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Ödland - Thriller

Ödland - Thriller

Titel: Ödland - Thriller
Autoren: Bastei Lübbe
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dröhnenden Halbdunkel kann er nichts als Ruinen und Zerstörung erkennen: Umgestürzte Bäume, verwüstete Beete, pflanzliches Durcheinander und allerlei Schutt bedecken die Straße. Das Auto, hinter dem er sich vor seinen Angreifern in Sicherheit gebracht hat, liegt mitten auf der Fahrbahn auf dem Dach; auch andere Fahrzeuge sind schlicht weggeweht oder unter abgebrochenen Ästen begraben worden. Der Zaun, der eben noch seinen Rückzug behinderte, ist abgerissen und hat sich um einen durchgetrennten Baumstamm gewickelt.
    Rudy kann noch immer nicht fassen, dass er überlebt hat. Den Grund dafür begreift er erst später, als er sich im strömenden Regen einen Weg zum Anwesen der Fullers bahnt. Der Tornado hat ihn nur gestreift; er hat nur die Randausläufer mitbekommen. Die eigentliche Trombe - der wirbelnde Rüssel - hat ihn verschont, denn bei Windgeschwindigkeiten zwischen vierhundert und fünfhundert Stundenkilometern in ihrem Innern wäre er einfach weggerissen worden. Er erinnert sich an Bilder, auf denen die Verwüstungen durch einen Tornado sich auf eine Straßenseite beschränkten, während auf der anderen Seite nicht der kleinste Schaden entstanden war, Bilder von Häusern, von denen nur noch eine Hälfte stand, und Geschichten von einem Tornado, der eine Kuh mit sich fortgerissen und mehrere Hundert Meter weiter unversehrt auf einer anderen Weide wieder abgesetzt hatte. Wäre Rudy nicht von seinen Angreifern aufgehalten worden, wer weiß, wo und in welchem Zustand er sich jetzt befände!
    Während er sich halb blind im strömenden, von Blitzen durchzuckten Regen vorwärtstastet, stellt er fest, dass er genau in die Zerstörungsschneise des Tornados hineinläuft. Sie ist nur wenige Hundert Meter breit, doch hier ist kein Stein auf dem anderen geblieben. Es ist, als ob ein riesiger, von einem verrückten Gott gesteuerter Bulldozer über Land gefahren wäre und alles im Weg Liegende dem Erdboden gleichgemacht hätte.
    Das Tor zum Besitz der Fullers ist aus den Fundamenten gerissen worden und liegt verbogen mitten auf der Straße. Viele Bäume sind umgestürzt und blockieren die gekieste Einfahrt. Rudy muss sich einen Weg bahnen und zwischen abgebrochenen Ästen hindurchklettern. Die Auffahrt mündet in einen Hof, auf dem mehrere Autos parken - oder eher wild durcheinandergewürfelt worden sind. Sie stehen kreuz und quer, sind teilweise ineinandergekracht, haben dicke Beulen, sind mit Trümmern übersät und haben eingedrückte Scheiben. Eines der Autos zieht Rudys Aufmerksamkeit auf sich. Es ist eine weiße Cadillac-Stretchlimousine mit der Zulassung GOD 999. Ein enorm dicker Lärchenast hat die Fahrgastzelle unter sich begraben. Auf der Motorhaube prunkt ein stolzes Silberkreuz. Auch die anderen Autos gehören zur Luxusklasse, aber der Cadillac ist bestimmt Eigentum eines Stars. Ein Star? Hier? Bei den Fullers?
    Rudy schlägt sich gegen die Stirn. Natürlich - die Göttliche Legion! Die Killer, die auf ihn gewartet haben ... Logisch! Tony Junior hat ihnen vermutlich mitgeteilt, dass Rudy sich in der Nähe aufhält. O je, das würde seine Aufgabe nicht gerade erleichtern!
    Er verdoppelt seine Vorsichtsmaßnahmen. Versteckt hinter einem großen, goldfarbenen Buick, beobachtet er die vor ihm liegende Villa mit ihrer großen Veranda und der mit griechischen Säulen geschmückten Freitreppe. Im abgehackten Licht der Blitze und durch den sintflutartigen Regen, der von einem anthrazitfarbenen Himmel herabstürzt, sieht es so aus, als hätte das Haus ordentlich etwas abbekommen. Das Dach des rechten Flügels ist komplett weggerissen worden, die anderen Dachflächen haben große Löcher, einige Fenster sind zerbrochen, ein Baum ist auf den Giebel gestürzt und hat ihn völlig zerstört. Im Innern ist kein Licht zu sehen.
    Rudy schnellt hinter dem Buick hervor und huscht auf die Veranda. Er wird nicht mit Schüssen empfangen. Sind die da drin etwa alle tot? Er rüttelt am Griff der schweren Eichentür. Sie ist natürlich verschlossen. Doch in den großen Panoramascheiben zu seiner Rechten ist kein Glas mehr. Mit der Beretta in der Hand schiebt sich Rudy an der Mauer entlang, erreicht das nächstgelegene Fenster und wirft einen vorsichtigen Blick hinein. Im Stroboskop der Blitze sieht er ein großes, verwüstetes Wohnzimmer, in dem es wie aus Eimern gießt. Rudy stiehlt sich hinein. Geduckt schleicht er mit gezückter Pistole vorwärts. Seine Springerstiefel knirschen auf den Glasscherben, was allerdings im
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