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Onkel ist der Beste

Onkel ist der Beste

Titel: Onkel ist der Beste
Autoren: Mary Scott
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sie hinter sich eine Stimme.
    »Lassen Sie mich das machen, Mrs. Moore! Es ist viel zu schwer für Sie.«
    »Alan!« Dora ließ das Schaf fallen, das sich mit einem Brummen ausstreckte, und reichte ihm beide Hände. In ihrer Stimme lag die ganze Müdigkeit der letzten Wochen und eine unendliche Erleichterung.
    Sie standen mit dem Rücken zum Tor, und nur Onkel Robert sah, wie Judy das Tor öffnete und stehen blieb. Ihr Gesicht war wie verwandelt, die alte Judy war wieder da. Robert sah rasch weg. Er spürte, daß ihm bedeutend leichter ums Herz war. Im nächsten Moment hörte er zu seiner Verwunderung ihre Stimme, die ganz gleichgültig und beiläufig klang.
    »Hallo, Alan. Endlich aus der großen Welt zurück? Was hältst du von dieser betrüblichen Szene?«
    Robert stieß einen hörbaren Seufzer aus. Vielleicht hatte man Judy in ihrer Kindheit zu selten übers Knie gelegt.
    »Hallo, Judy, bei euch tut sich ja allerhand. Du siehst ziemlich erledigt aus«, erwiderte Alan freundlich.
    »Mir geht es fabelhaft, aber viel Zeit für kosmetische Behandlungen habe ich nicht. Außerdem machen die einen auch nicht schöner. Hast du schon deine Farm?«
    »Noch nicht. Ich lasse mir Zeit, bis ich die richtige finde. Mrs. Moore, wie wär’s, wenn Sie mir einen Job geben würden, bis Sie einen passenden Verwalter finden? Ich würde bis zur Schafschur bleiben, wenn Sie mich behalten.«
    »Aber natürlich, Alan. Das ist ja eine Rettung für uns alle, nicht wahr, Judy?«
    »Die Rettung für eine Menge Schafe jedenfalls. Bist du sicher, Alan, daß du auf diese miese Farm möchtest?«
    Das war nicht eben hübsch ausgedrückt, aber er lächelte und gab unbeirrt zurück: »Natürlich. Das Schlimme bei mir ist, daß ich ein echter Hinterwäldler bin. Keine Spur von Abenteurergeist, wie du gesagt hast. Ich ziehe gleich ein, Mrs. Moore.«
    Er verlor tatsächlich keine Zeit und bezog bereits nachmittags das Zimmer, das Chapman bewohnt hatte. Sodann ging er gleich zu den Schafen hinaus. Judy kam an diesem Abend früher heim und sagte mißmutig: »Alan scheint gern alles allein machen zu wollen. Ich bin nach Hause gekommen, weil ich draußen nichts zu tun hatte. Wir sollen mit dem Abendessen nicht auf ihn warten; es könne bei ihm spät werden.«
    Robert stieß einen erleichterten Seufzer aus und strahlte. Jetzt würden hier wieder Ruhe und Behagen einziehen.
    Alan schien zufrieden. Er arbeitete klaglos von morgens bis abends. Auch Terry war sehr fleißig und guter Dinge. Er und Alan waren immer glänzend miteinander ausgekommen. Was Robert betraf, so dachte er jetzt wirklich daran, sich wieder den Dichtern der viktorianischen Ära zu widmen, da er momentan nur vier Lämmer füttern mußte. Es dünkte ihn ein Gipfel der Klugheit, daß es Alan gelungen war, Mutterschafen, die ihre Lämmer verloren hatten, andere Lämmer zur Adoption unterzuschieben.
    Judy aber war unmöglich. So lieb er sie hatte, war Robert doch erbost über ihre Zurückhaltung, ihre Schweigsamkeit und den Mißmut, den sie manchmal den ganzen Haushalt fühlen ließ. Wenn Alan mit größter Geduld und Nachsicht versuchte, das alte freundschaftliche Verhältnis wieder aufleben zu lassen, stieß sie ihn kalt zurück. Sogar ihrem Onkel und Terry gegenüber blieb sie wortkarg, und ihr Gesicht hatte seinen Glanz und seine Lebhaftigkeit eingebüßt.
    Robert begann schlecht zu schlafen und konnte sich keine fünf Minuten auf die viktorianischen Dichter konzentrieren. Es war nie seine Art gewesen, den Kummer anderer stoisch zu ertragen. Und Judy stand ihm sehr nahe.
    Die inzwischen von Mrs. Mills einlangenden Briefe waren beruhigend. Ihre Tochter erholte sich besser, als man zu hoffen gewagt hatte. In einem Monat würde sie das Krankenhaus verlassen können. »Und sehr bald wird sie sein wie früher. Im Sommer bin ich dann entbehrlich und hoffe, daß Sie das bei Ihren Plänen berücksichtigen.«
    Pläne? Aber er wollte doch gar keine Pläne machen... Er wollte sich treiben lassen so wie jetzt... John Powell schrieb, daß seine Schwester und ihr Mann im Oktober fort wollten, falls aber Robert nicht an eine sofortige Rückkehr denke, wolle er den Mietvertrag gern verlängern. Robert war es recht. Sein Haus war in den Hintergrund seines Bewußtseins getreten.
    Die Wochen vergingen, und dem Haushalt blieb die Harmonie versagt. Robert sagte sich versonnen, daß sie eigentlich hätten glücklich sein sollen. Wie oft hatte er früher, als Chapman und Terry sich in bewaffneter Neutralität
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