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Onkel ist der Beste

Onkel ist der Beste

Titel: Onkel ist der Beste
Autoren: Mary Scott
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ist fast aussichtslos. Kein Mensch will ein Haus nur für wenige Monate vermieten.«
    Robert gab ihm zerstreut recht und blieb in Gedanken bei seinem Problem. Als Evans sich verabschiedet hatte und sie bei Roberts Haustor angelangt waren, sagte dieser: »Komm doch herein und versuche meine neue Sherrymarke. Mrs. Mills hat sich zu einem längst nötigen Besuch beim Zahnarzt aufgeschwungen. Sie scheint jetzt eine passende Haushälterin gefunden zu haben. Die ersten zwei waren totale Versager.«
    Welch totaler Versager die dritte war, mußten sie entdecken, als sie das Speisezimmer betraten, wo die Person unter dem Tisch lag, eine leere Flasche liebevoll an die Brust gedrückt. John Powell unterdrückte beim Anblick von Roberts entsetztem Gesicht und seinem Ausruf: »Guter Gott, was soll das bedeuten?« ein Lächeln.
    »Ich fürchte, deine neue Sherrymarke hat sich tatsächlich als sehr gut erwiesen. Wie schade, daß sie das Zeug zum Teil auf dem Perserteppich verschüttet hat, den ich immer so bewundert habe. Jetzt schaffen wir die Schnapsleiche hinaus, und ich werde versuchen, den Teppich zu reinigen.«
    Die Leiche hinausschaffen? Niemals in seinem behüteten, beinahe mönchischen Leben war Robert mit einer solchen Situation konfrontiert gewesen. Gelegentlich hatte er betrunkene Frauen an Straßenecken gesehen und sich abgewandt — aber hier in seinem eigenen Speisezimmer, mit seinem eigenen Sherry! Das war zu schlimm, um wahr zu sein! Unvernünftigerweise sah er den Vorfall in einem Zusammenhang mit den Neuigkeiten seines Anwalts — also zwei Schicksalsschläge an einem Tag! Er seufzte tief und fühlte sich alt und unfähig, das Leben zu meistern. Mehr noch — zum ersten Mal seit vielen Jahren fühlte er sich plötzlich einsam.
    John Powell verfügte über einen geradlinigen und praktischen Verstand. Ganz sachlich zog er den abstoßenden Versager unter dem Tisch hervor. »Zum Glück ein Leichtgewicht! Wo ist ihr Zimmer? Bin froh, daß es im Erdgeschoß liegt. Nimmst du die Beine, während ich alles übrige trage?«
    Es war ein würdeloser und peinlicher Vorgang, und Roberts angeborenes Feingefühl empörte sich zutiefst darüber. John Powell war aus anderem Holz geschnitzt. Er war jünger, hatte vor nicht langer Zeit einen Krieg mitgemacht und nahm das Ganze sehr ruhig auf. Nachdem er Mrs. Barker nicht allzu sanft auf ihr Bett gelegt, sich mit Putzlappen und Eimer über den Teppich hergemacht und ihn gereinigt hatte, wusch er sich die Hände und meinte heiter: »Bis zur Rückkehr von Mrs. Mills ist sie versorgt, und dann gnade ihr Gott!«
    »Das ist unser dritter Mißerfolg«, bemerkte Robert bedrückt. »Am besten, es bleibt unser letzter. Mir will scheinen, daß es Haushälterinnen nach altmodischer Art nicht mehr gibt. Auf jeden Fall werde ich sie mir nicht leisten können... Aber lassen wir das. Komm jetzt in mein Arbeitszimmer. Ein Glück, daß das nicht meine letzte Flasche Sherry war.«
    Als John schließlich aufbrechen wollte, sagte Robert unvermittelt: »Es ist gut möglich, daß ich dir in deiner Pension Gesellschaft leisten werde.«
    Der andere war erstaunt und ein wenig erschrocken. »Warum? Sie würde dir nicht zusagen — nach dem Haus hier. Mir gefällt es dort auch nicht besonders. Ich dachte schon daran, meine Schwester zu fragen, ob sie mich als zahlenden Gast aufnehmen würde, falls es mir glückt, für sie ein Haus aufzutreiben. Alle Pensionen sind doch nur ein sehr unzulänglicher Ersatz für ein eigenes Zuhause.«
    Robert fürchtete, daß sein Freund recht hatte, sagte aber nur: »Ich muß es mir natürlich noch überlegen. Aber ich kann Mrs. Mills nicht länger von der Fahrt zu ihrer Tochter abhalten. Vielleicht vermiete ich dieses Haus eine Zeitlang und suche mir bis zu ihrer Rückkehr eine andere Bleibe — aber im Augenblick kann ich noch nichts Definitives sagen. Das da«, er deutete angeekelt auf die geschlossene Tür, durch die laute Schnarchlaute drangen, »hat mir jede Lust an neuen Experimenten genommen.«
    »Na, na — nur nichts überstürzen! Ich persönlich bin desinteressiert — Cynthia freilich würde bei diesem Haus mit beiden Händen zugreifen. Trotzdem würde ich es an deiner Stelle auf einen vierten Versuch ankommen lassen. Pensionen sind bei weitem nicht das, als was sie sich anpreisen.«
    Robert erhob keinen Einwand. Ganz unmöglich, daß er dem anderen erklärte, daß er sich eine Haushälterin möglicherweise gar nicht leisten konnte. Er war zutiefst bedrückt.
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