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Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Titel: Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus
Autoren: Robert Gordian
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Leute schienen meine Empfindungen zu teilen, wagten jedoch nicht, sich zu äußern. Lebhaft stellte ich mir vor, wie man uns in der Pfalz empfangen würde: mit Spott und Hohn.
    Da geschah es, daß wir kurz vor dem Tagesziel – man sah schon die Dächer des Königsgutes – an eine Brücke kamen. Sie bestand aus einfachen Bohlen, die über ein Flüßchen geworfen waren, welches infolge der vielen Regenfälle in den letzten Tagen reichlich Wasser führte. Die Brücke hatte stellenweise Löcher, die Bohlen schienen morsch, durchfeuchtet und angefault zu sein. Zweifellos war es gefährlich, sich ihnen anzuvertrauen. Odo wußte allerdings von einer Furt in der Nähe und schlug vor, nichts zu riskieren und den Umweg zu machen.
    Wollte ich ihm nur widersprechen? Hatte ich gleich diesen boshaften Hintergedanken?
    „Bevor wir den Umweg machen“, sagte ich, „sollten wir feststellen, ob wir nicht doch hier hinüberkönnen.“
    „Warum nicht?“ erwiderte Odo spöttisch. „Wenn du den Anfang machst, frommer Vater, und als erster über die Brücke reitest, wollen wir glauben, daß sie auch uns trägt, denn du bist ja der Dickste von uns allen.“
    „Mein Vorschlag ist“, gab ich kühl zurück, „zuerst den Ochsen mit der Truhe hinüberzuschicken.“
    „Du meinst …?“
    „Wenn die Brücke unter ihr einbricht, wäre das ein Beweis dafür, wie unrecht es war, sie mitzunehmen. Es wäre eine Art Gottesurteil!“
    „Ein Gottesurteil?“ Odo knetete seine Nasenspitze. Dabei warf er mir einen langen, durchdringenden Blick zu.
    „Nun? Bist du einverstanden?“ drängte ich.
    „Ja, ich bin es“, sagte er schließlich. „Soll es so sein. Soll Gott entscheiden.“
    Heiko, ein sicherer Schwimmer, erhielt den Befehl, Ochsen und Karren über die Brücke zu führen. Er hatte die Bohlen kaum betreten, als ihm mein Amtsgefährte zurief, er solle anhalten.
    „Wollen wir nicht doch lieber gleich den Umweg machen?“ wandte sich Odo nochmals an mich.
    „Was kann schon passieren“, erwiderte ich höhnisch, „außer daß wir uns einer peinlichen Last entledigen?“
    „Vorwärts, Heiko!“ rief Odo.
    Unser Sachse kam bis zur Mitte der Brücke. Krachend brach eine der Bohlen, und Mann, Ochse, Karren und Truhe versanken im Wasser. Ich hörte einen Schrei und gleich darauf einen zweiten, gedämpften, der wie ein Echo klang. Fulk, der neben mir auf seinem Rappen saß, bekreuzigte sich.
    „Was schlägst du das Kreuz?“ fuhr ich ihn an. „Er kann doch schwimmen!“ Und Heiko tauchte auch bereits auf und erreichte, mit den Armen die Fluten peitschend, das Ufer. Der Ochse ertrank. Die Truhe aber schoß plötzlich zwischen den Wellen hervor und wurde rasch von der Strömung davongetragen.
    „Da hast du dein Gottesurteil, Vater“, sagte Odo, indem er sein Pferd in die andere Richtung lenkte.
    Hier, lieber Vetter Volbertus, endet meine Erzählung. Ich konnte mir diesmal viel Zeit für die Niederschrift nehmen, denn es ist Winter, und in der Kanzlei gibt es wenig zu tun. Ich hatte es auch nicht so eilig, weil ich ja, wie versprochen, eine Nachschrift beifügen wollte. Dazu mußte ich auf den Ausgang des Verfahrens warten. Dies aber zog sich hin – oder besser sollte ich sagen: es kam überhaupt nicht zustande.
    Dennoch füge ich hier, auf einem besonderen Blatt, diese Nachschrift bei, doch bitte ich Dich, sie niemand zu zeigen. Ihr Inhalt ist äußerst heikel, und würde einer der Brüder plaudern, was ja nicht auszuschließen ist, könnte das uns allen zum Schaden gereichen. Verstecke also dies letzte Blatt oder vernichte es.
    Wir haben jetzt Februar, und der Herr Agilhelmus ist noch immer nicht bei Hofe erschienen, um sich zu rechtfertigen. Wie eingangs erwähnt, hatte ich über die Vorgänge einen Bericht verfaßt. Daraufhin wurde der Abt von mehreren Seiten aufgefordert, sich nach der Pfalz zu begeben, in der unser König die Zeit zwischen Weihnachten und Ostern verbringt. Sein Freund, der Herr Erzkaplan, will ihm sogar zweimal geschrieben haben. Daß bis heute auch niemand eine Antwort erhielt, beunruhigt einige hohe Herren, und man hat schon, soweit das in dieser Jahreszeit möglich ist, Erkundigungen eingezogen. Sichere Nachrichten über den Aufenthaltsort des Herrn Agilhelmus waren aber nicht zu bekommen. Die meisten glauben nun freilich, daß er, wie schon oft, den Winter am Mittelmeer, auf seinen Gütern in Septimanien verbringt. Hundert Gründe kann es geben, daß ihn die Botschaften dort nicht erreicht haben. Einige
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