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Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Titel: Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
Autoren: Batya Gur
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überhaupt nicht!«
    »Nichts zu machen«, sagte Michael, »ich denke, dass wir den Tempelberg einstweilen nicht brauchen, jedenfalls nicht, bis die Erlösung kommt, es gibt keinen Grund, sich mit dem Tempel in Schwierigkeiten zu bringen, und am Ende aller Tage, wenn die Erlösung kommt, wird sich der Heilige, gesegnet sei er, wie sie sagen, schon selbst darum kümmern. Daher ist die Frage des Tempelbergs momentan eine rein theoretische Frage.«
    »Hör mal«, erwiderte sein Sohn, nahm einen Schluck Kaffee, verzog das Gesicht und betrachtete das Glas und dann seinen Vater, »ich will deswegen nicht an einer Demonstration zu Stützpunkten oder ihrer Räumung teilnehmen, aber ich denke, es gibt keine Vernunft in diesem Staat, beziehungsweise Zion, alle Jungen in meinem Alter laufen mit Gewehren herum und müssen vernagelte Juden verteidigen, die auf dem Grund und Boden von Arabern sitzen.«
    »Was heißt das? Im gesamten Israel oder nur in den besetzten Gebieten?«
    »Auch im Befreiungskrieg hat man schließlich Araber vertrieben und ihnen Land weggenommen«, argumentierte Juval.
    »Heute ist klar, dass wir uns an einem Ort angesiedelt haben, an dem es bereits Menschen gab, aber damit ist heute nichts mehr anzufangen. Und außerdem, kennst du ein Volk, das sich seinen Platz nicht erobert hätte? Auch die Araber, die hierher kamen, haben sich ihren Platz erobert, so ist die menschliche Lage«, entgegnete Michael und richtete seinen Blick auf die Bedienung, die sich mit einem großen Tablett näherte, »das Problem ist, dass wir von uns selbst als Juden mehr Moral erwartet haben … mehr Verständnis für den Mitmenschen … doch es stellt sich heraus, dass wir wie alle sind, und damit hat sich’s.«
    »Aber das ist wie bei Hunden, Hunde, die ihr Territorium markieren«, murmelte Juval und verstummte. Sein Blick verfolgte das umständliche Hantieren der Bedienung, der sein Vater rasch den Salat und den Teller mit dem Omelett aus den Händen nahm.
    »Iss, solange es noch warm ist«, sagte Michael und blickte auf das Omelett, das vor ihm lag und einen herrlichen Duft verströmte, der in ihm, aus irgendeinem Grund, trotzdem nicht den Wunsch auslöste, es anzurühren.
    »Wie die Hunde«, wiederholte Juval angewidert, nachdem sich die Bedienung entfernt hatte.
    »Das mag vielleicht richtig sein«, stimmte Michael zu, »aber so ist das: Es ist die Pflicht des Menschen, ein Territorium zu haben, damit er sein Heim und seine Kinder verteidigen kann, und daran ist überhaupt nichts Beschämendes, im Gegenteil. Aber ich stimme dir ganz entschieden darin zu, dass die Art, in der wir hier seit dem Sechs-Tage-Krieg unsere Territorialbelange betreiben, äußerst hässlich und übel ist. Schändlich, in der Tat.«
    »Sie war von Anfang an hässlich«, widersprach Juval, schnitt ein Stück Omelett ab und spießte es mit der Gabel auf, »denn die Araber waren von Anfang an hier, und es war ihr Land.«
    »Aber dagegen ist jetzt nichts zu machen. Man muss nur anerkennen, dass wir es ihnen genommen und sie vertrieben haben; es zurückzugeben ist unmöglich; was willst du machen? Häuser von Juden evakuieren? Wenn es einen palästinensischen Staat und Frieden geben wird, kann man auch darüber reden … es wenigstens anerkennen …«, sagte Michael.
    »Aber es gibt keine Chance, hier in Frieden zu leben«, hielt Juval mit vollem Mund dagegen und häufte den Salat auf seinen Teller, »oder wie denkst du darüber?«
    »Es gab eine solche Chance«, äußerte Michael und stocherte mit der Gabel in einem kleinen Stück Omelett herum, »und ich denke auch, dass es wieder eine geben wird, aber der Hass, der hier herrscht, von Seiten der Araber, von Seiten eines Teils von ihnen, auch ihn gibt es, und er ist schlicht nicht zu ignorieren.«
    »Ich will nicht an einem derart vernunftlosen Ort leben«, sagte Juval. »Weißt du, was die Jungens von der kämpfenden Pionierjugend im Pflichtdienst, die die Siedler südlich von Hebron schützen, machen?«
    »Was?«, fragte Michael, während er endlich ein Stück Omelett in den Mund steckte und mit Erstaunen bemerkte, dass er den Geschmack wahrnahm. »Was machen sie?«
    »Sie stricken! Glaub mir – so was hast du noch nicht gesehen. So an die zwanzig, dreißig Jungen, die Siedlungen in der Gegend von Hebron bewachen, kämpfende Soldaten, Pioniere! – sitzen im Kreis um einen Ofen und stricken Mützen, Schals, Socken, du würdest es nicht glauben … Kumpels, die mit mir in der Schule waren! Ich habe mit
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