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Nur mit dir sind wir eine Familie

Nur mit dir sind wir eine Familie

Titel: Nur mit dir sind wir eine Familie
Autoren: Nikki Benjamin
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nicht länger ertragen konnte, berührte er mit einer Hand ihre Finger und mit der anderen den Umschlag. Auch ihm klopfte das Herz jetzt bis zum Hals. „Willst du mir nicht endlich sagen, warum du hier bist?“, fragte er so ruhig wie nur möglich.
    „Du hast recht, es wird Zeit.“ Charlotte entspannte die verkrampften Finger, nahm seine Hand in ihre und hielt sie fest, während sie ihn zugleich flehentlich und ängstlich ansah.
    Sean drückte kurz ihre Hand, um ihr Mut zu machen. Dann ließ er sie los, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Charlotte senkte den Blick. Sie griff nach dem Umschlag und öffnete ihn unbeholfen. Dabei brauchte sie so lange, dass Sean den Impuls unterdrücken musste, ihn ihr aus der Hand zu reißen und ihn selbst zu öffnen. Statt den Stapel Papiere auf einmal aus dem Umschlag zu ziehen, holte sie nur ein einzelnes Blatt heraus, an dem mit einer Büroklammer ein Foto befestigt war. Zärtlich betrachtete sie es und hob dann den Blick zu Sean.
    Als Sean die Tränen in ihren Augen sah, befürchtete er sofort wieder das Schlimmste. „Sag es einfach, Charlotte“, Seine gepresste Stimme klang drohender als beabsichtigt. „Was auch immer es ist … ich muss es erfahren.“
    Charlotte sah ihn erschrocken an, hob dann jedoch trotzig das Kinn – von Zerbrechlichkeit oder Unsicherheit keine Spur mehr. „Erinnerst du dich noch daran, dass wir letztes Jahr über eine Adoption gesprochen haben?“, fragte sie.
    „Ja, selbstverständlich. Wir haben Formulare ausgefüllt und hatten sogar jemanden von einer Vermittlungsagentur zu Besuch …“ Sean verstummte. Mit einem Schlag wurde ihm bewusst, worauf seine Frau hinauswollte. Er sprang auf und hob abwehrend die Hände. „Oh nein, Charlotte“, sagte er kalt. „Ich werde niemals einer Adoption zustimmen. Du weißt seit einem halben Jahr, wie ich zum Thema Kinder stehe! Ich habe meine Meinung seitdem nicht geändert und werde sie auch jetzt nicht ändern!“
    Seine Frau sah ihn tief gekränkt und vorwurfsvoll an, doch er verhärtete sich innerlich gegen ihren Schmerz und redete laut weiter: „Ich habe sämtliche Tests und Behandlungen mitgemacht, genau wie den Sex nach Plan und die künstlichen Befruchtungen. Und das, obwohl keiner der Ärzte, die wir konsultiert haben, uns einen vernünftigen Grund nennen konnte, warum wir keine Kinder bekommen können! Da du dir so sehnlich ein Baby gewünscht hast, habe ich das alles ertragen. Aber mir wurde mehr und mehr bewusst, dass ich einfach nicht zum Vater geschaffen bin. Warum kannst du das nicht respektieren?“
    „Glaub mir, Sean, das tue ich“, antwortete Charlotte so ruhig und beherrscht, dass Sean sich plötzlich wegen seines temperamentvollen Gefühlsausbruchs schämte. Dabei war er bisher immer stolz darauf gewesen, seine privaten Probleme genauso sachlich zu lösen wie seine beruflichen.
    Er nahm sein Glas, trank einen Schluck und zählte dabei in Gedanken bis zehn. Danach stellte er es wieder ab und holte tief Luft: „Warum bringst du das Thema Adoption ausgerechnet jetzt wieder auf den Tisch?“, fragte er so ruhig, dass er sich innerlich für seine neu gewonnene Selbstbeherrschung beglückwünschte.
    „Weil ich nach wie vor Mutter werden will – oder vielmehr muss  – und jetzt endlich die Chance dazu habe. Allerdings nur, wenn du mir dabei hilfst“, fügte sie hinzu und sah ihn flehentlich an. „Wir könnten jetzt ein kleines Mädchen adoptieren – aber nur als Paar.“ Sie drehte das Blatt Papier mit dem Foto um und schob es langsam zu ihm hinüber.
    Sean war viel zu schockiert, um es näher zu betrachten. Ein kleines Mädchen adoptieren? Ist Charlotte jetzt komplett verrückt geworden?
    „Ich bitte dich darum, mich nach Kasachstan zu begleiten und dort mit mir die nötigen Papiere zu unterschreiben“, fuhr sie so gelassen fort, dass Sean sie nur fassungslos anstarren konnte. „Natürlich werden wir so tun müssen, als seien wir noch immer glücklich verheiratet, aber nur für ein paar Monate. Danach kannst du endgültig hierher ziehen und die Scheidung einreichen, wenn du willst. Ich verspreche dir auch, allen deinen Bedingungen zuzustimmen und dich nie wieder um etwas zu bitten – noch nicht einmal um Unterhalt für das Kind.“
    „Das kann doch unmöglich dein Ernst …“ Sean verstummte. Unglaublich, worum sie ihn da gerade gebeten hatte! Noch viel unglaublicher war jedoch, wie gleichmütig sie dabei blieb. Er hätte mit
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