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Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Titel: Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
Autoren: Batya Gur
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und, als er den hohlen Ton hörte, ein Loch hineingeschlagen. Er hatte durchgespäht und war völlig verblüfft, ohne ein Wort von sich zu geben, weggegangen – Tirza liebte es, die Geschichte bei jeder Gelegenheit zu erzählen – und mit einem Löffelbagger zurückgekehrt, der in den Raum hinein grub, und so kam die riesige Halle zum Vorschein, in der jetzt die großen Wochenend-Unterhaltungsprogramme aufgenommen wurden. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass es eine antike Zisterne war, die seinerzeit als großes deutsches Haus gedient hatte, das zerstört worden war. Filmaufnahmen wurden dort gemacht, und dank Max wurden Rohre verlegt und auch in ein Belüftungssystem investiert, über das Max bis auf den heutigen Tag allein herrschte. Sogar ein neues, perfektioniertes Schneidegerät – das sei jetzt wirklich das letzte, versprach Max, als er den Kostenvoranschlag bei der Finanzabteilung einreichte und das erschütterte Gesicht von Levi aus der Buchhaltung sah – brachte man hier unter, in dem Raum der Schreinerei. Und dort, in den Hallen, die für das Bemalen der Kulissen bestimmt waren, wurden die großen Säulen aufbewahrt, die Tirza gebaut hatte, und die Marmorsäule hatte man an die Tür des Beleuchtungsraums gelehnt. Es war Tirzas Vorschlag gewesen, das Kulissenlager und die Eisentreppe zu nutzen, um die erste Begegnung zwischen Ginat und Gamsu, Agnons Helden, zu filmen, und sich so eine andere Location zu sparen. Diese Weiträumigkeit, die das exklusive Reich Tirzas und Max Levins, des Leiters der Requisite, war, versetzte Benni Mejuchas jedes Mal von neuem in Erregung. Wollte Gott, er hätte jedes einzelne Eck darin benutzen können. Sogar Erholungsräume hatten sie, mit einem riesigen Poster von Kim Basinger direkt über dem Sofa, auf dem der Herrscher über die Bühnenarbeiter die meiste Zeit des Tages lag. »Durchgangslager« nannten sie die Reihe hintereinander liegender Räume, und in einem davon, dem kühlsten von allen, wurden die Sandwichs und das Bier aufbewahrt. Seit dreißig Jahren arbeitete er beim Fernsehen, und es gab in diesem Bau immer noch Orte, von deren Existenz er nichts wusste, doch wie Schraiber grinsend, wie im Scherz, gesagt hatte, was war schon ein Fernsehregisseur? Der Letzte in der Rangordnung. Ihm, Benni Mejuchas, war das egal, vor allem jetzt, wo man ihn endlich das machen ließ, was er wirklich wollte. Tirza und Max waren ohnehin die Einzigen, die hier jede Ecke kannten. Und Tirza … eine qualvolle Woche, seit einer geschlagenen Woche weigerte sie sich, mit ihm zu reden, im Guten wie im Schlechten. Zwei Menschen leben zusammen unter einem Dach, aus Liebe, schon seit acht Jahren, wegen der Liebe, nichts anderes verbindet sie, weder Kinder noch Besitz oder Rabbinatszeremonien, und nun sprach sie nicht mehr mit ihm. Kein einziges Wort. Und jedes Mal, wenn er versuchte, ihr zu erklären … Doch die Kulisse hatte sie fertig gestellt, sogar die große Marmorsäule hatte sie vollendet poliert und in die Kulissen gestellt – glatt und vollkommen wie die Säule eines Palastes wartete sie nur auf die Dreharbeiten. Märchenhaft schön. Unfassbar, dass jemand mit roter Farbe ein Graffito darauf gekritzelt hatte, »hier ist das aschkenasische Puff« – was hatten die Leute bloß im Kopf? Es war ihnen egal, wenn sie Schönheit zerstörten, im Gegenteil, genau das wollten sie. Man könnte meinen, dass ausgerechnet der Anblick großer Schönheit den Zerstörungstrieb in den Menschen weckte. Sogar in klugen, kultivierten Menschen. Was im Grunde das Thema von »Ido und Einam« war. Auch dort wurde Schönheit zerstört. Man zerstörte, wie um ihr Geheimnis zu enträtseln.
    Benni Mejuchas blickte zur Ecke des Daches. Max Levin hatte den Vorschlag gemacht, Gemula auf dem Dach des Kulissengebäudes wandelnd zu filmen. Der Mond beleuchtete den Kaktus in dem rostigen Eimer, den man beiseite gerückt hatte, damit er in der Kameraeinstellung nicht zu sehen war, und die farbbefleckte Fläche, die man mit Sand bedeckt hatte. Von der Ecke des Daches her stieg immer noch Rauchgeruch auf, der von dem Grillgerät herrührte. Beim ersten Mal, als Benni Mejuchas mit Max Levin aufs Dach hinaufgegangen war und verwundert den rußigen Bratrost, die Kohlenreste und Haufen dünner Knochen betrachtet hatte, an denen Katzen nagten, war Max verlegen geworden, und es schien fast, als bereute er, ihn in sein Reich gebracht zu haben. »Der Schlosserjunge«, hatte sich Max entschuldigt, mit seinem starken
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