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Osterfeuer (German Edition)

Osterfeuer (German Edition)

Titel: Osterfeuer (German Edition)
Autoren: Ella Danz
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vom Studium zu erfüllen.
Kaum hatte sie zwei Semester Theaterwissenschaft hinter sich, da lernte sie Michael
kennen, verliebte sich unsterblich und wurde schwanger. Sie heirateten. Michael
konnte sich nicht viel um die kleine Annick, die bald darauf geboren wurde, kümmern,
denn er musste an seiner Karriere in einer Werbeagentur am Ball bleiben und die
ging selbstverständlich vor Bettys Selbstverwirklichungsquatsch, wie er das nannte.
Schließlich würde sie auch davon profitieren, wenn später die Kohle stimmen würde.
Als die Kohle dann stimmte, konnte sich Michael keine brave Hausfrau und Mutter
mehr an seiner Seite vorstellen. Auf seinen Wunsch wurde die Ehe geschieden und
plötzlich leistete er einen Offenbarungseid nach dem anderen, wenn es um die Zahlung
des Unterhalts ging. Margot, die damals in seiner Agentur jobbte, wusste bestens
Bescheid über horrende Gehälter, edle Champagnerfeste mit dem Team, teure Workshop-Wochenenden
im Hotel, profitierte davon in vollen Zügen und hätte für Betty bei jeder Unterhaltsklage
als Zeugin auftreten können. Doch die wollte darüber nichts wissen und akzeptierte
vorbehaltlos Michaels Konditionen. Abgesehen davon, dass Margot sich eher unparteiisch
gab und niemals Betty ihre Unterstützung angeboten hatte. Es war eine harte Zeit
für sie und am allerschlimmsten war, dass sie diesem Kerl immer noch nachweinte!
Heute noch machte sie sich Vorwürfe, damals nicht mehr um ihn gekämpft zu haben.
Sie wollte einfach nicht einsehen, dass ihr Michael ein Charakterschwein war. Diesem
unerschütterlichen Glauben an das Gute im Menschen hatte Trude wahrscheinlich auch
Margots Anwesenheit zu verdanken …
    Zum Glück hatte Betty es geschafft,
sich in ihrem Leben als allein erziehende, berufstätige Mutter einzurichten und
machte einen glücklichen und zufriedenen Eindruck. Annick war mittlerweile sechzehn
Jahre alt und die beiden verstanden sich sehr gut. Das Studium hatte Betty an den
Nagel gehängt. Sie arbeitete inzwischen als Sekretariatsleiterin in ihrem alten
Institut, genoss das sichere Einkommen und ihre geregelte Freizeit. Ein Großteil
davon opferte sie einer Laientheatertruppe und konservierte so ihren Traum von einer
Theaterkarriere.
     
    Trude holte die Makrelen aus dem Kühlschrank. Kühl, fest und ein wenig
rau fühlten sie sich an und hübsch sahen sie aus mit ihrer zebraähnlichen Zeichnung
in Blau und Silber und mit den dunklen Knopfaugen. Sie ließ kaltes Wasser über die
Fische laufen. Kalt die Hände, kalt die Fische. Margot war auch kalt wie ein Fisch.
Hinter ihrer Fassade aus barocker Lebenslust verbarg sich ein Mensch ohne Gefühle.
Und ein Mensch ohne Gefühle ist grundsätzlich im Vorteil.
    Bald lagen sechs Fischköpfe im Spülbecken,
die Trude so geschickt abgetrennt hatte, dass sie von der entstandenen Öffnung aus
die Fische sowohl ausnehmen als auch füllen konnte, ohne ihnen den Bauch aufzuschneiden.
Aus Semmelbröseln, flüssiger Butter und gehackten Kräutern wie Petersilie, Thymian
und Rosmarin mischte sie eine Füllung, die sie sodann mit Salz, Pfeffer und Muskat
abschmeckte und mit geriebener Zitronenschale und Eigelb vervollständigte. Nachdem
sie ihnen den Bauch gestopft hatte, verschloss sie die kopflosen Makrelen mit einem
Zahnstocher und stellte sie erst einmal zurück in den Kühlschrank. Kurz vor dem
Essen würden sie in einem Sud, dessen würziger Duft nach Wein, Nelken und Piment
bereits durch die Küche zog, sanft gar gedünstet und anschließend unter einer Sauce
aus ihrem Sud, verfeinert mit Sahne, serviert. Dazu junge, in der Schale gekochte
Kartoffeln und grüne Erbsen – Franz und Elsbeth, die alles mochten, was
aus dem Meer kam, würden ihr Karfreitagsfestessen bestimmt zu würdigen wissen. Und
ganz beiläufig würde sie erwähnen, dass dieses Rezept ursprünglich dem Housekeeper’s
Instructor von 1804 entstammte und sie es nur leicht der modernen Küche angepasst
hatte.
    Während sie den Tisch vom Teegeschirr
befreite und danach für das Abendessen deckte, fiel Trude ein, dass sie sich umziehen
musste. Sie trug immer noch ihre Kochklamotten, wie sie das nannte, eine abgewetzte
Jeans, ein verwaschenes Sweatshirt und ihre Badelatschen, denn sie ging sommers
wie winters barfuss. Wären Betty und Iris die einzigen Gäste gewesen, hätte sie
gar keinen Gedanken an Garderobe verschwendet, sondern einfach in den Kleiderschrank
gegriffen. Natürlich waren die beiden wohldurchdacht gekleidet, frisiert, Schmuck
und Make-up feinstens
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