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Öl!

Titel: Öl!
Autoren: Upton Sinclair
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München, Stuttgart und aus Preußen: «die Bücher von Upton Sinclair … aufgrund § 7 der VO … zum Schutze des deutschen Volkes vom 4. 2. 33 … in sämtlichen Ausgaben in deutscher Sprache polizeilich beschlagnahmt und eingezogen, da ihr Inhalt geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gefährden …»
    Auch die Sowjets und ihre Erfüllungsgehilfen in der DDR waren diesem «Sozialisten der Emotionen» (wie Lenin all jene zu nennen pflegte, die sich dem Diktat seiner monopolistischen Doktrin und Disziplin nicht unterwarfen) nicht wohlgesinnt. Sinclair wurde als Speerspitze der kalten Kriegstreiberei in den USA angesehen – seine in Öl! noch offenkundigen Sympathien für die Sowjetunion waren in der Zwischenzeit einer realistischeren Einschätzung gewichen.
    Es dauerte lange, bis die politische Situation sich so weit entspannt hatte, dass eine fruchtbare Rezeption von Sinclair wieder möglich war. 1978 veröffentlichte der März Verlag, in Kooperation mit dem Versandvertrieb Zweitausendeins, Der Dschungel und Boston als Doppelband, der zudem den Essay Upton Sinclair, amerikanischer Radikaler von Dieter Herms enthielt. Zeitgleich entstand der Fernsehfilm Was kann ein Mann tun? Upton Sinclair – Ein vergessener Rebell . Es liegt auf der Hand, dass Sinclair vor allem Autoren dokumentarischer und politischer Literatur beeinflusste, wie etwa Max von der Grün, Erich Fried und Günter Wallraff. «Hätten wir hier einen Upton Sinclair», sagte Wallraff Anfang der Achtziger, «dessen Funktion ich nicht erfüllen kann, weil er ein Schriftsteller des großen Entwurfes ist, ein schneller Schreiber, der es schafft, in wenigen Monaten ein ganz komplexes Problem umzusetzen, hätten wir in unserer Gesellschaft so einen Autor, würde sich bei uns auch die Arbeiterklasse vielleicht durchringen können und säße nicht so geduckt und gelähmt da, wie es zur Zeit den Anschein hat.»
    ABWEICHLERISCHE ABSICHTEN
    Dass dieser Roman nun in neuer Übersetzung auf Deutsch erscheint, ist also keineswegs selbstverständlich. Die meisten Literaturverwalter haben sich darauf geeinigt, Upton Sinclair wegen ästhetischer Mängel ins zweite Glied des Kanons zu verbannen. Sie stören sich an seinen propagandistischen Absichten, an seinen gelegentlich groben Strichzeichnungen, an der Unerbittlichkeit, mit der er die schöne reine Literatur für den schmutzigen Klassenkampf einspannt. Sie exkommunizieren ihn mit Kategorien, die dem Autor nicht gerecht werden. Sowenig man einer Zartbitterschokolade ihren Mangel an Süße vorwerfen kann, darf man einem engagierten Romancier verübeln, dass er mit seinen Schriften die Welt zu verändern sucht, weil dieses Ansinnen angeblich von vornherein zum Scheitern verurteilt sei.
    Der Kritiker Van Wyck Brooks, zu Lebzeiten so berühmt, dass sein Konterfei im Oktober 1944 auf der Titelseite der Zeitschrift Time prangte, schrieb am 17. Mai 1953 an Sinclair: «Deine Literatur dient Dir als Vehikel für andere Zwecke, und das ist der Grund für den großen Zwist zwischen Dir und den Kritikern. Da Du dies mit großer Wirkung tust, muss aber wohl etwas dran sein, etwas Großes, das diesen Kritikern entgangen ist.»
    Sinclairs beste Romane entfalteten tatsächlich eine enorme Wirkung. Welcher andere Autor hat mit grimmigen Themen ein Millionenpublikum erreicht, mit einem frühen Roman (Der Dschungel) eine Untersuchung des US -amerikanischen Kongresses erzwungen, die zu einer für Arbeiter wie auch Verbraucher vorteilhaften Modernisierung der Schlachthofindustrie führte? Nicht nur etablierte Sinclair den investigativen Journalismus, er legte auch den Grundstein für eine Art der literarischen Reportage («new journalism») , die in den 1960er- und 1970er-Jahren von Joan Didion, Truman Capote, Norman Mailer, Gay Talese, Tom Wolfe, Hunter S. Thompson und anderen zu einem eigenen Genre entwickelt wurde.
    1931 wurde Sinclair von einer Reihe berühmter Zeitgenossen für den Literaturnobelpreis vorgeschlagen, darunter George Bernard Shaw, John Dewey, Albert Einstein, Harold Laski und Bertrand Russell. George Bernhard Shaw verfasste den Brief an das Nobelpreiskomitee: «Jene Schriftsteller, die zu den Lieblingen des Literaturbetriebs gehören und vielleicht literarische Glanzleistungen vollbringen, haben kaum Einfluss auf das Denken ihrer Zeit, wohingegen ungeschliffenere Talente, für die literarische Eleganz nicht das Ziel an sich, sondern lediglich der Köder ist, um Leser für ihre Ideen zu gewinnen,
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