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Ordnung ist nur das halbe Leben

Ordnung ist nur das halbe Leben

Titel: Ordnung ist nur das halbe Leben
Autoren: Emma Flint
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Fehler vielleicht nicht ganz so monströs gewesen. Aber so war es eine Katastrophe! Kaum verwunderlich, dass Höveler & Wulf nicht das Vertrauen von Gunther Bogert hatte gewinnen können. Er war abgesprungen, der Superdeal geplatzt. Mein Chef war mehr als sauer.
    »Was war nur mit Ihnen los?«, brüllte Höveler mich an, als ich mit schwitzenden Händen vor seinem Schreibtisch stand. »Sind Sie von allen guten Geistern verlassen?«
    Er machte eine Pause und funkelte mich finster an. Ich betrachtete den Bonsai auf seinem Schreibtisch, eine faszinierende Miniatureiche, bestimmt schon dreißig Jahre alt, aber nicht höher als eine Tulpe. Da Höveler nichts weiter sagte, fasste ich das als Aufforderung auf, mich doch zu seiner Frage zu äußern. Doch gerade als ich den Mund aufmachte, um ihm zu versichern, dass ich natürlich noch bei Trost sei, schrie er weiter: »Und warum sind Sie weggerannt, als wäre der Teufel hinter Ihnen her?«
    Der zweite Geschäftsführer, Matthias Wulf, hatte sich zu ihm gesellt. Er stand in seinem steingrauen Anzug neben dem Chefsessel von Höveler und schaute mich an. Er war einer, der nicht schrie, sondern nur starrte. Die ganze Enttäuschung der Welt hatte sich in seine fleischigen Gesichtszüge gemeißelt und sie zu einer feisten Maske der stummen Anklage werden lassen.
    Nun, auf diese Frage fiel mir wenigstens schnell eine vernünftige Antwort ein. »Da war dieser Hund«, stammelte ich.
    »Ein Hund?«, fragte Wulf.
    Ich nickte bestätigend. »Ja, und er wollte mich beißen.«
    Höveler war für einen Moment so fassungslos, dass er sogar vergaß, zu schreien. »Sie sind vor diesem kleinen Hund weggerannt? Diesem Puna?«
    »Äh. Ja«, sagte ich und guckte verschüchtert auf meine Schuhe. Jedenfalls hoffte ich, dass ich einen verschüchterten Eindruck machte, der seine Wut ein wenig abmildern würde. Ich meine, wenn es vorher schon ungünstig gewesen wäre, meine Blutsverwandtschaft zu den Demonstranten zu offenbaren, war es nach Enttarnung von Gunther Bogert schlichtweg unmöglich gewesen. Das hätte wie Vorsatz ausgesehen! Wie ein perfider Plan, um seine Person bloßzustellen und ihn der Rache der Fluglärmgeschädigten und Vogelschützer preiszugeben. Ich wäre völlig unten durch gewesen. Also hatte ich das Logischste gemacht, was man hätte machen können. Ich hatte mich umgedreht und war gerannt. Die Rufe meiner Eltern nach mir hatte ich ignoriert. Da Banjo das natürlich als Spiel aufgefasst hatte, war er mitgelaufen.
    »Der Hund hieß Puna?« Diese Information brachte sogar Matthias Wulf dazu, sein Schweigen zu brechen.
    Höveler nickte, ohne mich aus den Augen zu lassen.
    »Was für ein blödsinniger Name.« Matthias Wulf schüttelte den Kopf. »Ich hasse Hunde«, fügte er hinzu, bevor er wieder in seiner mahnenden Pose erstarrte.
    »Und wo waren Sie danach so lange?«, schrie Höveler. Ich biss mir auf die Lippen und suchte fieberhaft nach einer überzeugenden Ausrede. »Ich …«
    Ich war zu meiner Freundin Ellen gerannt, die nicht weit weg wohnte und noch in Elternzeit war, und hatte sie gebeten, ausnahmsweise auf Banjo aufzupassen und ihn später zu meinen Eltern zurückzubringen. Da ich völlig aufgelöst war, hatte sie zugesagt.
    »Ich – äh, habe mich geschämt«, sagte ich und wurde knallrot. Ich senkte noch ein bisschen mehr den Kopf zum Zeichen, dass ich meinen Fehler voller Demut einsah.
    Höveler sog geräuschvoll die Luft ein. Vermutlich ging ihm jetzt ein Licht auf, dass er mir doch nur wegen des Valentino-Outfits den Job gegeben hatte.
    »Das sollten Sie auch«, brüllte Höveler mit sich überschlagender Stimme. »Aber wenn Sie sich das nächste Mal schämen, dann tun Sie es wenigstens nicht während Ihrer Arbeitszeit!«
    »Ja, Herr Höveler.«
    »Nur weil Sie die Probezeit überstanden haben, heißt das nämlich nicht, dass Sie sich hier solche Fehler leisten können. Wissen Sie, was uns heute durch die Lappen gegangen ist durch Ihr unprofessionelles Verhalten?«
    Ich nickte und sagte kleinlaut: »Ich mach es wieder gut.«
    »Das müssen Sie auch!«, tobte Höveler. »Und jetzt gehen Sie in Ihr Büro, und verschaffen Sie unseren verbliebenen Kunden einen Haufen Geld!«
    Matthias Wulf schüttelte mitleidig den Kopf, was mich fast noch mehr zermürbte als die Schreierei von Höveler.
    Ich trat auf den Flur, Kopf knallrot, Achselhöhlen verschwitzt, Gehirn geschreddert. Mein Kollege Ilja stand vor dem Sideboard im Empfangsraum und blätterte scheinbar interessiert
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