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Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam

Titel: Ohne Mann bin ich wenigstens nicht einsam
Autoren: Nelly Arnold
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    Sie lächelte. »Wir sehen uns jetzt den Tatort an.«
    Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte und auf dem Weg zum Tatort war, holte ich mein Handy aus der Tasche und wählte Antjes Nummer. Egge meldete sich. Antje hatte ihn von Anfang an so genannt, weil Egon sich nach Pedant anhörte, wie sie sagte. Egge war ihr dritter Mann. Ihr erster war Robbie, ein furchtbar labiler Typ mit Hang zum Sentimentalen. Bei traurigen Liebesszenen hatte Antje ihm immer Taschentücher reichen müssen. Sie hatte diese Ehe als Jugendsünde schlimmster Sorte abgetan. Später heiratete sie Bernd, der ständig fremdging. Seine Erklärung dafür war ein hoher Testosteronspiegel, für den er, wie er sagte, nichts konnte. Mit ihm hatte Antje einen Sohn, Helmut. Und dann wurde für Antje doch noch alles gut, weil sie Egge traf. Mit ihm hatte sie zwei Söhne, den siebenjährigen Wolfgang und den fünfjährigen Karl. Antje hatte ein Faible für altdeutsche Namen.
    »Hey, Egge. Kann ich mit Antje sprechen?« Im Hintergrund war Kindergeschrei zu hören.
    »Sie spült gerade ab. Kann sie dich zurückrufen?«
    »Ja, aber bitte auf dem Handy und nicht zu Hause, weil ich da nicht mehr wohne.«
    »Äh, warte mal bitte.« Ein paar Sekunden herrschte Stille am anderen Ende, dann hörte ich von Egge ein ge dämpftes: »Frag mal, ob mit ihr alles in Ordnung ist. Sie sagt, sie wohnt nicht mehr daheim.«
    »Lyn?« Es war beruhigend, Antjes Stimme zu hören.
    »Ja?«
    »Wo bist du gerade?«
    »Bei meinen Eltern, in meinem alten Kinderzimmer.«
    »Warum?«
    »Christoph und ich haben uns getrennt.«
    »Waas?«
    »Er hat gesagt, dass – er – sich – langweilt.« Ich schluckte die Tränen hinunter.
    »Ich kapier überhaupt nichts. Einfach so? Aus heiterem Himmel?«
    »Ich brauche eine Wohnung.«
    Antje hatte Schwierigkeiten, meinen Gedankensprün gen zu folgen. »Was? Ach so, ja, eine Wohnung. Unbe dingt, ja.«
    »Aber ich kann doch so schnell keine Wohnung finden. Du und Egge, ihr kennt doch Gott und die Welt; könnt ihr euch mal umhören, wegen Appartements oder so etwas?«
    »Na klar, machen wir.« Nach einer Pause fügte sie hinzu: »Hör mal, Lyn, mir ist das nicht ganz klar. Steckt da vielleicht eine andere Frau dahinter?«
    »Fang du nicht auch noch damit an. Christoph hat gesagt, dass er sich in unserer Ehe langweilt und dass das der Grund ist.«
    »Das ist demütigend.«
    »Und wie. Ich habe mich noch nie so schrecklich gefühlt. Wie lange dauert so etwas? Werde ich jemals darüber hinwegkommen? Kann das alles auch etwas Gutes haben? Manchmal behaupten die Menschen das doch. Rückwirkend sind sie froh, dass sie einen Schicksalsschlag hatten.«
    »Also, ich weiß auch nicht …«
    »Du weißt doch, was man sagt: Wenn ein Fenster sich schließt, dann öffnen sich hundert andere.«
    Antje brauchte einige Sekunden, um zu antworten. »Türen.«
    »Was?«, fragte ich verwirrt.
    »Ich glaube, es sind Türen, die sich öffnen.«
    »Ach ja, genau. Glaubst du, da ist was dran?«
    »Ja, ja. Ganz bestimmt, Lyn.« Sie redete mit mir, als sei ich nicht ganz dicht, und wahrscheinlich war ich in diesem Moment auch nicht ich selbst.
    Antje sprach noch ein paar beruhigende Worte, und ich weinte leise vor mich hin.
    In der Dusche vermischten sich meine Tränen mit dem Wasserstrahl. Meine Gedanken scherten sich nicht darum, dass ich einfach meine Ruhe wollte. Sie bahnten sich ihren Weg und droschen auf mich ein. Ich überlegte, wie es hatte geschehen können, dass ich noch am Morgen nichts ahnend aus dem Bett gekrochen war und abends bei meinen Eltern im Badezimmer stand. Seit etwa einem Jahr, vielleicht auch zwei oder drei, hatten wir uns nicht mehr so viel zu sagen gehabt. Nein, eigentlich hatte es viel früher angefangen.
    Es gab so einige Begebenheiten, die für mich aufschlussreich hätten sein sollen, aber eine war es ganz besonders:
    Wir sitzen auf der Couch und sehen einen Film an. Der Mann sagt zur Frau, wie sehr er ihre Großzügigkeit und Anteilnahme schätze und wie sehr er es liebe, wie sie ihn zum Lachen bringe. Ich drehe den Kopf und frage Christoph, was er an mir liebe und schätze. Er überlegt lange, viel zu lange. Dann sagt er, ich sei eine gute Köchin. Na toll, denke ich, warum fügt er nicht gleich hinzu, wie gut ich das Bad putzen kann?
    »Aber das meine ich nicht«, erwidere ich, »sondern einen Charakterzug an mir, meine Persönlichkeit.«
    Wieder überlegt er lange. In der Zwischenzeit hätte ich mir ein Sandwich machen und einen
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