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Osterfeuer (German Edition)

Osterfeuer (German Edition)

Titel: Osterfeuer (German Edition)
Autoren: Ella Danz
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fünfzehn Jahre alten Bual, den sie
von einer ihrer Recherchefahrten aus England mitgebracht hatte, mit einem köstlichen,
mildsüßen Aroma, dabei aber relativ leicht. Margot hatte nebenbei einen starken
Kaffee bestellt. Inzwischen hatte sie ihre strenge Brille abgenommen und stützte
über der Tischplatte konzentriert ihren Kopf in beide Hände. Da sie so beschäftigt
war, Franz nach Braunülen, Infusionsflaschen und Einwegspritzen zu befragen, konnte
sie sich nicht am Abräumen beteiligen. Trude hatte Elsbeth genötigt, doch bitte
sitzen zu bleiben, da sie sich ohnehin schon zu dritt in die Quere kamen.
    Ohne ihren kurzsichtig angestrengten
Blick von Franz zu lassen, kramte Margot in dem großen, weichen, schwarzledernen
Beutel, der ihr als Handtasche diente und den sie immer bei sich hatte, und lauschte
aufmerksam seinen Antworten. Schließlich hatte sie endlich den Lippenstift gefunden,
klappte ihren Taschenspiegel auf und malte genüsslich eine dicke, dunkelrote Schicht
auf ihre Lippen. Irritiert unterbrach Franz seine Beschreibung der sterilen Verschweißanlage,
doch Margot bat ihn: »Erzähl ruhig weiter. Ich bin ganz Ohr!«
    Sie fuhr sich, zufrieden mit ihrem
Werk, noch einmal mit der gespitzten Zunge über ihre Oberlippe und packte – klick
klack – Lippenstift und Taschenspiegel zusammen und ließ sie in den Tiefen ihres
Beutels verschwinden.
    Elsbeth warf Trude einen vielsagenden
Blick zu und zog mit vornehmem Entsetzen ihre Brauen hoch. Es war selten, dass sie
eine Aversion gegen Menschen zeigte und schon gar nicht nach so kurzer Zeit, doch
Trude hatte gleich bemerkt, mit welchem Befremden die sonst so offene und herzliche
alte Dame Margot gemustert hatte. Wahrscheinlich war sie schon über Margots Garderobe
gestolpert: Ein kurzer, schwarzer Rock und ein schwarzsamtenes Top, an Ärmeln und
Dekolleté aus transparentem Organza, beides einen Hauch zu knapp, dazu zwei riesige,
goldene Creolen und vier, fünf klappernde goldene Armreifen. Das war mit Sicherheit
nicht der Stil, der in den Augen der hanseatisch zurückhaltenden Elsbeth Gnade fand,
da mochte Margot sich jetzt noch so unterhaltsam und weltgewandt geben.
    Nach mehreren Gläsern Weißwein war
sie in der Stimmung, von ihrem aufregenden Leben in der Großstadt zu berichten und
man konnte nicht abstreiten, dass sie viel zu erzählen hatte. Im Laufe der letzten
zwanzig Jahre hatte sie mindestens alle zwei oder drei Jahre den Job gewechselt.
Warum das so war, wurde nie richtig deutlich. Margot stieß immer sehr schnell in
die höheren Etagen vor und ohne dass sie je darüber geredet hätte, hatte sie plötzlich
einen völlig anderen Job. Das fing schon damals an der Uni an. Da winkte ihr frühzeitig
eine glänzende Akademikerkarriere, was ihre Kommilitonen verwundert zur Kenntnis
nahmen, denn ihre Leistungen waren bis auf ihr eloquentes Auftreten nicht überdurchschnittlich.
Und für die wirklich wissenschaftlich brillante Iris, die zudem aus der Ferne in
den leitenden Prof unsterblich verliebt war, fielen nur unbedeutende Hilfsjobs ab.
Margot wurde schnell zur persönlichen Assistentin des Professors. Ein halbes Jahr
später aber nahm sie die Stelle in der Werbeagentur von Bettys Mann an, stieg dort
innerhalb weniger Monate zum Kopf der Aquise-Abteilung auf und wechselte nicht lange
danach als Pressesprecherin zu einer Hotelkette. Und dieser Art hatte sich ihr Berufsleben
bis zum heutigen Tag gestaltet.
    Momentan war sie als Leiterin der
Presseabteilung bei einem großen Privatsender beschäftigt und wollte man ihren Erzählungen
glauben, gaben sich in ihrem Büro ausschließlich Promis – oder die sich dafür hielten
– die Klinke in die Hand. Die Stimme vertraulich leise und eine Oktave gesenkt,
ließ sie ständig den einen oder anderen Vornamen fallen, hinter dem die gebannten
Zuhörer dann Größen aus Politik, Kultur und Showgeschäft mutmaßen durften.
    »Ich bin natürlich mit Abstand die
Älteste im Team. Aber mit diesem jungen Gemüse nehme ich es allemal auf! Außerdem
hält mich das fit und so ein paar hübsche, junge Kerls um mich herum sind das beste
Mittel gegen präklimakterische Depressionen …«
    Margot lebte von jeher allein und
genoss es. Behauptete sie jedenfalls immer. Dass sie Beziehungen zu Männern hatte,
war klar. Sie deutete es selbst oft genug an. Doch sie spielten sich zumeist außerhalb
der Öffentlichkeit ab. Es gehörte auch zu ihren Prinzipien, ihre Lover nie mit in
ihre Wohnung zu nehmen – aus gutem Grund wie
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