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October Daye: Winterfluch (German Edition)

October Daye: Winterfluch (German Edition)

Titel: October Daye: Winterfluch (German Edition)
Autoren: Seanan McGuire
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Kasse und hielt sie hoch. »Sie haben vergessen, Ihr e … «
    Zu spät; sie war schon weg. Ich zerknüllte die Quittung, warf sie in meinen Abfalleimer und lehnte mich gegen die Trennwand, die meine Bahn von der nächsten abgrenzte. Die Frau könnte ja später zurückkommen und sich bei meinem Boss darüber beschweren, dass sie keine Quittung erhalten hatte, wenn ihr danach zumute war. Bei meinem Glück würde ihr danach zumute sei n – was mir einen weiteren Minuspunkt in meiner Personalakte bescheren würde. Genau das, was ich nicht gebrauchen konnte. Dies war mein dritter Job, seit ich aus dem Teich befreit war; die beiden ersten waren jämmerliche Fehlschläge gewesen, größtenteils aufgrund meiner eingeschränkten Arbeitszeiten, meines allgemeinen Mangels an kulturellem Bewusstsein und meines unvollständigen Verständnisses moderner Technik. Wer hätte gedacht, dass man als Nachtschichtangestellte eines 7-Eleven-Supermarkts so viel Computerwissen benötigte? Ich jedenfalls nicht, bis ich wegen meiner Unfähigkeit, die Registrierkasse neu zu starten, gefeuert wurde. In der Nachtschicht an der Kasse zu stehen mochte vielleicht nicht meine letzte Chance sein, aber es fühlte sich durchaus so an. Bei Safeway gab es wenigstens einen Filialleiter, der Dinge in Ordnung brachte, wenn sie kaputtgingen.
    Meine Kollegen waren weit und breit nicht zu sehen. Wahrscheinlich versteckten sie sich wieder mal im Lagerraum, rauchten Juans angeblich hervorragendes Marihuana und verließen sich darauf, dass ich vorn im Laden die Stellung hielt. Es störte mich aber nicht. Ich hatte den Job als Kassenangestellte nicht angenommen, um Freundschaften zu schließen, sondern weil ich in Ruhe gelassen werden wollte.
    Ein Schwarm Pixies umkreiste die Waren in der Auslage neben der Seitentür und zog breite Schleifen, während ihre Wachen auf Anzeichen von Gefahr achteten. Sie waren in Stofffetzen und Papiermüllschnipsel gekleidet, mit Zahnstochern bewaffnet und schienen bereit zu sein, für ein paar Weintrauben und eine überreife Birne in den Krieg zu ziehen. Ich stützte die Ellbogen auf das Förderband, legte das Kinn in die Hände und beobachtete sie. In der Regel mache ich mir wenig aus Pixies. Sie sind zwar hübsch, aber wild und greifen an, wenn man sie provoziert. In Anbetracht dessen, dass ein durchschnittlicher Pixie knapp über zehn Zentimeter groß ist und in triefnassem Zustand keine hundert Gramm wiegt, hört sich das vielleicht nach keiner sonderlichen Bedrohung an. Sie ähneln Mäusen mit Flügeln und Daumen, abgesehen davon, dass Mäuse normalerweise nicht mit aus zerbrochenen Bierflaschen geschnitzten Messern und handgefertigten Speeren bewaffnet sind, die unter Umständen in ebenfalls selbst angefertigtes Gift getaucht wurden. Gleichzeitig musste ich bewundern, wie sie sich anpassten. Eine ganze Gemeinschaft von ihnen gedieh in diesem Lebensmittelgeschäft in der Innenstadt, und niemand außer mir wusste von ihnen.
    Außer mir und den Mitgliedern von San Franciscos Fae-Gemeinde, die hier einkauften. Ich hatte mich extra für diesen Laden entschieden, weil er so fernab der wahrscheinlichen Treffpunkte jener Menschen lag, die ich in meinem anderen Leben gekannt hatte. Den Umstand, dass sich einige davon auf die Suche nach mir begeben könnten, hatte ich nicht berücksichtigt.
    »Ist diese Kasse geöffnet?«
    Die Stimme klang barsch, vertraut und reichte vollauf, um mich aus meinem Tagtraum hochschrecken zu lassen. Ich zuckte zurück und fuhr mit einem Arm so abrupt zur Seite, dass mein Kinn auf dem Förderband aufschlug. In dem vergeblichen Versuch, einen Rest von Würde zu wahren, verbot ich mir, es zu reiben, als ich mich aufrichtete. Stattdessen klebte ich mir ein Lächeln ins Gesicht, drehte mich der Quelle jener Stimme zu und antwortete: »Ja, Sir. Legen Sie Ihre Einkäufe einfach aufs Band.«
    Der Mann am Ende meiner Bahn starrte mich an. Besorgnis stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Wurzel und Zweig, Toby, hat das nicht wehgetan?«
    Ich zwang mich, das Lächlen aufrechtzuerhalten. Was nicht einfach war. Durch die Zähne hindurch sagte ich: »Ich packe später Eis drauf. Darf ich jetzt Ihren Einkauf haben, Sir?«
    Der Mann seufzte und begann, seinen Wagen zu entleeren. »Machen wir das noch immer? Ich hatte aufrichtig gehofft, wir hätten es mittlerweile hinter uns. Bist du sicher, dass du nicht mal damit fertig sein willst? Ich kann warten. Du kannst nach deiner Schicht mit mir nach Hause kommen. Ich habe die
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