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Oh Happy Dates

Oh Happy Dates

Titel: Oh Happy Dates
Autoren: Holmes Lucy Anne
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vermittelte ich ihr hier vor zwei Jahren einen Samstagsjob, damit sie sich etwas Geld dazuverdienen und mich unterhalten kann. Julia ist keine sehr gute Bedienung, denn sie verschüttet jedes Getränk, das sie serviert, und schimpft dabei normaler weise sehr lautstark. Wir futtern beide so viel kostenloses Essen, wie wir können, und versuchen, die Kunden so weit es geht zu ignorieren. Ich komme aus der Küche und singe: »Da di di da, Jack.« Julia steht hinter der Kuchentheke und steckt ihren Finger in ein Stück Käsekuchen.
    »Ach du liebe Zeit, jetzt habe ich glatt aus Versehen meinen Finger in dieses Stück Käsekuchen gesteckt. Das können wir unmöglich noch verkaufen. Sollen wir es
essen, Chantelle?« Seit Julia von der Realityshow gehört hat, nennt sie mich Chantelle. Und sie spricht das mit einem übertriebenen Essex-Akzent. Und findet es lustig.
    »Ich hatte gerade ein Schinkensandwich. Na ja, warum nicht«, sage ich und löffle ein riesiges Stück Käsekuchen in mich hinein und versuche, mit vollem Mund zu singen: »Ba bi bu bam, Stan.«
    »Willst du jetzt eine Popkarriere starten, Chantelle?« Julia kichert.
    »Wirst du wohl deinen Mund halten, Julia?«
    »Du solltest nicht zu viel Käsekuchen essen, Chantelle, die Kamera macht dich ohnehin dicker, als du bist«, sagt Julia und isst den Rest.
    »Tut mir leid, ich weiß, dass ihr beschäftigt seid, Mädels, aber könnte ich vielleicht noch einen Kaffee bekommen?«, ruft mein Lieblingsgast. Er sieht aus, als hätten sich ein freundlicher Graubär und eine russische Balletttänzerin gepaart, um ihn hervorzubringen. Er hat kantige Züge und silbergraues Haar. Dank seines immer gebräunten Teints sieht er sehr gesund aus. Er kommt jeden Samstag zum Frühstück her, was ihm einen glamourösen Touch gibt, und er liest den Guardian von Anfang bis Ende, was für seine Klugheit spricht. Altersmäßig ist er schwer einzuordnen, denn er hat trotz seiner grauen Haare ein jung wirkendes Gesicht. Ich würde ihn auf siebenundvierzig schätzen.
    »Junge, Junge, Sie sind aber fordernd!«, sage ich mit einem tiefen Seufzer zu ihm, die Hände in die Hüften gestemmt, und mache ihm seinen Caffè Latte.
    »Haben Sie schon gehört, Sarah wird ein Reality-TV-Superstar«, sagt Julia, als sie den Kaffee auf seinen Tisch stellt, nicht ohne ein wenig davon zu verschütten. Ich stehe hinter der Theke und zucke zusammen angesichts
Julias himmelschreiender Missachtung des Kellnerinnenkodex.
    »Erzählen Sie«, fordert er sie auf und wischt das Verschüttete mit einer Serviette weg.
    »Nun, sie ist seit Jahren Single, und diese Realityshow im Fernsehen wird für sie einen Mann finden, der es mit ihr aushält. Habe ich recht, Chantelle? Sie werden sie heute anrufen, um ihr mitzuteilen, ob sie ausgewählt wurde und dann ab Montag vor laufenden Kameras steht.« Julia setzt sich zu meinem Lieblingsgast an den Tisch. Kellnerinnen aller Länder, werft angewidert eure Schürzen ab.
    »Nun, das klingt ja sehr aufregend. Viel Erfolg. Aber es überrascht mich, dass ein so nettes, attraktives Mädchen wie Sie Single ist.«
    »Sie wissen schon, dass Sie mein Lieblingsgast sind, oder?«
    »Ach, Sarah hatte der Liebe abgeschworen und wollte ledig bleiben, aber jetzt hat das Reality-TV sie verändert, und sie sieht Licht am Ende des Tunnels. Und kann es kaum erwarten, einen Mann fürs Bett zu finden.«
    »Julia!« Mein Gott, ist mir das peinlich.
    »Und was haben die beiden jungen Damen heute Abend vor?«, erkundigt sich mein Lieblingsgast lächelnd.
    »Ich bleibe mit einer Flasche Rotwein zu Hause. Die neue Staffel von The X Factor geht heute los.« Diese Worte quellen mir aus dem Mund wie eine vorzeitige Ejakulation. Mein Lieblingsgast sieht mich entsetzt an. Ich werde rot.
    Plötzlich sehe ich mich vor meinem geistigen Auge nackt mit einem süßen Mann im Bett liegen und The X Factor gucken. Ich weiß nicht, was Fran mit mir angestellt hat, aber seit dem Interview kann ich mich meiner Tagträume von einem Mann kaum erwehren. Das wird langsam
richtig schlimm. Nachdem ich heute Morgen auf die Schlummertaste gedrückt hatte, angelte ich mir meinen Teddy, der seitlich aus dem Bett gefallen war, und machte Löffelchenstellung mit ihm. Ich weiß, dass keiner mich dafür anzeigen wird, aber es ist schon merkwürdig. Zehn Minuten habe ich mich heute Morgen an ein ausgestopftes Tier gekuschelt und mir vorgestellt, es sei ein Mann. Ein echter Mann mit warmen nackten Hinterbacken, die sich gegen meinen
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