und so … Unsere Starkommissarin geriet gleich ins Schwärmen, und ihre Freundin wurde schon ganz feucht zwischen den Beinen, dann fragte die Freundin: ›Stört denn dein dicker Arsch deinen Lover überhaupt nicht?‹ Und was glauben Sie, was Ann Kathrin Klaasen geantwortet hat?«
    Huberkran vermied es, Rupert anzusehen. Er blickte fast starr auf die scharfkantige Schale seiner Austern.
    Rupert feixte. »Sie hat kalt lächelnd den Kopf geschüttelt und gesagt: ›Nö. Über meinen Mann reden wir eigentlich nie.‹«
    Rupert musste über seinen eigenen Witz so sehr lachen, dass er Bröckchen von seinem Mettbrötchen, die sich zwischen seinen Zahnlücken verfangen hatten, aushustete. Zwei davon blieben an Huberkrans roter Krawatte kleben.
    »Haben Sie den Witz Frank Weller auch schon erzählt?«
    Rupert zuckte innerlich zusammen. Er wischte sich eine Lachträne aus dem rechten Auge. Kannten Weller und Huberkran sich etwa? Er hatte versucht, mit einem Witz eine Brücke zu Huberkran zu bauen, über die sie gemeinsam ohne Ann Kathrin Klaasen zum Fall Maurer hätten gehen können. Jetzt hatte Rupert das Gefühl, die Brücke sei eingestürzt und er würde im reißenden Fluss untergehen.
    Huberkran hatte die nächste Auster schon mit Zitrone bespritzt, auch sie war noch lebendig und zuckte, aber Huberkran zögerte, sie aufzuessen. Er sagte kalt und knapp zu Rupert: »Frank würde Ihnen dafür das Nasenbein brechen. Wenn er gut gelaunt ist. Im Übrigen ist er älter als Ann Kathrin. Er ist gerade vierzig geworden und sie ist achtunddreißig oder neununddreißig.«
    Rupert begriff, dass er seine Hoffnungen, in die SOKO Maurer aufgenommen zu werden, endgültig beerdigen konnte.
    Er stellte sich gerade hin, schob den Teller, auf dem sein Mettbrötchen gelegen hatte, mit der zerknüllten Serviette von sich weg, als ob er sich davon distanzieren müsste, und fragte: »Sie und Frank Weller kennen sich?«
    »Ja«, bestätigte Huberkran. »Wir haben uns bei einem Skiurlaub in Österreich kennengelernt. Seine und meine Kinder haben sich auf Anhieb verstanden und unsere Frauen auch.«
    »Er ist jetzt geschieden«, warf Rupert ein.
    »Ich weiß. Auch in dem Punkt hat er mir einiges voraus.«
    »Ja, ist er Ihr Vorbild, oder was?«, scherzte Rupert und verspielte damit seine letzten Pluspunkte.
    »Ja«, sagte Huberkran klar, »das kann man so sagen. Er hat die Trennung von seiner Frau hingekriegt, ohne die Liebe seiner Kinder zu verlieren. Das schafft nicht jeder.«
    Huberkran spürte, dass er auf dem besten Weg war, zu viel von sich preiszugeben, und ausgerechnet diesem Schaumschläger Rupert. Plötzlich schmeckten ihm nicht mal mehr die guten Sylter Austern.
     
    Weller fühlte sich von Ubbo Heide in die Ecke gedrängt. Das durfte sein Chef nicht von ihm verlangen. Das war eine unkorrekte Vermischung persönlicher und beruflicher Dinge.
    Der Ventilator auf Ubbo Heides Schreibtisch wehte Weller direkt an. Ubbo Heide hatte das Ding von seiner Frau zum Geburtstag
bekommen. Leider sorgte das Geschenk bei ihm für einen steifen Nacken, wenn er auch nur kurz in den Luftwirbel geriet, darum hatte er das Gerät festgestellt und auf den Besuchersessel gerichtet.
    »Du hast doch Einfluss auf sie, Frank. Also, auf jeden Fall mehr als ich. Rede du mit ihr. Sie ist ein Gemütsmensch, für Gefühle eher zugänglich als für Argumente. Lade sie zu einem Candlelight-Dinner ein oder wie man das heute nennt, wenn man eine Frau bezirzen will … und mach ihr um Gottes willen klar, dass sie nicht Nein sagen kann. Das fällt auf unsere ganze Abteilung zurück. Ich könnte auch eine Dienstanweisung erlassen,
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