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Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung

Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung

Titel: Ocean Rose Trilogie Bd. 3 - Erfüllung
Autoren: Tricia Rayburn
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eigentlich hatte es ihm immer mehr gehört als uns. Zwar behauptete Dad, der Abschied würde ihm nicht schwerfallen, doch ab und zu überraschten wir ihn dabei, wie er sehnsüchtig in Richtung des Lake Kantaka schaute, auch wenn wir uns gerade am Strand, mitten in der Stadt oder sonst wo befanden.
    Also blieb nur ich übrig. Mom ging davon aus, dass ich die Vergangenheit genauso dringend hinter mir lassen wollte wie sie, und damit hatte sie recht. Jedenfalls zum größten Teil.
    »Lieber Himmel, ist hier jemand gestorben?«
    Die Haustür schlug krachend zu. Als ich mich vom Wohnzimmerfenster abwandte, sah ich Anne im winzigen Eingangsflur stehen. Sie hatte die Arme voller Backwaren und blauer Hochglanzmappen. Ihr Gesicht war zu einer missbilligenden Grimasse verzogen.
    »Wie bitte?«, fragte ich.
    »Ich meine den Geruch! Als hätten sich kleine pelzige Tierchen den Weg in eure Wände gebahnt und nicht mehr herausgefunden.«
    »Das Haus ist alt«, erklärte ich, und mir wurde innerlich ganz heiß. »Es ist seit Monaten unbewohnt, und am Anfang der Ferien riecht es eben immer etwas feucht.«
    »Tja, ob Feuchtigkeit oder Mäusekadaver, auf jeden Fall werden die Interessenten nicht nach ihrem Scheckbuch greifen, wenn sie zu beschäftigt damit sind, sich die Nase zuzuhalten.« Sie kam ins Wohnzimmer, ließ die Mappen auf den Couchtisch fallen und marschierte weiter in Richtung Küche. »Und bei dem Preis, den deine Mutter verlangt, sollte es hier besser duften wie in einem Blumenladen.«
    Ich stand unschlüssig da und wusste nicht, was ich tun sollte. Eine Sekunde später erschien Annes Kopf im Kücheneingang.
    »Los, los, die Fenster!«, sagte sie.
    »Was?«
    »In ein paar Minuten kommen die ersten Interessenten. Also können wir jetzt nichts weiter tun, als die Fenster aufzureißen und unseren Schutzengel um ordentlichen Durchzug zu bitten.«
    Ihr Kopf verschwand wieder. Schranktüren wurden quietschend geöffnet und lautstark zugeschmissen. Ich nahm an, dass sie nach Tellern für das Gebäck suchte. Sollte ich ihr sagen, dass Mom alles in die Speisekammer gestellt hatte, was zum Aufhübschen der Küche gebraucht wurde? Ich entschied mich dagegen und begann stattdessen, im Wohnzimmer die Vorhänge aufzuziehen und Fenster zu öffnen, wie sie verlangt hatte.
    Danach ging ich die Treppe hinauf.
    Die Tür ganz hinten im Korridor war geschlossen, genau wie beim letzten Mal, als ich mich hier hoch gewagt hatte. Während unserer Monate in Boston hatte es schon ein paar Hausführungen gegeben, aber jetzt wirkte alles so still und leblos, als hätte seit dem Sommer niemand diesen Flur betreten. Die Ereignisse, die mich das letzte Mal hierhergeführt hatten – als Mom sich endlich überwunden hatte, Justines Kleidung in Kartons zu packen, und ich mit der Nachricht zu ihr gekommen war, dass ich nach Dartmouth gehen würde –, kamen mir unwirklich vor.
    Trotzdem waren sie sehr real. Daran wurde ich jeden Tag aufs Neue erinnert.
    »Vanessa, hier sollten doch Kerzen sein. Weißt du vielleicht, wo …«
    Annes Stimme von unten verklang, als ich ins Zimmer trat und die Tür hinter mir schloss. Diesen kleinen Raum hatten Justine und ich uns jeden Sommer geteilt, solange ich mich erinnern konnte. Ich setzte mich auf die Kante meiner Matratze und ließ meinen Blick über das zweite Bett schweifen. Es sah anders aus. Das Laken war zu weiß, das Kissen zu rund. Mom hatte aus unserem Zimmer zwar keine Möbel mitgenommen, aber einige Kleinigkeiten aufgehoben, darunter auch Justines Bettzeug. Vermutlich hatte sie die Vorstellung nicht ertragen, Fremde könnten darin schlafen oder noch schlimmer, die Decken auf den Müll werfen, in denen sich ihre älteste Tochter während unzähliger Sommerabende eingekuschelt hatte.
    Das Bett wirkte so verändert, dass ich mir Justine gar nicht darin vorstellen konnte. Ich konnte sie nicht vor mir sehen, wie sie sich auf einen Ellbogen stützte und mit mir die Unternehmungen für den nächsten Tag besprach, oder wie sie auf dem Rücken lag und ihr Haar flocht, während wir über Filme, Musik und Jungs redeten. Ständig hatte sich bei ihr alles um Jungs gedreht, aber am Ende war ihr nur einer wichtig gewesen: Caleb.
    Am liebsten hätte ich mich hingelegt und die Augen geschlossen, um ihr Bild zurückzurufen. Jeden Tag fiel es mir schwerer, Justine vor mir zu sehen. Aber manchmal gelang es mir, wenn ich mich vor anderen Ablenkungen abschirmte. Ich war kurz davor, mich auf die Matratze sinken zu lassen, als
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