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Öl!

Titel: Öl!
Autoren: Upton Sinclair
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Wagen gegeben, zwölf Jahre später waren es 902 000 und 1914 schon 1,7 Millionen. Das Auto war Sinnbild eines Aufbruchs, bei dem alles für möglich erachtet wurde – Geld aus der Ölindustrie finanzierte erste Stadtautobahnen und gewaltige Immobilienprojekte. Los Angeles war die erste Großstadt des Planeten, die auf die Bedürfnisse des Automobils zugeschnitten wurde. Parkplätze wurden so wichtig wie Wohnraum. Im Petersen Automotive Museum in Los Angeles lässt sich anhand ausgewählter Karten und historischer Aufnahmen ablesen, wie die urbane Infrastruktur im Schnellvorlauf die freien Flächen zwischen downtown und Santa Monica okkupierte, sich rechtwinklig ausbreitete und innerhalb einer Generation Natur und Mensch vertrieb – das Feld geräumt für das Auto und seinen Fahrer.
    Die unbeschwerte Leichtigkeit, mit der Dad und Bunny in ihrem Wagen durch die unwirtliche Landschaft Südkaliforniens gleiten, «genau in der Mitte des magischen grauen Betonbandes», spiegelt den bedingungslosen Optimismus einer Gesellschaft von Emporkömmlingen und Gewinnlern wider, die am Abend in den Flüsterkneipen zum frenetischen Rhythmus des Jazz ihre Siege über die Zukunft feierten. Selbst die Träume waren ihnen untertan – Hollywood, zwischen 1911 und 1921 geschlüpft und flügge geworden, verdankte viele seiner frühen Blockbuster dem Ölgeld. Der mächtige Geschäftspartner von Arnold Ross, Mr Roscoe, repräsentiert mit seinen Filminvestitionen sowie seiner Beziehung zu einer führenden Schauspielerin die für beide Seiten lukrative Liaison zwischen Ölfabrikation und Traumfabrik.
    Obwohl Sinclair als Aktivist die Arbeiterbewegung nach Möglichkeit unterstützte, eröffneten ihm seine Herkunft und sein beachtlicher Ruhm Zugang zu den Kreisen der Reichen. Er lebte in Pasadena und später in Beverly Hills, beides Villengegenden; er bewegte sich in jenen glamourösen Kreisen, die er in Öl! so eindringlich beschreibt. Zwar hielt er kritische innere Distanz, aber er verbrachte ähnlich viel Zeit auf Partys in den Herrenhäusern wie in den Slums, und diese genaue Kenntnis beider Welten verhindert eine karikierende Darstellung der Dekadenz wie auch eine naive Verherrlichung des Proletariats. Ideologiekritisch anzumerken wäre allerdings, dass Sinclair die Arbeiter ausschließlich und monofunktional als Arbeiter darstellt, eine Verkürzung, vor der interessanterweise schon Karl Marx in seinem Kommentar zum Gothaer Programm gewarnt hat – komplexe Menschen schauen anders aus. Und das Echo der Ereignisse in der Sowjetunion mutet zuweilen nicht nur kompositorisch einfallslos an, sondern durchaus plump und agitatorisch. Zu diesem Zeitpunkt hatten keineswegs nur konservative, längst auch progressive Autoren, etwa Emma Goldman und Alexander Berkman, die Realitäten in der UdSSR differenziert beschrieben.
    Die ersten Kapitel von Öl! erschienen als Fortsetzung vom 1. Juni bis 4. September 1926 im von der Kommunistischen Partei der USA herausgegebenen Daily Worker . In Buchform erschien der Roman am 25. März 1927. Die Resonanz war immens. Er verkaufte sich prächtig und stand wochenlang an der Spitze der Bestsellerliste. Als die Behörden in Boston den Verkauf wegen des angeblich obszönen Inhalts verbieten ließen – ein absurder Vorwand, denn Sinclairs Romane verraten eher eine puritanische Diskretion im Umgang mit Sexualität –, gewann Öl! über Nacht sogar noch an Berühmtheit und erregte die solidarische Aufmerksamkeit der Literaturszene.
    DER WAHLKÄMPFER
    Sinclair war so berühmt, dass er 1934 mit guten Chancen für das Amt des Gouverneurs in Kalifornien kandidierte. Er löste seine Verbindungen zu den sozialistischen und kommunistischen Parteien, wurde Demokrat und verkündete das Programm EPIC ( «End Poverty in California» ), das vorsah, alles Brachland den arbeitslosen Landarbeitern zur Verfügung zu stellen und Fabriken und Unternehmen in einer riesigen, staatlich geleiteten Genossenschaft zusammenzuschließen. Er gewann die Vorwahl der Demokraten und trat gegen den unscheinbaren amtierenden Gouverneur Frank Merriam an. Sinclair war ein großartiger Wahlredner, und sein energischer Einsatz schweißte sämtliche reaktionären Lager zusammen, einschließlich der Los Angeles Times und der Filmindustrie, die seine Vorhaben fürchteten. Louis B. Mayer stellte «Wochenschauen» zusammen, in denen «respektable» Personen aussagten, sie seien für Merriam, wohingegen die für 25 Cent angeheuerten schmuddeligen
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