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Nur Gutes

Titel: Nur Gutes
Autoren: Erwin Koch
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Dorf, angedeutet.

    ‹Sie unterrichten also behinderte Kinder›, sagte Albert.
    ‹Haben Sie nicht Politik studiert, damals?›
    ‹Soziologie›, sagte Anna.
    ‹Soziologie›, sagte Dagmar, eine Zigarette in der Hand.
    ‹Ich studierte Physik, bevor ich mit der Theologie begann,vier Semester Physik, dann erst Theologie. Das ist kein Widerspruch, wie manche glauben›, sagte Albert, ‹eher die Konsequenz.›
    Anna sagte: ‹Frau Mangold, darf ich, wenn das geht, eine Tasse Tee haben?›
    Dagmar lächelte.
    ‹Ich fürchte, wir haben nur Pfefferminz im Haus.›
    Sie nahm einen Topf, füllte ihn zu einem Drittel mit Wasser, stellte den Topf auf den Herd und drehte den Knopf.
    Albert saß auf seinem Luftkissen, streichelte die Brauen, Dagmar sah zur Uhr, zum Fenster.

    Den Geschirrspüler hätte ich anstellen sollen -

    ‹Im Kühlschrank ist noch etwas vom Braten. Das packe ich Ihnen ein, Anna, damit Sie etwas zu essen haben, wenn Sie nach Hause kommen›, sagte Dagmar, ‹den Braten kann man auch kalt essen. Und so weit, nehme ich an, geht Ihre Reise nicht, dass der Braten schlecht würde. Den können Sie auch kalt essen, wenn Sie mögen. Oder Sie wärmen ihn im Ofen, wenn Sie zu Hause sind. Es gibt doch einen Ofen, dort, wo Sie jetzt sind?›
    ‹Es gibt, wo ich jetzt bin, auch Öfen.›
    ‹Frankreich, nehme ich an›, sagte Albert.
    Anna sah Albert ins Gesicht, Albert hielt nicht stand.
    Man schwieg.

    Lärmend, ratternd fuhr ein Schneepflug die Grundstraße herauf, hinab, und warf gelbes Licht an die Wände der Häuser.
    Bald Viertel vor sechs -

    ‹Wir essen ja nicht zweimal Fleisch am Tag. Einmal genügt durchaus. Zu viel Fleisch ist ungesund. Den Braten kannst du haben, nimm ihn mit.›
    Dagmar zog eine Schublade, nahm eine Rolle aus dünnem Aluminium, sie riss davon ab, öffnete den Kühlschrank und lud den Braten mit zwei Gabeln auf die Folie.
    ‹Ist noch ein ziemliches Stück. Weil, wenn Simon hier isst. Der isst drei, vier Scheiben davon. Sie haben nur eine gegessen, Anna. Das kriegt Simon nicht aus dem Kopf: Rindsbraten statt Rinderbraten. Wo er es doch besser wissen müsste.›
    Sie drückte die Folie fest, links, rechts. Den Braten in der Hand, trat sie an den Tisch und krümmte sich zu Annas Rucksack.
    ‹Nein›, sagte Anna.
    ‹Wenn sie den Braten nicht will!›, schrie Albert.
    ‹Ich wollte doch nur›, sagte Dagmar.
    ‹Sie will ihn trotzdem nicht, Dagmar. Den Braten.› ‹Warum dieses Gift so plötzlich? Ich wollte doch nur den Braten auf Annas Rucksack legen.›

    ‹Zeit für Nachrichten›, sagte Albert. ‹Dagmar, stell bitte das Radio an.›
    ‹Nein!›, schrie Anna und hob den Rucksack auf ihren Schoß. ‹Das Radio bleibt still. Den ganzen Nachmittag war das Radio aus. Das Radio bleibt aus.›
    Dagmar legte den Braten auf die Anrichte, zog den Topf vom Herd und rührte Kräuter ins kochende Wasser, getrocknete Pfefferminze.
    ‹Keine Angst, in einer Stunde sind Sie mich los›, sagte Anna mit tiefer Stimme.
    Dagmar legte den Braten in den Kühlschrank, Albert sah zum Fenster.
    Sie nahm ein Sieb, goss den Tee in einen kleinen Krug, füllte zwei Tassen, eine für Anna, eine für sich.
    Sie fragte Albert, ob er Kaffee möge.
    Albert schwieg.
    Ob er Kaffee möge.
    Lieber ein Glas Wein, sagte Albert.
    Stumm trug Dagmar die Tassen zum Tisch, schob eine zu Anna, Anna stellte den Rucksack neben ihren Stuhl und hustete, konnte nicht aufhören zu husten, Anna klopfte sich auf die Brust. Dagmar brachte Zucker, dann Alberts Valpolicella, sie setzte sich, hob stumm die Tasse und genoss den Dampf, der ihr über Mund und Augen strich.

    ‹Eine Waffel?›, fragte sie.
    Albert schüttelte den Kopf.

    ‹Hat dieser Inspektor gesagt, wann genau er seine Polizisten abzieht?›
    ‹Hat er nicht›, sagte Albert. ‹Wenn es ganz finster sei, hat er gesagt.›

    Mit beiden Händen hob Anna die Tasse zum Mund, zögerte, nahm endlich einen Schluck.
    ‹Schade, dass Simon nicht kam›, sagte sie.

    Gegen sechs Uhr am elften Zwölften, dem Todestag meiner Eltern, rief ich die Mutter meiner Kinder an, ich hoffte, Charlotte wäre am Apparat, die Große, achtjährig. Anna Mangold nahm ab, fragte, weshalb ich anriefe, man sitze beim Abendessen.
    Ob ich mit Charlotte sprechen könne, nur kurz, fragte ich.
    Was ich von Charlotte wolle, fragte Anna.
    Das möchte ich Charlotte persönlich sagen, sagte ich. Ich frag sie mal, Augenblick, sagte Anna.
    Anna drückte die Hand auf den Hörer, ich wartete. Dann legte ich
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