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Oma und Frieder - Sammelband

Oma und Frieder - Sammelband

Titel: Oma und Frieder - Sammelband
Autoren: Gudrun Mebs
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Straße, und ...
    »Bleib stehen!«, kreischt die Oma, obwohl weit und breit kein Auto zu sehen ist.
    »Jetzt komm, aber schnell!«, ruft sie und winkt aufgeregt. Und Frieder saust, so schnell er kann, zur Oma rüber.
    »Mensch, Oma«, sagt er atemlos, als er vor ihr steht, »Oma, mir war ja so schlecht!«
    »Ich bin zwar eine alte Frau, aber blind bin ich nicht«, sagt die Oma und zieht den Frieder neben sich. Und vorsorglich spannt sie auch noch den Regenschirm auf, was im Straßenbahn-Wartehäuschen ja wirklich nicht notwendig ist.
    »Sicher ist sicher«, sagt die Oma, »sonst werden ja, wer weiß, die Würstchen nass.« Sie nimmt sich eins und beißt hinein.
    »Und du«, sagt sie und kaut mit vollen Backen, »du kriegst heute keine Bananen mehr, dass dus nur weißt!«
    Der Frieder nickt und strahlt und kuschelt sich neben die Oma und greift auch nach einem Würstchen. Würstchen rutschen immer.
    Und dann picknicken sie lange und ausführlich. Unterm Regenschirm. Im Straßenbahn-Wartehäuschen.

»Oma«, schreit der Frieder und zupft
    an Omas Rock. »Oma, jetzt sag, wann hab ich denn Geburtstag?«
    »Ja lässt du mich gleich los, Bub!«, zetert die Oma. »Und schrei nicht so, ich bin doch nicht taub!«
    »Oma«, schreit der Frieder noch lauter. »Jetzt sags doch endlich! Wann hab ich denn Geburtstag?«
    »Jetzt gleich, Bub Ungeduld«, sagt die Oma, »in drei Minuten!«
    Und damit verschwindet sie in Frieders Kinderzimmer und macht die Tür fest zu.
    Frieder hüpft aufgeregt auf und ab. Gleich hat er Geburtstag! In drei Minuten! Das hat die Oma gesagt. Und wenns die Oma sagt, dann stimmt das auch!
    Im Kinderzimmer rumpelts und raschelts. Das kann er durch die geschlossene Tür hören. Jetzt packt die Oma die Geschenke aus, ganz klar! Und vielleicht ist der Greifbagger dabei. Der rote große, den er sich so gewünscht hat. Sicher ist der Greifbagger dabei, bestimmt ... und wenn nicht?

    Dem Frieder wird ganz kribbelig. Er kanns nicht mehr aushalten, er muss... und er stürzt zum Schlüsselloch und schaut durch.
    Da steht die Oma und legt auf den Kinderzimmertisch ... dicke Kniestrümpfe ... einen roten Pulli ... drei Tüten Kartoffelchips ... und ... Frieder schluckt vor Spannung ... einen Greifbagger! Einen roten großen Greifbagger. Der, den er sich so gewünscht hat. Hurra!
    Und jetzt zündet sie Kerzen an, fünf Stück, und jetzt ... ruft sie: »Nicht gucken! Du guckst doch nicht durchs Schlüsselloch?«
    Der Frieder fährt erschrocken zurück. Woher weiß denn die Oma ... da ruft sie schon wieder: »Bub, geh aufs Klo und warte da auf mich. Bis ich dich ruf! Haben wir uns verstanden?«
    Frieder kriegt einen roten Kopf und leise schleicht er aufs Klo, setzt sich da auf die Klobrille und wartet und freut sich und denkt an den großen roten Greifbagger ...
    »Bub, reinkommen! Geburtstag!«, ruft da die Oma, und Frieder rennt aus dem Klo und ins Kinderzimmer ... und bleibt wie angenagelt auf der Schwelle stehen. Er sieht mit einem Blick: Der Greifbagger ist weg! Strümpfe liegen da auf dem Tisch, ein roter Pulli, drei Tüten Kartoffelchips und fünf Kerzen stehen da. Aber kein Greifbagger.
    Den hat er vorhin doch durch das Schlüsselloch ganz deutlich gesehen! Hat er denn geträumt?
    »Und ich gratulier auch schön«, sagt die Oma und drückt dem Frieder einen Schmatz auf die Backe und singt mit dünner Stimme: »Hoch soll er leben, hoch soll er leben, ganz oft hoch!« So singts die Oma immer am Geburtstag. Dann zeigt sie auf die Kerzen und auf die Geschenke und fragt: »Na, freust du dich auch recht?«
    Der Frieder schluckt und nickt und geht langsam zum Tisch. Befühlt den Pulli, hebt die Kniestrümpfe hoch, knistert mit den Kartoffelchipstüten und schaut dabei heimlich in alle Ecken. Der Greifbagger ist wirklich nirgends zu sehen.
    »Du sagst ja nix?«, wundert sich die Oma. »Das sind doch schöne Sachen, gell?«
    »Doch, Oma«, nickt der Frieder und schluckt noch mal. Da ist so was in seinem Hals, das fühlt sich an wie Tränen. »Dann probier einmal den Pullover an«, sagt die Oma, »und die Strümpfe. Ob sie auch passen!«
    Der Pullover kratzt, aber Frieder sagt nichts, er schluckt an seinem Tränenkloß. Und beim Strümpfeanziehen schaut er schnell unter den Tisch, ob da der Greifbagger ... vielleicht... nein.
    »Passt alles!«, sagt die Oma zufrieden. »Und jetzt komm in die Küche! Mittagessen. Schnitzel gibts, weil heute Geburtstag ist. Deiner!« Und damit lässt sie den Frieder stehen und verschwindet
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