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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam
Autoren: Nelly Arnold
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Können wir wieder zum Thema kommen, ja?« Es geschah nicht selten, dass die beiden sich in etwas verbissen, was nichts zur Sache tat.
    »Was hast du jetzt vor?«, fragte meine Mutter.
    »Was soll ich schon vorhaben? Er hat gesagt, er liebt mich nicht mehr. Ich muss sehen, wie mein Leben jetzt weitergeht.«
    »Du gibst einfach so auf, ohne um ihn zu kämpfen?«
    »Kämpfen?« Fassungslos starrte ich sie an. »Wieso sollte ich um jemanden kämpfen, der mir einen Tritt in den Arsch verpasst hat?«
    »Was? Er hat dich geschlagen?«
    »Das war doch metaphorisch gemeint«, sagte ich ge nervt.
    »Ach so. Du meinst, bildlich oder so was.«
    Ich nickte erschöpft.
    »Ich hab’s immer schon gesagt«, murmelte mein Vater vor sich hin. »Gisela, weißt du noch, dass ich dir schon vor Jahren gesagt habe, der Christoph ist zu pfiffig für unsere Lyn?«
    »Ja, das weiß ich noch, Jürgen.« Sie nickte heftig, und dann sah sie mich so komisch an, so als ob sie sagen wollte: Der Papi hat’s fei schon vorher g’wusst .
    Ich saß da und schüttelte ungläubig den Kopf. »Zu pfiffig? Was heißt das denn, zu pfiffig für mich?«
    »Das heißt, dass …«, fing meine Mutter an.
    »Lass ihn doch selbst antworten!«, unterbrach ich sie.
    »Bitte«, meinte sie in beleidigt-schnippischem Ton und hob gefällig die Handflächen nach oben.
    Mein Vater hantierte mit seinem Zahnstocher im Mund herum, während er redete. »Seien wir ehrlich, Kind. Uns ist aufgefallen, dass du in den letzten Jahren immer weniger unternommen hast. Da sind wir alten Säcke noch unternehmungslustiger. Der Christoph wollte, glaube ich, mehr erleben.«
    »Ich bin kein alter Sack«, protestierte meine Mutter. »Du kannst eine Frau nicht als alten Sack bezeichnen; das gilt nur für Männer. Das weiß doch jeder.«
    Ich starrte immer noch meinen Vater an. Für ihre Prinzipienreiterei hatte ich im Moment keinen Nerv. »Es ist doch nicht meine Schuld, dass wir Stubenhocker geworden sind. Wir haben beide unseren Teil dazu beigetragen. Wie kommst du darauf, dass ich die Trantüte bin und Christoph der Pfiffige? Als ihr vorgeschlagen habt, uns zum zehnten Hochzeitstag eine Reise nach Südamerika zu schenken, war ich Feuer und Flamme, soweit ich mich erinnere.« Ich sah noch ganz genau vor mir, wie wir damals alle in der Küche standen. Ich konnte mich sogar noch daran erinnern, dass ich an jenem Tag den selbst gestrickten Norwegerpulli von Tante Kathi trug, nur um ihr eine Freude zu machen, weil sie gerade auf Besuch war. Christoph hatte gesagt: »Ach, das ist so weit weg. Die lange Flugzeit … Und wisst ihr eigentlich, wie schlecht die ärztliche Versorgung dort ist?« Meine Eltern hatten sich angesehen und uns gefragt, was wir stattdessen gern hätten. Darauf hatte Christoph wie selbstverständlich gemeint: »Eine neue Waschmaschine wäre vielleicht nicht schlecht.«
    Als ich das später auf der Heimfahrt thematisierte, kam Christoph nicht etwa zur Besinnung und sah ein, dass er eine Couch-Potato geworden war, nein, er ritt weiter drauf herum: »So eine Reise ist wahnsinnig anstrengend, und es ist rausgeworfenes Geld. Von einer modernen Waschmaschine haben wir jahrelang etwas!« Nach langem Hin und Her entschieden wir uns also für die Waschmaschine. Auch hier wollte ich jemandem eine Freude machen, nämlich Christoph. Ich musste mir dringend abgewöhnen, ständig anderen eine Freude machen zu wollen. Irgendwie kam dabei immer etwas Schlechtes heraus.
    Was war in den letzten Jahren nur mit mir passiert? Dabei war ich doch als Mädchen mal richtig ausgeflippt gewesen. Ich hatte mich von Dr. Jekyll in Mr. Hyde verwandelt und konnte nur hoffen, dass ich einen Weg finden würde, nicht mehr Mr. Hyde zu sein. Was ich früher als spießig empfunden hatte, lebte ich jetzt. Radeln am Sonn tagnachmittag und an festen Tagen das Bad putzen und die Wäsche ohne Knitterfalten bügeln.
    »Seid also bitte nicht ungerecht«, mahnte ich meinen Vater. »Ich habe mich nur angepasst.«
    »Du musst dich nicht rechtfertigen«, winkte mein Vater ab.
    »Das tue ich doch gar nicht«, antwortete ich automatisch, obwohl wir alle in diesem Raum wussten, dass ich es doch tat.
    Mein Vater wand sich. »Eigentlich wollte ich nur sagen, dass du in den letzten Jahren zu einer Stubenhockerin geworden bist.«
    »Danke«, meinte ich gekränkt.
    »Aber Scheidung?« Ungläubig schüttelte er den Kopf. »Die Leute haben immer gesagt, was für ein schönes Paar ihr seid.«
    »Ich dachte, wir wären Barbie und
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