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Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel

Titel: Ochajon 06 - Und Feuer fiel vom Himmel
Autoren: Batya Gur
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gibt dort schon eine ganze fertige Ansiedlung, es gibt …«
    »Nicht Zehntausende«, korrigierte sie Balilati, »Hunderttausende, sag ich dir«, und als er den skeptischen Ausdruck auf Zilas Gesicht gewahrte, setzte er schnell hinzu: »Es geht um eine Vision! Das ist eine Vision! Auch in ferner Vergangenheit gab es solche, die zweifelten, glaub’s mir, eine Vision von Zerstörung und Erlösung! Unsere Leute waren auf seinen Versammlungen, aber wir hatten kein Material gegen ihn … es ist uns nicht gelungen, den Daumen auf die Videokassette und die ganzen Gelder zu legen … ich weiß noch nicht, woher sie das hat, die Kleine«, sagte er, während er Natascha ansah, »das ganze Material, das wir nicht geschafft haben zu …«
    »Es handelt sich um hundertfünfundsiebzigtausend Gläubige, vorläufig«, warf Natascha ein.
    »Auf jeden Fall«, fuhr Balilati fort, »machen sich komplette Familienclans auf, um nach dem Javne im Ausland auszuwandern … er sagt, der Rabbiner Alcharizi, dass Jerusalem in Bälde zerstört werden wird, so hat er es in seiner Vision gesehen, und hier«, Balilati deutete auf den bläulich flimmernden Bildschirm, »wird das neue Javne sein … ist dein Film zu Ende?«
    »Es gibt noch einen kleinen Anhang, von mir«, sagte Natascha bescheiden. Balilati reichte ihr die Fernbedienung, und sie ließ den Film weiterlaufen. Vor dem Hintergrund des Bildes von Rabbiner Alcharizi mit der Kapuze eines griechisch-orthodoxen Priesters auf dem Kopf erklang nun Nataschas Stimme: »Rabbi Jochanan Ben Zakai wurde aus dem christlichen Jerusalem in einem Sarg und in Leichenhemden hinausgeschmuggelt, doch Rabbiner Alcharizi hat sich mit einer anderen Tarnung begnügt …«
    »Prima Arbeit«, murmelte Balilati, »journalistische Arbeit ersten Ranges, Herzchen. Komm mit, wir werden den Film dahin bringen, wo er hingehört, was hältst du davon?«
    Natascha blickte Michael an, der zu einem bestätigenden Nicken ansetzte, doch im gleichen Augenblick klingelte das Telefon. Zila hob schnell ab und während sie in den Hörer jubelte, als spräche sie mit jemandem, der ihr besonders lieb war, folgte Natascha Balilati aus dem Zimmer und schloss die Tür.
    »Es ist Juval«, sagte Zila mit strahlendem Lächeln und reichte ihm den Hörer, »er ist in Jerusalem, ist vor einer halben Stunde angekommen und fragt, ob du Zeit für ihn hast. Hast du überhaupt gewusst, dass er auf Wehrübung ist? Er hat einen knappen halben Tag, after duty.«
    Michael nahm den Hörer entgegen, wobei er sich fragte, woher er die Kraft nehmen sollte, ganz normal wie immer zu klingen, doch sein Sohn, ungewöhnlich erregt, erkundigte sich nicht einmal nach seinem Befinden, sondern bat nur um ein Treffen.
    »Ist etwas passiert?«, fragte Michael, und die Furcht schreckte ihn mit einem Mal aus dem Schwebezustand, in dem er gefangen war.
    »Nein«, versicherte Juval, »es ist alles in Ordnung, ich wollte nur … ich habe zwei Stunden … ich wollte … ich dachte, falls du Zeit hast …«
    Michael registrierte die aufkeimende Enttäuschung, die er so gut aus den Tagen kannte, in denen Juval noch ein Junge war, als er ein ums andere Mal mit den Enttäuschungen konfrontiert war, die ihm sein Vater bereitete, wenn er den Zeitplan nicht einhielt, den sie miteinander aufgestellt hatten, und trotz seiner Versprechen nicht mit ihm zusammen sein konnte. Er schlug hastig einen Treffpunkt vor.
    Die blassen Sonnenstrahlen fielen auch durch die Glaswände des Cafés, in dem große Gasöfen Wärme verbreiteten, und beschienen Juvals Bartstoppeln und seine dunklen Augenbrauen, die er von Michael geerbt hatte.
    »Frühstücken wir?«, fragte Juval, und Michael nickte und winkte der Bedienung, die ihnen eilfertig das »Gesundheitsfrühstück« anpries, eine Neuheit, die nicht auf der Karte stand.
    »Ich möchte ein Omelett aus drei Eiern und einen großen Salat«, sagte Juval, »und für dich?«
    »Dasselbe, genau das Gleiche«, antwortete Michael.
    »Und wir rauchen nicht«, verkündete Juval in den leeren Raum des Cafés hinein, in dem außer ihnen nur noch ein älterer Herr saß, der Zeitung las, und ein junges Mädchen, das unablässig auf die Uhr sah.
    »Ich wusste gar nicht, dass du auf Wehrübung bist«, sagte Michael, »wieso hast du mir nichts davon gesagt?«
    »Hat sich nicht ergeben«, erwiderte Juval, »es sollte nur so eine Routineübung sein, für drei Tage, aber … egal, ich wollte dich etwas fragen.« Er zögerte und wandte seinen Blick irgendwie
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