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Öl!

Titel: Öl!
Autoren: Upton Sinclair
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genau jene Bedeutung besitzen, die dem Nobelpreis Gewicht verleiht.» Der gewitzte Shaw drehte den Spieß um: Nicht Sinclairs Werk würde durch den Nobelpreis gekrönt werden, sondern der Preis würde durch die Vergabe an Sinclair aufgewertet werden. Das gilt umso mehr heute, da die Literatur selbst unter Prestigeverlust und Sinnkrise leidet. Ihre bleibende Relevanz wird durch die Lektüre von Sinclair nachdrücklich bestätigt.
    Ilija Trojanow

Editorische Notiz
    ZU ENTSTEHUNG UND WIRKUNG
    Als die Buchausgabe von Oil! Ende März 1927 im New Yorker Verlagshaus Albert and Charles Boni erschien, stand der Verfasser weltweit in dem Ruf, einer der couragiertesten Kritiker des amerikanischen Hochkapitalismus zu sein. Seit The Jungle (1906), dem aufsehenerregenden Romanreport über die katastrophalen Zustände in den Schlachthöfen Chicagos, waren Upton Sinclairs literarische und enthüllungsjournalistische Publikationen stets von heftigen Kontroversen begleitet. An diesem Mann schieden sich die Geister. War er für die einen das personifizierte soziale Gewissen der USA , sahen die anderen in ihm einen gefährlichen Aufwiegler und Nestbeschmutzer.
    Nachdem er 1917 mit King Coal sein investigatives Augenmerk auf ausbeuterische Missstände im Kohlebergbau gerichtet hatte, schien es für einen Systemkritiker nur konsequent, sich einer steil aufstrebenden, staatlich noch weitgehend unregulierten Schlüsselindustrie zuzuwenden: der des Öls mit ihren ökonomisch-politischen Verfilzungen und den sich dramatisch verschärfenden Klassenantagonismen. So naheliegend die Stoffwahl objektiv sein mochte, den Ausschlag gab ein subjektiver Anlass. 1915 war der Autor nach Südkalifornien gezogen, wo seine zweite Frau, Mary Craig Kimbrough, ein Grundstück nahe Long Beach besaß. In der Vorortsiedlung Signal Hill lebte das Paar in aller Beschaulichkeit, bis Union Oil 1921 hier auf riesige Erdölvorkommen stieß. Die Kleinbürgeridylle wurde zur Spekulantenhölle, über Nacht schossen Hunderte von Bohrtürmen in den Himmel. Unser Autor wurde unverhofft Zeuge der kollektiven Hysterie und erlebte aus eigener Anschauung, wie zivilisierte Anwohner zu rabiaten Egoisten wurden. Wo die oil scouts die weltweit ergiebigsten Lagerstätten erschlossen, da erschloss sich Upton Sinclair die denkbar ergiebigsten Quellen für seine kapitalistischen Feldstudien.
    Als wäre dies nicht schon Inspiration genug, lieferte ihm Washington mit dem Teapot-Dome-Skandal von 1922/23 noch eine politisch hochbrisante Steilvorlage (s. Nachwort). Den Herrschaftsklüngel musste Sinclair diesmal nicht selbst aufdecken, das «mudraking» nahmen ihm Journalisten vom Wall Street Journal ab, und so konnte er sich ganz der literarischen Verarbeitung widmen. Obwohl Oil! auf die Affäre (die bis dahin spektakulärste in der Geschichte der USA und hinsichtlich ihrer politischen Dimensionen mit Watergate vergleichbar) nur episodisch Bezug nahm und die Namen der Protagonisten geändert worden waren – Minister Fall wird zu Minister Crisby, Tycoon Doheney zu Vernon Roscoe etc. –, lasen die Amerikaner das mitten im laufenden Gerichtsverfahren erscheinende Buch als Kommentar zur Lage der Nation. Zum Verkaufserfolg trug obendrein die Zensur bei: Der Polizeichef im puritanischen Boston setzte das Werk auf den kommunalen Index – vorgeblich wegen sexueller Freizügigkeit; Stein des Anstoßes war Bunnys vorehelicher Geschlechtsverkehr in einem Hotel. Der Autor, der sich selbst augenzwinkernd als der «Prüdeste von allen» in der Radikalenbewegung bezeichnete, ließ es sich nicht nehmen, die Sittenwächter der Lächerlichkeit preiszugeben: Mit einem Feigenblatt aus Pappe behängt, verkaufte er am Stadtpark Boston Common 150 Exemplare einer speziellen «Fig Leave Edition» , in der die inkriminierten neun Seiten von einem Drucker mittels schwarzer Feigenblätter unleserlich gemacht worden waren.
    Die erste autorisierte Übersetzung ins Deutsche durch Hermynia zur Mühlen kam noch im selben Jahr 1927 unter dem Titel Petroleum heraus – ohne das Ausrufezeichen des Originals, dafür aber mit einem am Lesebändchen baumelnden Feigenblatt samt der Parole «Jedermann sein eigener Zensor!» und der an den sittlichen Leser gerichteten Aufforderung, Stellen, die ihm gefährlich werden könnten, im Notfall damit zu bedecken. Mit einer Gesamtauflage von einer Viertelmillion sollte das Erdölepos Sinclairs erfolgreichstes Werk in Deutschland werden. Die Besprechungen in Zeitungen und Zeitschriften,
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