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Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache

Titel: Odo und Lupus 01 - Demetrias Rache
Autoren: Robert Gordian
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Herr Karl nickte gnädig und sagte: „Deinem Antrag wird stattgegeben, Diakon Lupus! Ich hätte mich auch gewundert, wenn sich nicht ein einziger Franke für dieses Amt gemeldet hätte. Sind wir nicht mehr das alte Heldenvolk? Es soll sich jeder an Lupus ein Beispiel nehmen!“
    Da empfing ich herzlichen Beifall und freundliche Zurufe. Vor Verlegenheit brannte mir der Kopf und meine Knie wurden weich wie Wachs. Wahrhaftig, ich fühlte mich wie eine Altarkerze!
    Nun musste aber ein zweiter Königsbote für dieses Mandat bestimmt werden. Da sich noch immer niemand freiwillig meldete, befahl der Herr Karl den weltlichen Herren, die bisher kein Mandat hatten, vorzutreten. Es waren fünf.
    „Ich will deinen Mut belohnen, Lupus“, sagte der König, „indem ich dir das Vorrecht einräume, deinen Amtsgefährten selbst zu benennen. Wähle unter diesen fünfen einen aus!“
    Ich warf einen. Blick auf die Kandidaten. Ich hatte sie alle schon einmal gesehen, sie waren kleine Vasallen aus dem ständigen Gefolge des Herrschers. Vier von ihnen starrten mich an wie der Hase den Jäger. Der Fünfte kehrte mir den Rücken zu.
    „Ich wähle diesen!“, sagte ich, auf den Rücken deutend, ohne Besinnen.
    „Eine vortreffliche Wahl!“, rief der König. „Ich hätte dir Odo selbst empfohlen!“
    Da fuhr Herr Odo herum, als hätte ein Keiler ihn mit seinen Hauern gekitzelt, und rief: „Was? Mich? Ich soll …?“
    „Ich kenne niemanden unter meinen Vasallen, der besser geeignet wäre“, fuhr der Herr Karl fort. „Deine edle Herkunft wird dir bei den Sachsen Respekt verschaffen. Von deiner Kühnheit hast du mir manche Probe gegeben. Deine starke Hand, mein lieber Odo, wird an der Weser gebraucht, nicht an der Seine. Ich hoffe, du enttäuscht mich dort nicht.“
    Dies sprach der König in freundlichem, doch auch etwas ironischem Tonfall und gleich erhob sich wieder Gelächter. Vielen Herren sah man an, dass sie dem Odo gönnten, statt ins kurzweilige Paris ins barbarische Sachsen geschickt zu werden.
    Er selbst brachte kein Wort mehr hervor und sandte nur einen Seufzer zum Himmel, der einen Felsblock rühren konnte.
    Auf einmal bedauerte ich ihn wieder und gleich machte ich mir Vorwürfe. Ich hatte, die Erlaubnis des Königs missbrauchend, einen Fremden, der mir nichts getan hatte, zu etwas genötigt, was ihm zuwider war. Ich warf mir vor, aus Bosheit und Eitelkeit gehandelt zu haben, um ihm sein spöttisches, abweisendes Benehmen heimzuzahlen. Am liebsten hätte ich den König gebeten, ihm das Mandat wieder abzunehmen. Aber das war natürlich nicht möglich.
    Steif und sprachlos standen wir nebeneinander. Die letzten missatica wurden verteilt. Alle freuten sich auf das angekündigte Festmahl und es herrschte schon allgemeine Unruhe. Schließlich hielt ich es nicht mehr aus und sprach Herrn Odo leise an.
    „Ich habe den Eindruck, dass meine Wahl Euch verdrießt. Das war keineswegs meine Absicht. Wenn es so ist, dann bitte ich Euch um Verzeihung. Ich wünsche mir sehr, mit Euch in gutes Einvernehmen zu kommen.“
    „Du blöder Pfaffe!“, zischte er. „Was hast du mir da eingebrockt! Warum hast du dir ausgerechnet mich ausgesucht? Hab ich dir nicht den Rücken zugekehrt?“
    „Ich gestehe, das hat mir nicht gefallen. Deshalb wollte ich, dass Ihr mir Euer Gesicht zuwendet.“
    „Nun, und was hast du davon?“
    „Wir haben Bekanntschaft geschlossen. Ihr gefallt mir.“
    „Darauf gebe ich einen Hundeschiss.“
    „Das ist immerhin mehr als nichts.“
    „Wart’s ab, du wirst es schon noch bereuen! Vor dem Alten hier großtun ist nicht schwer. Aber wie sich ein kleiner, schwächlicher Bierwanst im sächsischen Urwald zurechtfinden will, ist etwas anderes. Ich war schon dort, hab meine Erfahrungen. Willst du auch ein Märtyrer werden? Meinetwegen. Sollen sie dich fressen. Ich werde ihnen gute Verdauung wünschen!“
    So sprach er zu mir, ließ mich stehen und ging fort. Die Versammlung war nämlich gerade beendet.
    Um mich kümmerte sich niemand. Ich stand herum und haderte mit den heftigen Worten meines künftigen Amtsgefährten.
    Mich klein und schwächlich und einen Bierwanst zu nennen! Was dem einfiel! Gewiss, mit meinen Körpermaßen kann ich nicht gerade mit den marmornen Säulen wetteifern, die der Herr Karl zur Ausschmückung seiner Pfalzen aus Italien herbeischaffen lässt. Aber bin ich nicht fest im Fleische und kräftig? Erinnerst Du Dich an unsere gemeinsame Fuldaer Zeit und an die beiden alten Chorherrn, deren Ochse
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