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Nur mit dir sind wir eine Familie

Nur mit dir sind wir eine Familie

Titel: Nur mit dir sind wir eine Familie
Autoren: Nikki Benjamin
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absolut keine Rolle spielte. Sean hatte sie schon in weitaus schlimmerer Verfassung gesehen, ohne vor ihr zurückzuschrecken. Allerdings hatte er sie damals auch noch geliebt …
    Die Tür vor ihr ging so unvermittelt auf, dass Charlotte unwillkürlich einen Schritt zurücktrat. Als sie auf den nassen Steinen ausrutschte und ins Straucheln kam, riss ihr der Wind den Schirm aus der Hand. Sie schrie auf und fiel fast rücklings die Treppenstufen hinunter. Gerade noch rechtzeitig fand sie sich plötzlich in den Armen ihres Mannes wieder.
    Erschrocken blinzelte sie zu ihm auf, während sie spürte, wie der Regen sie bis auf die Haut durchnässte. Auch Sean wurde klitschnass.
    Plötzlich verspürte sie den unwiderstehlichen Drang zu … kichern. Sie fand die ganze Situation so komisch, dass sie sich trotz des strengen und missbilligenden Gesichtsausdrucks ihres Mannes nicht beherrschen konnte und in schallendes Gelächter ausbrach.
    Allzu rasch verwandelte es sich jedoch in lautes Schluchzen.
    Einen gedämpften Fluch ausstoßend, führte Sean sie ins Haus und stieß die Tür mit dem Fuß hinter sich zu. Erschöpft lehnte Charlotte den Kopf an seine Schulter und weinte wie ein Kind. Sie wusste, dass sie sich gerade völlig lächerlich machte, war jedoch machtlos gegenüber den Tränen, die nach all den Monaten der Selbstbeherrschung wie eine Urgewalt über sie hereinbrachen.
    Sean führte Charlotte behutsam durch die Eingangshalle ins Wohnzimmer, setzte sich auf das abgewetzte braune Ledersofa und zog sie sanft auf seinen Schoß. Sein Verhalten war fürsorglich, doch seine Stimme klang wütend und vorwurfsvoll. „Ich würde es sehr begrüßen, wenn du mir sagen könntest, was hier eigentlich los ist, Charlotte“, sagte er, nachdem ihre Tränen endlich versiegt waren. Seine tiefe Stimme mit dem gedehnten Südstaatenakzent hatte trotz seines gereizten Tonfalls eine beruhigende Wirkung auf sie. „Alles in Ordnung mit dir?“
    Nein, mit ihr war schon lange nicht mehr alles in Ordnung! Sie war emotional am Ende!
    Doch sie wusste, dass ihr diese Antwort kein Mitgefühl einbringen würde. Nicht nachdem sie ihn einfach hatte gehen lassen, als er vor sechs Monaten aus ihrem gemeinsamen Haus in Mayfair ausgezogen war. Nicht nachdem sie aus ihrer Erleichterung darüber keinen Hehl gemacht hatte. „Ja, alles in Ordnung“, sagte sie niedergeschlagen.
    Sie traute sich nicht, ihren Mann anzusehen. Stattdessen beschränkte sie sich darauf, seinen vertrauten Duft einzuatmen und die Wange an sein Hemd zu reiben.
    „Das klang vor ein paar Minuten aber noch ganz anders“, entgegnete Sean schroff.
    „Es geht mir gut, wirklich. Ich will nur … mit dir reden“, erklärte sie und hob den Blick zu ihm.
    Vor der Tür war sie so plötzlich gestrauchelt, dass sie kaum dazu gekommen war, ihn richtig anzusehen. Doch jetzt, im sanften Licht der Wohnzimmerlampen, musterte sie ihn.
    Er hatte sich kaum verändert. Sein Gesicht mit den hohen Wangenknochen, dem markanten Kinn und der gebogenen Nase war genauso attraktiv wie immer, nur sein volles schwarzes Haar war etwas stärker ergraut. Und er hatte einen müden Zug um die Augen, der vorher nicht da gewesen war …
    „Es muss sich um etwas Ernstes handeln, sonst wärst du nicht mitten in der Woche im Sturm hierher gefahren“, entgegnete Sean kühl. „Du fährst sonst nie bei Sturm Auto, und außerdem ist dir dein Job viel zu wichtig, um einfach so freizunehmen.“
    Sean hatte recht, sowohl was den Sturm als auch was ihren Job anging. Sie nahm ihre Arbeit als Hochschulberaterin an der Mayfair Highschool sehr ernst. Vor allem im Frühjahr, wenn die Schüler des elften Jahrgangs sich an den Colleges bewarben und die des zwölften sich um Stipendien, Studiendarlehen oder Ausbildungsplätze bemühten, hatte sie alle Hände voll zu tun.
    „Es handelt sich tatsächlich um etwas Ernstes, zumindest für mich“, antwortete Charlotte nach kurzem Zögern. „Etwas sehr Ernstes sogar …“
    Sean wirkte plötzlich beunruhigt. „Bist du etwa krank, Charlotte? Hatten all diese Fruchtbarkeitsbehandlungen etwa irreparable Nebenwirkungen?“
    Als er ihre Wange berührte, spürte Charlotte plötzlich so etwas wie Hoffnung in sich aufflackern. Vielleicht war ja doch noch nicht alles zwischen ihnen verloren. Anscheinend hatte Sean noch Gefühle für sie …
    Aber das konnte nicht sein. Schließlich war er derjenige gewesen, der von ihr verlangt hatte, ihren „Baby-Wahn“ aufzugeben, wie er sich ausgedrückt
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