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Oh Happy Dates

Oh Happy Dates

Titel: Oh Happy Dates
Autoren: Holmes Lucy Anne
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dasselbe sagen, was mein Vater immer zu mir gesagt hat, als ich noch klein war und auf seinem Schoß saß: »Rutsch mal rüber auf die andere Seite, das Bein ist eingeschlafen.« Mein Vater sitzt mit weit ausgebreiteten Armen darauf, das rechte Bein lang ausgestreckt. Er hatte nämlich mit neunzehn einen schweren Motorradunfall und kann nun sein Bein nicht mehr gut anwinkeln. Würde jemand das Sofa auf und ab bewegen, befände mein Vater sich in der perfekten Position für einen Anatevka- Tanz.
    Mein Vater ist Ende sechzig und hat ein freundliches faltiges gebräuntes Gesicht. Seinem beinahe täglichen Golfspiel verdankt er eine Bräune, die seinem weißen Polohemd ein strahlendes Weiß verleiht, wie man es in Camden selten zu sehen bekommt. Er sieht aus wie ein Mann, der nichts gegen ein frisch gezapftes Bier einzuwenden hätte. Und ich wünschte, ich könnte ihm eines anbieten, denn er wird langsam nervös.
    »Sie sind schon zwanzig Minuten zu spät. Ziemlich unverschämt, finde ich. Da hätte ich heute Morgen gut und gern noch ein paar Bälle einlochen können.«
    »Schade, dass du deine Schläger nicht mitgebracht hast, Dad, dann hättest du zum Schlag auf die Köpfe der Fernsehleute anstelle der Bälle ausholen können«, murmele ich.
    Ich bin aufgeregt. Wenn ich aufgeregt bin, fluche ich gern oder äußere sinnlose Gewaltfantasien. Das ist einer
der vielen Gründe, warum ich Single bin, und ebenfalls einer der vielen, vielen Gründe, weshalb ich nicht ins Reality-TV sollte.
    »Wir tun es, weil wir dich lieben«, sagt meine Mutter. Sie hält die Augen geschlossen. Meine Mutter sitzt am Esszimmertisch. Einem Esszimmertisch, der nie ein Essen zu sehen bekommt. Simon massiert meiner Mutter die Schultern. Auch meine Mutter trainiert für den London Marathon. Sie ist klein und schlank und sieht nach Aussage meiner männlichen Freunde für eine Frau von siebenundsechzig Jahren noch ziemlich knackig aus.
    »Oh, Val, hier bist du aber verspannt«, ruft Simon aus. Meine Mutter stöhnt. Mein Vater zieht eine Braue hoch.
    »Man kann wohl kaum von Liebe sprechen, wenn man sein Kind in eine Realityshow drängt, damit es einen Mann findet, den es gar nicht haben will«, sage ich schmollend und bürste mir zum siebzehnten Mal die Haare.
    »Wenigstens hast du dein Zimmer aufgeräumt, Liebes«, gurrt sie.
    Ich bringe es nicht übers Herz, ihr zu sagen, dass die Ordnung nur oberflächlich ist. Vor ein paar Tagen begann ich mit den für gründliches Aufräumen erforderlichen wichtigen Schritten:
    1. Alles von meinem Fußboden aufheben und auf mein Bett legen.
    2. Ein oder zwei Kleidungsstücke auf Bügel hängen.
    3. Es leid sein.
    4. Ausgehen.
    5. Nach Hause kommen und zu Bett gehen müssen.
    6. Alles vom Bett nehmen und wieder auf den Fußboden legen.

    Am Ende stopfte ich einfach alles in den Dielenschrank und saugte meinen Teppich.
    Wir warten auf das Eintreffen der Fernsehleute, damit diese uns vor laufender Kamera interviewen können. Zwei Runden Telefoninterviews haben wir bereits hinter uns. Obwohl ich hartnäckig behaupte, keinen Mann zu wollen und auch nicht an der Mitwirkung einer Realityshow interessiert zu sein, habe ich es bis in die letzte Runde geschafft.
    Ich hasse es, als ich selbst gefilmt zu werden. In einer Schauspielrolle habe ich keine Probleme damit, weil mir dann jemand erklärt, was ich sagen soll. Abgesehen davon spielte ich das letzte Mal, als ich gefilmt wurde, eine Kassiererin in der Polizeiserie The Bill . Als diese Folge ausgestrahlt wurde, sah ich aus wie eine übergewichtige, rührselige Person von der Sonderschule. Außerdem – und darüber scheinen sich alle hinwegzusetzen – WILL ICH GAR KEINEN MANN. Das Glatzenmann-Debakel war absolut das letzte Mal, dass ich die Hand nach einem Mitglied des anderen Geschlechts ausgestreckt habe. Deshalb habe ich mir einige Taktiken überlegt, die verhindern sollen, dass man mich nimmt:
    1. Höfliches Argumentieren – das habe ich wiederholt am Telefon versucht, ohne Erfolg, aber von Angesicht zu Angesicht könnte es womöglich wirken.
    2. Aggressivität – sich aufführen wie ein Vierzehnjähriger, der Spaß hat an Ladendiebstahl und Schuleschwänzen.
    3. Wiederholtes Fluchen – Gebrauch einer Sprache, die für die Ausstrahlung vor neun Uhr abends ungeeignet ist.
    4. Jemandem erklären, der Dielenschrank sei das Klo, und auf diese Weise meine Schlampigkeit enthüllen.

    5. Brandstiftung – eine wirklich verzweifelte Maßnahme. Schließlich ist es meine
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