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Oben ohne

Oben ohne

Titel: Oben ohne
Autoren: Evelyn Heeg
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Blut der Ratsuchenden verglichen, und das ermöglicht dann die endgültige Diagnose.
    Also in jedem Fall eine ziemlich langwierige Sache.
    Ich entschließe mich, die ganzen Informationen auszudrucken und mit nach Hause zu nehmen, um sie Evelyn zu zeigen. Auf »Drucken« geklickt und schnell auf den Gang vor dem Büro, wo unser Abteilungsdrucker steht, und die Blätter mitnehmen. Damit nicht mein Chef oder ein Kollege plötzlich auch noch zum Experten für familiären Brustkrebs wird.

WARUM TESTEN?
    In diesem Frühjahr machen wir viel Sport, weil wir für einen großen Wettkampf trainieren: eine Alpenüberquerung in acht Etappen, an der wir als sogenanntes Mixed-Team teilnehmen werden. Mich zu bewegen, war mir schon immer wichtig. Als Jugendliche habe ich rhythmische Sportgymnastik gemacht, dann entdeckte ich das Radfahren, und bis heute laufe ich sehr gern. Eigentlich hat mir mein Hausarzt als Jugendliche den Ausdauersport verordnet – um den niedrigen Blutdruck etwas nach oben zu bringen. Folglich habe ich angefangen, meinen Vater auf seinen Runden auf dem örtlichen Trimm-dich-Pfad zu begleiten. Und dann entdeckte ich das Radfahren. Zunächst auf einem Trekkingrad, aber schnell war mir klar, dass das ja ein fauler Kompromiss ist. Ein Mountainbike musste her. Na ja, und seit ich in Freiburg wohne, in einer landschaftlich tollen Gegend mit sehr vielen kleinen Straßen und wenig Autoverkehr, ist natürlich auch ein Rennrad Pflicht.
    Auf dem Mountainbike habe ich schon dreimal die Alpen überquert, allerdings waren das keine Rennen. Vergangenes Jahr haben wir uns dann für die Transalp Challenge angemeldet, ein leicht verrücktes Vorhaben, für das wir seither auch halbwegs seriös trainieren. Unter der Woche ist inzwischen – da es auch abends wieder einigermaßen hell ist – eine kurze Runde auf dem Bike in die umliegenden Berge angesagt. Meistens geht es hoch auf den Rosskopf und auf dem Höhenrücken weiter zum Flaunser, wo der Kandelhöhenweg weiter am Hang entlang nach St. Peter führt. Wir haben aber nicht mehr so viel Zeit heute Abend und wollen den Abzweig ins Dreisamtal nehmen.
    Wir wohnen so geschickt, dass wir in zwei Minuten im Wald sind, sozusagen mit direktem Anschluss an den Schauinsland. Und auf der anderen Seite brauchen wir ebenfalls nur wenige Minuten zu Fuß in die Innenstadt. Das ist das Schöne an Freiburg, diese Mischung bietet kaum eine andere Großstadt. Die erste halbe Stunde kurbeln wir schweigsam durch den Wald, denn es geht kontinuierlich bergauf. Ab und zu schießt ein Downhiller an uns vorbei nach unten, bewaffnet mit Vollvisierhelm und Protektoren. Der Rosskopf ist der »Hausberg« der Jungs mit dem langen Federweg. Ansonsten herrscht wohltuende Ruhe. Die Muskeln werden langsam warm, die Bewegungen der Beine flüssiger und leichter – und alle Ereignisse des Tages werden nach und nach aus meinen Gedanken gelöscht.
    Hinter dem Rosskopfgipfel führt uns der Weg auf dem Höhenrücken nach Osten. Wir kommen langsam ins Reden, und Tino berichtet mir von seiner Recherche.
    »Es gibt da Zentren für familiären Brustkrebs, die anscheinend eine besondere Vorsorge machen, für Betroffene … «
    Es geht kurz bergauf, und der Atem wird zu knapp zum Sprechen. Dann kommt eine kurze Passage auf einem schmalen Wanderpfad über eine Wiese. Wir hoppeln über Wurzeln, kurven um Steine und rauschen schließlich einen kleinen Abhang hinunter. An einem kleinen Unterstand am Streckereck wird der Weg wieder breiter.
    » … du erfüllst die Kriterien, soweit ich das verstehe … «
    Der nächste steile Anstieg kommt, wieder im Wald, nachdem wir tolle Ausblicke über die Rheinebene bis hin zum Kandel genossen haben. Aber hier liegt grobes Geröll auf dem Boden, und kurz beginnen die Beine zu brennen, bis sich der Weg wieder neigt.
    » … die fangen schon mit fünfundzwanzig an, alle möglichen Vorsorgeuntersuchungen zu machen. Und für Leute aus Hochrisikofamilien sogar einmal im Jahr Kernspin … «
    Kernspin? Oh, das habe ich noch nie bekommen. Weiß mein Frauenarzt darüber Bescheid?, denke ich.
    »Aber was ich nicht verstehe«, sagt Tino, »ist das mit dem Nachweis: Man braucht dafür wohl das Blut von einer erkrankten Verwandten. Aber die sind bei euch doch alle längst gestorben.«
    Was hat Tino gerade gesagt? Er hat recht, die zuletzt gestorbene Tante war vor zwei Jahren beerdigt worden. Woher einen lebenden Verwandten nehmen? Ich zucke mit den Achseln. Das weiß ich auch nicht. Mir schießen
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