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Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus

Titel: Odo und Lupus 03 - Pater Diabolus
Autoren: Robert Gordian
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Männer bei Hofe (sie sind in der Minderzahl) äußern aber auch vorsichtig den Verdacht, der ehrwürdige Vater könne sich vor der Reise nach der Königspfalz drücken wollen. Womit er offenbar anerkenne, daß die Beschuldigungen gegen ihn zumindest teilweise zutreffend seien.
    Einem der höchsten Herren, den ich nicht nennen darf, entfuhr in der Trunkenheit die Bemerkung, daß Agilhelmus ein Dummkopf sei, weil er sich durch sein Fernbleiben erneut eine Schuld aufbürde, die man ihm, ob es sie wirklich gab oder nicht, im Stillen längst von den Schultern gewälzt habe. Natürlich brauche er nichts von alldem gewußt haben, was die Bande trieb, er sei ja auch die meiste Zeit abwesend. Die Aussagen von inzwischen hingerichteten Sklaven und Gesetzlosen, auf die sich die Anklagen vorwiegend stützten, hätten nicht den geringsten Wert. Daß alte Herren ohne Erben ihr Gut einem Kloster vermachten, in dessen Mauern sie noch eine Weile als Kostgänger lebten, dann aber stürben, komme überall im Frankenreich vor und mußte dem Abt nicht ungewöhnlich erscheinen. Schuld träfe nur die Königsboten, die ihm ihren Verdacht verschwiegen und damit verhinderten, daß er tat, was er sonst nämlich ohne Zögern getan hätte: die falschen Brüder zu richten. Der Comes Magnulf habe Odo und Lupus dringend zu pflichtgemäßem Handeln ermahnt, doch vergebens. Der betrunkene hohe Herr fügte dann noch hinzu, im Frühjahrskapitular des Königs werde es zu den Privilegien, insonderheit der Immunität, keine neuen Bestimmungen geben, und es sollten zwei kleine Spürhunde, welche auf falschen Fährten schnüffelten, nur immer gegen die Säulen des Staates pinkeln, diese würden davon nicht einstürzen. {28}
    Im Augenblick sehe ich Odo nicht oft, weil jeder seinen eigenen Aufgaben nachgeht. Nachdem der Anlaß unserer Mißstimmung, die Truhe, unseren Augen entschwunden war, hatten wir uns rasch wieder versöhnt, und in der Folgezeit hatte ich keinen Grund mehr gehabt, ihn einer Begünstigung des Abts zu bezichtigen. Im Gegenteil war gerade er es gewesen, der mir bei der Abfassung des Berichts die schärfsten Anklagen in die Feder diktiert hatte. So rechnete ich, als ich ihn neulich zufällig traf, mit seiner Entrüstung, als ich erzählte, was ich erfahren hatte, und die Äußerungen des hohen Würdenträgers wiederholte.
    „Einen Prozeß gegen Agilhelmus wird es nicht geben!“ schloß ich. „Die Herren haben schon alles im engeren Kreise entschieden. Ist das nicht empörend? Was meinst du? Der König weiß vielleicht gar nichts davon.“
    Odo, der Impetus am Zügel hielt, weil er gerade ausreiten wollte, lächelte vieldeutig.
    „Ich meine, es interessiert ihn nicht, was diese Gockel entschieden haben.“
    „Aber er muß doch …“
    „Er hört jeden Tag die Messe. Glaubst du nicht auch, daß er dabei mit dem himmlischen Vater Zwiesprache hält?“
    „Gewiß, nur was hat das …“
    „Bei der Gelegenheit wird er erfahren haben, daß der Fall längst woanders entschieden wurde.“
    „Woanders?“
    Odo hob feierlich den Zeigefinger.
    „Im Himmel?“ fragte ich beklommen.
    „Hast du das Gottesurteil vergessen?“
    „Das Gottesurteil?“
    „Nun, das auf der Brücke.“
    „Du meinst …? Aber … es bezog sich doch auf die Truhe!“
    „Bemüht man wegen einer Truhe den Himmel?“
    „Heißt das etwa … darin verborgen …?“
    „Hast du es wirklich nicht geahnt?“
    „Nein! Ich wunderte mich nur, daß ich zwei Schreie vernahm. Einen stieß Heiko aus … den anderen …“
    „Gott hat sein Urteil gesprochen.“
    „Und ich …“
    „Dir gab er dazu die Idee ein. Bist ja als Mönch sein Auserwählter. Und einer mußte ja darauf kommen.“
    „Du wolltest es nicht?“
    „Hätte ich sonst so lange gezögert?“
    „Und warum hast du den Abt in die Truhe gesteckt?“
    „Ja, sollte ich etwa den Vogel nicht fangen, da er mich doch dazu einlud? Eine solche Gelegenheit nicht zu nutzen, wäre unverzeihlich gewesen. Als er sein Büßerhemd suchte, wußte ich, daß es die Truhe war, in der ich ihn fortbringen würde. Doch wie? Ich überlegte noch, als sie dich plötzlich hereinschleppten, Vater. Nun zwitscherte unser Vogel übermütig, und wir beide hatten ausgesungen. Doch dann steht plötzlich der Cleph in der Tür. Der Vogel zittert, schlägt mit den Flügeln. Ich raune ihm zu: ‚Schnell in die Truhe, da seid Ihr sicher!‘ In seiner Angst hüpft er auch hinein. Ich schließe den Deckel, drehe den Schlüssel. Im Getümmel
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