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Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Entzweiten (German Edition)
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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überhaupt zugehört, oder bist du wirklich so ein totaler Vollidiot?«
    Gus wurde blass und kniff die Augen zusammen. »Tut mir leid. Aber du kannst dir ja wohl vorstellen, dass ich für den Typ nicht allzu viel Verständnis habe.«
    Oksa entspannte sich wieder.
    »Tugdual ist kein Verräter«, fuhr sie in ruhigerem Ton fort. »Jedenfalls nicht im üblichen Sinn. Er mag ein düsteres Herz haben, aber es ist rein, das sagt jedenfalls mein Plemplem. Und der lügt nicht und irrt sich nie, wie du weißt. Wenn Tugdual uns verraten hat, dann gegen seinen Willen.«
    »Na gut, Oksa … Aber er ist trotzdem Orthons Sohn. Wieso hat der denn überhaupt dieses ganze Täuschungsmanöver mit Helena durchgezogen? Er hatte doch schon einen Sohn!«
    Oksa kratzte sich am Kopf. »Vergiss nicht, dass Helena eine Von-Drinnen ist! Was nicht für die zwei Frauen gilt, die Orthon geheiratet hat. Mit Helena dagegen hat er sich einen Nachkommen gesichert, …«
    »… der zu hundert Prozent Von-Drinnen ist.«
    »Genau!«, rief Oksa. »Und obendrein hat er noch ein Huldvolles Herz, stell dir das mal vor!«
    »Ich verstehe allerdings nicht, wieso er Tugdual nicht schon früher auf seine Seite gezogen hat. Warum hat er zugelassen, dass Tugdual sich bei uns einlebt? Er hätte ihn doch schon von Anfang an für seine Zwecke benutzen können!«
    »Tugdual ist ein potenzielles Machtinstrument für Orthon, ein Joker, den er ziehen kann oder auch nicht. Bevor wir nach Edefia gelangt waren, brauchte er ihn gar nicht. Erst dort war Tugdual wirklich … nützlich für ihn. Und jetzt hat dieses Ungeheuer ihn ganz in seiner Gewalt. Ich weiß nicht, wie er es macht, aber er kontrolliert ihn. Jetzt, im Rückblick, wird mir so einiges klar …«
    Sie wandte nachdenklich den Kopf ab.
    »Was wird dir jetzt klar, Oksa?«, ermunterte Gus sie.
    »Keiner von uns hat es damals gesehen … und doch gab es eindeutige Anzeichen.«
    »Was zum Beispiel?«
    »Tugdual und Orthon sind sich mehrfach direkt begegnet. Jedes Mal hat Tugdual sich dabei irgendwie seltsam benommen – wie hypnotisiert. Später, als Helena getötet wurde, haben wir seine scheinbare Gleichgültigkeit als Schock interpretiert, weil er den Mord mit angesehen hatte. Er stand da wie zur Salzsäure erstarrt, während alle anderen völlig aufgelöst waren. Er hat nicht einmal seinen Großeltern oder dem kleinen Till gegenüber irgendeine Geste gezeigt. Dabei vergöttert er seinen kleinen Bruder, glaub mir. Aber er wurde ganz einfach von dem Willen eines anderen gelenkt, er konnte gar nicht reagieren. Und wir, wir haben es nicht bemerkt.«
    »So etwas merkt man ja auch nicht so leicht«, gab Gus zu bedenken.
    »Ist es nicht schrecklich, wenn man sich erst im Nachhinein darüber klar wird? Stell dir das mal vor! Orthon steuert ihn wie eine Marionette, und Tugdual kann gar nicht anders, als ihm zu gehorchen.«
    Oksas Kehle war auf einmal wie zugeschnürt. Sie ballte die Hände zu Fäusten, um ihre Wut zu beherrschen, und wandte den Blick ab. Gus stützte ratlos die Ellbogen auf die Knie.
    »Ganz schön gemein«, stieß er nach einer Weile hervor.
    Oksa seufzte.
    »Verdammt gemein«, sagte sie.

Operation Markus Olsen
    Zur selben Zeit in Moskau,
Novoslobodskaya Ulitsa 45
    D rei dunkle Gestalten durchquerten die Wolken und landeten ein paar Meter neben der Außenmauer des Butyrka-Gefängnisses. Die Straßen und Häuser ringsum schienen in Tiefschlaf versunken – Gefangene der eisig kalten Nacht, so wie es die Insassen dieser finsteren Festung waren.
    Ein herrenloser Hund kam herbeigelaufen und leckte Orthon und seinen beiden Söhnen die Stiefel ab. Sie scherten sich nicht weiter darum, bis das ausgehungerte Tier zu jaulen anfing. Da zog Orthon sein Granuk-Spuck, und zwei Sekunden später sackte der Hund mit heraushängender Zunge zusammen.
    Auf der anderen Seite der Mauer erklangen Stimmen. Die drei Männer duckten sich und warteten reglos ab, bis die Wachen ihre Runde beendet hatten.
    »Was haben sie gesagt, Vater?«, fragte Gregor leise. »Haben sie uns gehört?«
    »Sie haben über die Schulprobleme ihrer Kinder gesprochen«, sagte Tugdual mit eisiger Stimme.
    Orthon bedachte den jungen Mann mit einem zufriedenen Blick und übersah dabei Gregors verärgerten Gesichtsausdruck. Ihre Abstammung bescherte den beiden Halbbrüdern unterschiedliche Fähigkeiten, bei Tugdual waren sie eindeutig stärker ausgeprägt. Obwohl er viel jünger war als Gregor, war er diesem um Längen voraus. Selbst das Polyslingua
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