Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Op Oloop

Op Oloop

Titel: Op Oloop
Autoren: Juan Filloy
Vom Netzwerk:
besessen von dem Widerspruch, rieben sie sich mit entkräfteten Bewegungen ab, um mit Idealgewicht an die Startlinie zu gehen wie ein zusätzlicher Nerv auf dem Rücken der pur-sang, der in der Spore beginnt und im Gertenschlag endet.
    Op Oloop schmetterte sie von oben herab mit einem wütenden Blitz nieder. Wenn man den Kopf einhundertachtzig Zentimeter über dem Boden trägt und diese Entfernung von einer gewichtigen Architektur eingenommen wird, geschieht die Beobachtung solcher Typen – knochig, spindeldürr, fahle und schlaffe Haut – mit der dogmatischen Überlegenheit eines MENSCHEN über drei Sack Brennholz.
    Des weiteren haßte er Pferderennen und turfmen. Wenn man auf der Grundlage unfehlbarer Verfahrensweisen »mit System« in allen Kasinos der Welt verloren hat; wenn man Tausende von schlaflosen Nächten damit verbracht hat, dem Postulat Napoleons: »Die Hartnäckigen gewinnen die Schlachten« nachzueifern; wenn man fünfzehn Jahre lang »La Revue de Montecarlo« abonniert hat, um aus der täglichen Praxis des Roulettes die Wahrscheinlichkeit der Wahrscheinlichkeiten des Zufalls zu erschließen; wenn man »Die 654 Methoden des perfekten Systemspielers« verschlungen hat, um ihre Effizienz zu beglaubigen, vom Marigny-System – von unwiderlegbarer Logik – bis zu den Vorhersagen von »Madame Cassandre, Seherin« – vom Zufall bestätigt; wenn man nach den Theorien von Theo d'Alost, d'Alembert, Gastón Vessilier, des Professors Alyette und des Mandarins Ching-Ling-Wu gewettet hat und auf alle Arten Zeit, Geld und Geduld verloren hat: sei es im Spiel auf einfache Chancen, auf Reihen und mehrfache Chancen oder im ständigen Wechsel dieser und anderer Systeme, dann kommt man zu dem unausweichlichen Schluß, daß der Zufall so schwer zu greifen ist wie ein Aal von Kinderhänden.
    In diesem Moment stieß ein monumental fettleibiger Mann, von der Sorte, die einen Harem brauchen, um sich umarmen zu lassen, mit dem ausladenden Bug seines Bauches gegen ihn.
    »Aber, Señor, achten Sie darauf, wo Sie hinlaufen.«
    Als Antwort erhielt er nur Grunzlaute. Die merkwürdigen Grunzlaute eines Bauchredners. Fast flatus vocis.
    Op Oloop vergaß darüber seine Abneigung gegen die Jockeys und übertrug sie auf den unverschämten Badegast.
    »Was denkt dieser Kerl sich bloß? Immer vorausgesetzt, daß er denkt … Denn diese Individuen durchlaufen eine Rückentwicklung zum Tierhaften. Je mehr sie schlucken und sich vergiften, desto mehr Deiche aus Fett bauen sie um ihre Ideen. So ist der Austritt derselben höchst schwierig. Die Ideen bleiben in ihrem Gefängnis aus Materie stecken, und die wenigen, denen nach haarsträubenden Ausbruchsversuchen die Flucht gelingt, verscheiden, in merkwürdige Geräusche aufgelöst, sobald sie den Mund verlassen. Es ist mühselig, die Dicken zu verstehen. Ihre dünnen Beine, ihre im Verhältnis zu kleinen Hinterbacken sprechen von ihrer vorgeblichen Ermüdung, die schonungslose Einverleibung zu überwinden. Doch der Wanst wächst und wächst, so sehr sie auch fasten mögen; denn die Fettleibigkeit entsteht aus Mangel an Ideen, wird umso größer, je weniger man sie verdaut und gipfelt in aufgeblasener Rundheit, sobald der Mund seine Rolle, Gedanken zu kleiden, um des Zerkauens von buntem Allerlei und Süßigkeiten willen vergißt … Wenn es soweit ist, siedeln sich die zwei Gehirnlappen in den beiden Hinterbacken des Individuums an …«
    Derart sinnierend kehrte Op Oloop ins tepidarium zurück, um sich zu duschen und zum Einseifen fortzuschreiten. Er kam traurig daher, eine schleppende Traurigkeit auf Höhe seiner Füße, die er schlurfend bewegte, wie jemand, der Sand vor sich herschiebt oder in einem Graben Frösche aufschrecken will.
    Niemals hatte er diese Wegstrecke mit einem Ausdruck von solch intensiver Bitterkeit zurückgelegt. Es schien, daß sein Geist weiterhin Schmähreden gegen die Jockeys und den Fettleibigen aufsiedete. Doch kaum hatte die Dusche ihre Wasserfäden losgelassen, erblühte ein leichtes Lächeln, mehr in seinen Augen als auf seinen Lippen. Er hatte sich gerade davon überzeugt, daß er – ein schweigsamer Don Quichotte des Gleichgewichts – wie immer gegen unbillige Extreme gekämpft hatte, dieses Mal in Form der Magerkeit der einen und des zu Fleisch geworden Übermaß des anderen. Dann setzte er, gemeinsam mit dem kalten Wasser, einen Schwall an reinen Gedanken über seine Gesundheit und Kinästhesie frei. Und klingelte.
    Der Bademeister band ihm auf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher