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Nur noch diese Nacht

Nur noch diese Nacht

Titel: Nur noch diese Nacht
Autoren: Kelly Mira Lyn
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gerade noch auf, als es unter ihrem Gewicht von der Matratze zu rutschen drohte. Ehrfürchtig berührte sie den zartgrünen Stoff eines halb fertigen Babyschuhs und flüsterte: „Wie weich!“
    Die Bemerkung löste etwas in Claire, und sie lächelte ihrer Freundin zu. „Ja, nicht? Meine Großtante hat ihn gehäkelt.“ Sie hob eine Stofflage an, zog ein Foto darunter hervor und reichte es Sally.
    „Donnerwetter, bist du das?“ Staunend begutachtete Sally das Gruppenbild mit der zwölfjährigen Claire. „Sieht nach einer tollen Familie aus.“
    Ja, das hatte Claire auch geglaubt. Sie hatte sehr stark an ihrer Familie gehangen. Nie hätte sie für möglich gehalten, dass die Menschen, die ihr alles bedeuteten, sie im Stich lassen könnten.
    Wie naiv und ahnungslos sie in vielen Dingen gewesen war.
    Vorsichtig legte Claire das Foto zurück und nahm das Schmuckstück heraus, wegen dem sie das Kästchen hervorgeholt hatte: einen schmalen mit fünf Diamanten besetzten Platinring.
    Der Ehering von Ryans Großmutter.
    Claires Trauring.
    Erneut durchlebte sie, wie Ryan ihr das Ewigkeitssymbol über den Finger gestreift hatte … und verspürte wie damals das hohle Gefühl im Magen, als ihr bewusst wurde, dass sie es zu Unrecht trug.
    „Du musst es nicht tun, Claire. Er hat dich nicht einmal darum gebeten.“
    Entschlossen schüttelte sie den Kopf. Ryan würde sie nie darum bitten, doch der Ring stand ihm zu. Er gehörte seiner Familie. Da hielt sie es für richtig, ihm den Ring zusammen mit den Unterlagen zu schicken.
    „Ich habe ihn lange genug behalten.“ Es war Zeit, loszulassen.
    Ein letztes Mal betastete Claire den zarten Ring und spürte, dass ihr eine Träne die Wange hinunterrollte. Ertappt lachte sie und wischte sie fort.
    Mit einer lockeren Handbewegung setzte sie sich über Sallys Einwand hinweg und legte den Ring auf das Seidenkissen zurück. „Schon gut. Bald geht’s mir wieder prima.“
    Wenn sie es oft genug sagte, glaubte sie es vielleicht irgendwann.
    „Na, was meinen Sie?“
    Ryan hob den Kopf und sah Ty Baker an, der ihm gegenüber am Konferenztisch saß, dann Denis, der ihm fast unmerklich zunickte, als auf dem aufgeklappten Laptop eine interne Mitteilung erschien: Du hast es geschafft. Sie sind bereit, in allen Positionen nachzugeben, bis auf die Wasserrechte.
    Der gute Denis war unbezahlbar! Nichts entging ihm, auch nicht, dass sein Chef mitten in einem Megadeal einen Aussetzer hatte.
    „Ty, ich denke, wir werden uns einigen. Ich gehe die neusten Zahlen noch einmal durch, am Montag können wir Nägel mit Köpfen machen.“
    „Einverstanden.“ Die Männer standen auf und verabschiedeten sich an der Tür. „Wir werden damit alle viel Geld verdienen, Brady.“
    Ja. Wenn Ryan sich voll dahinterklemmte, bis die Sache in trockenen Tüchern war.
    Nachdem Baker gegangen war, sah Denis ihn kühl an.
    „Es wird nicht wieder vorkommen“, wehrte Ryan den unausgesprochenen Vorwurf ab, den er in Denis’ Blick wahrgenommen hatte.
    „So? So ausgepowert habe ich dich noch nie erlebt. Nicht mal nach dreißigstündigen Verhandlungen. Eigentlich noch nie.“
    Schuldbewusst presste Ryan die Lippen zusammen. „Das weiß ich.“ Natürlich wusste er, wie wichtig es war, vor seinen Leuten als Mann mit Biss dazustehen. Er musste sich zusammenreißen und aufhören, ständig an Claire zu denken.
    Denis atmete tief aus und betrachtete die Decke. So kannte er seinen sonst so zäh verhandelnden Chef einfach nicht.
    Ach komm, dachte Ryan. Denis wollte offensichtlich nicht aufgeben.
    Okay, heute hatte er den Ball verschossen, aber sie arbeiteten seit Jahren zusammen. „Wolltest du noch etwas sagen, Denis?“
    „Mir ist klar, dass die letzten Wochen für dich schwierig waren. Und jetzt frage ich mich …“, der Mann zupfte an seinem Kragen und sah ihn richtig mitfühlend an, „ob du darüber reden möchtest.“
    Um Himmels willen, nein!
    Ryan fühlte sich schrecklich. Denis, der knallharte Geschäftsmann, sein unerschütterlicher Assistent, fragte sich, ob er seinen Chef in die Arme nehmen oder ihm ein Eis spendieren sollte.
    „So schlimm steht’s um mich?“
    Denis schwieg. Die Antwort erübrigte sich.
    „Vergiss es. Bring mir das neue Angebot für Baker, und dann schwirr ab.“
    Denis nickte und verschwand eiligst, während Ryan in sein Büro zurückkehrte.
    Nach wenigen Minuten erhielt Ryan die E-Mail mit der Updatedatei, dem Terminplan für die kommende Woche und eine Benachrichtigung, dass die
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