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Operation Zombie

Operation Zombie

Titel: Operation Zombie
Autoren: Max Brooks
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bewegte sich noch, schlug nach mir und versuchte, sich meinen Arm in den Mund zu stopfen. Ich griff nach meiner Waffe. Ich zielte in die Höhe, die Salve traf es dicht unter dem Kinn und ließ Hirnmasse auf die Decke über uns spritzen. Ich war der Einzige im Tunnel, als das geschah. Ich war der einzige Zeuge ...
    [Er macht eine Pause.]
    »Kontakt mit unbekannten Chemikalien.« Das sagten sie mir in Edmonton, entweder das oder eine Abwehrreaktion gegen unsere eigenen Prophylaxemedikamente. Und sie diagnostizierten auch noch eine gehörige Dosis PTSS, um allem die Krone aufzusetzen. Ich bräuchte nur Ruhe, Ruhe und eine längerfristige »Begutachtung«... »Begutachtung« - so heißt das, wenn es auf der eigenen Seile passiert. Von  »Verhör« spricht man nur dann, wenn es um den Feind geht. Die bringen einem bei, wie man dem Feind widersteht, wie man seinen Geist und seine Seele beschützt. Die bringen einem nicht bei, wie man seinen eigenen Leuten widerstehen kann, besonders Leuten, die glauben, dass sie einem »helfen«, die  »Wahrheit« zu erkennen. Mich konnten sie nicht brechen, das habe ich selbst getan. Ich wollte ihnen glauben und wollte, dass sie mir helfen. Ich war ein guter Soldat, bestens ausgebildet, erfahren; ich wusste, was ich meinen Mitmenschen antun konnte und sie mir. Ich dachte, ich wäre auf alles vorbereitet.
    [Er schaut mit unklarem Blick auf das Tal hinaus. ]
    Wer, bei klarem Verstand, hätte denn darauf vorbereitet sein können?

Regenwald des Amazonas, Brasilien

    [Ich wurde mit verbundenen Augen hingebracht, damit ich den Aufenthaltsort meiner »Gastgeber« nicht preisgeben konnte. Außenstehende nennen sie immer noch Yanomami, »das wilde Volk«, und es ist unbekannt, ob dieses angeblich so kriegerische Naturell oder die Tatsache, dass ihr neues Dorf mehr oder weniger in den höchsten Bäumen hängend errichtet wurde, sie die Krise so gut, wenn nicht besser als die größten Industrienationen überstehen ließ. Es bleibt unklar, ob Fernando Oliveira, der ausgemergelte, drogensüchtige weiße Mann  »vom Rand der Welt«, ihr Gast, Maskottchen oder Gefangener ist.]

    Ich war noch Arzt, das jedenfalls redete ich mir ein. Ja, ich war reich und wurde ständig reicher, aber wenigstens rührte mein Erfolg daher, dass ich notwendige medizinische Eingriffe vornahm. Ich schnippelte nicht nur an den Nasen kleiner Teenager herum oder nähte sudanesische »Pintos« an androgyne Pop-Diven. Ich war immer noch Arzt, ich half Menschen, und wenn das für den selbstgerechten, hyperkritischen Norden so »unmoralisch« war, warum kamen dessen Bewohner dann immer noch her?
    Das Päckchen traf eine Stunde vor dem Patienten am Flughafen ein, in Eis gepackt in einer Campingkühltasche aus Plastik. Herzen sind extrem selten. Nicht wie Lebern oder Hautgewebe, und ganz sicher nicht wie Nieren, die man, als das  »Einverständnis-vorausgesetzt-Gesetz« verabschiedet war, praktisch in jedem Hospital und jeder Leichenhalle des Landes bekommen konnte.
    Wurde es getestet?
    Worauf? Wenn man auf etwas testen will, muss man wissen, wonach man sucht.
Damals wussten wir noch nichts von der Wandelnden Seuche. Wir sorgten uns um herkömmliche Krankheiten - Hepatitis oder HIV/Aids - und hatten nicht einmal die Zeit, darauf zu testen.
    Wie das?
    Weil der Flug schon so lange gedauert hatte. Man kann Organe nicht ewig auf Eis lassen. Mit dem forderten wir das Schicksal schon heraus.
    Woher kam es?

    Höchstwahrscheinlich China. Die Operationsbasis meines Lieferanten war Macao.
Wir vertrauten ihm. Seine Vorgeschichte war makellos. Als er uns versicherte, dass das Päckchen »sauber« sei, glaubte ich ihm; mir blieb nichts anderes übrig. Er kannte die Risiken so gut wie ich, so gut wie der Patient. Herr Müller war, abgesehen von seinem konventionellen Herzleiden, obendrein mit dem extrem seltenen Gendefekt Dextrokardie mit Situs inversus verflucht. Seine Organe lagen genau spiegelverkehrt; die Leber befand sich auf der rechten Seite, die Herzkanäle auf der rechten, und so weiter. Sie sehen also die einmalige Situation, der wir uns gegenübersahen. Wir hätten nicht einfach nur ein normales Herz verpflanzen und umdrehen können. So funktioniert das nicht. Wir brauchten ein frisches, gesundes Herz von einem »Spender« mit exakt demselben Leiden. Wo anders als in China hätten wir dieses Glück haben sollen?
    Es war Glück?
    [Lächelt.] Und »politische Erwägungen«. Ich schilderte meinem Lieferanten genau, was ich brauchte,
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