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Onkel ist der Beste

Onkel ist der Beste

Titel: Onkel ist der Beste
Autoren: Mary Scott
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Inzwischen muß unbedingt noch ein Mann auf die Farm. Würde das für dich sehr viel Mehrarbeit bedeuten?« fragte er Dora.
    Sie war erstaunt. »Für mich? Bestimmt nicht. Ich bin nicht überbeschäftigt.«
    Judy lächelte. »Mama, hast du dich je überlastet gefühlt? Soweit ich mich zurückerinnern kann, hast du in Haus und Garten wie wahnsinnig gearbeitet und immer nur gesagt: >Ach, es geht ganz leicht.<«
    »Das stimmt auch. Es ist bei mir ja nicht wie bei vielen Farmersfrauen, die eine Horde kleiner Kinder haben und sogar beim Melken helfen müssen. Oder wie bei den Stadtfrauen, die Geselligkeit pflegen und die ganze Arbeit allein schaffen können. Mein Leben war immer sehr einfach. Onkel, wenn du glaubst, mit Mr. Stewart von der Bank sprechen zu müssen, dann kann dich Judy jederzeit hinfahren. Ein sehr netter Mensch übrigens — nur verstünde ich gern, wovon er immer redet. Daß ich mitkomme, hat nicht viel Sinn, weil ich für Geschäftliches zu dumm bin. Aber Judy versteht wirklich etwas von Hypotheken, überzogenen Konten und dergleichen.«
    Robert lächelte beiden zu und sagte: »Ja, sie hat einen außergewöhnlichen Sinn für geschäftliche Angelegenheiten. Ich würde mich freuen, wenn sie mich morgen hinbrächte.«
    Als Judy zum Frühstück erschien, nahm er erstaunt und höchst interessiert ihre Verwandlung zur Kenntnis. Verschwunden war das unordentliche Farmersmädchen, das ihn abgeholt hatte, verschwunden die unauffällige kleine Person im Baumwollrock, die ihm bei den Abrechnungen geholfen hatte. Da saß eine adrette, ja sogar elegante junge Frau vor ihm. Er sah sie nachdenklich an. Sie besaß nicht die Anmut und Gelassenheit ihrer Mutter, nichts von deren fast klassischer Schönheit. Ihre Züge waren unregelmäßig — Stupsnase, breiter Mund mit hochgezogenen Mundwinkeln, wenn sie glücklich war, pathetisch heruntergezogen, wenn sie sich ärgerte. Doch ihre grauen Augen — wahrscheinlich ein Erbe ihres irischen Vaters — brachten Leben in ihr Gesicht. Sie steckten voll blitzschneller Veränderungen, voller Lachen und plötzlichen Zornausbrüchen. Es war das, was man ein lebhaftes, quecksilbriges Gesicht nennen würde, das auf einen gewissen Männertyp anziehend wirken mußte.
    Während der langen Fahrt war sie stiller als sonst und sagte nur einmal urplötzlich: »Das Schlimmste an der Armut ist, daß die Leute glauben, einen bemitleiden zu müssen. Was ich am meisten auf der Welt hasse, ist Mitleid. >Die arme kleine Judy schuftet so schwer auf dieser hoffnungslosen Farm.< Oder: >Arme Judy! Geht nie tanzen und hat keinen Verehrer.< — >Judy sähe gar nicht so hoffnungslos aus, wenn sie hübsche Kleider hätten<. Ach, du kannst es dir ja vorstellen!«
    Er antwortete sanft: »Wahrscheinlich wollen sie freundlich sein.«
    »Natürlich, verdammt nochmal. Mir wäre lieber, sie kümmern sich um ihre eigenen Angelegenheiten. Ich bin wunschlos glücklich — ich wäre es zumindest, wenn alles glatt ginge. Na, jedenfalls möchte ich mit niemandem tauschen.«
    Ihr Ton war dabei so wütend, daß Robert beschloß, niemals »Arme Judy« zu sagen.
    Ganz still und sehr würdevoll war sie, als sie schließlich im Büro des Bankmanagers zusammensaßen. Judy überließ die Initiative ihrem Onkel, der entschlossen war, sich jenem Gespräch zu stellen, das er insgeheim gefürchtet hatte.
    »Ja, ja, ich begreife, daß Sie die Kreditbremse ziehen. Seitdem ich in dieses Land gekommen bin, habe ich nichts anderes gehört. Was ich aber nicht verstehe, ist, daß Sie den Wollerlös und den Viehbestand nicht als Sicherheit für eine weitere Überziehung des Kontos ansehen.«
    »Die Sicherheit«, gab Mr. Stewart zu bedenken, »muß teilweise in der Farm selbst liegen — und mit der geht es rapid bergab, fürchte ich.« Dabei warf er einen entschuldigenden Blick auf Judy. Er war ein freundlicher Mann und wußte, gegen welche widrigen Umstände das Mädchen anzukämpfen hatte. »So sehr ich in diesem Fall helfen möchte und so leid es mir für Mrs. Moore und ihre Tochter tut...«.
    Jetzt rührte sich Judy, und ihr Onkel wurde nervös, aber der Manager fuhr ruhig fort: »Wie schon gesagt, hege ich die größte Bewunderung für Mrs. Moore...« Bei diesen Worten begegnete Judy dem Blick ihres Onkels. Der Ärger war aus ihrem Gesicht wie weggeblasen. Stattdessen war da ein kleines spöttisches Lächeln und ein nicht wegzuleugnendes Zwinkern. Robert war über diese Vertraulichkeit überrascht und einigermaßen schockiert. Seit
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