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Nur genießen - erotische Kurzgeschichten nicht nur für Schwule (German Edition)

Nur genießen - erotische Kurzgeschichten nicht nur für Schwule (German Edition)

Titel: Nur genießen - erotische Kurzgeschichten nicht nur für Schwule (German Edition)
Autoren: Laurent Bach
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in
Verwunderung. Sie taxierte ihn, seine derbe Hose, seine dreckigen Wanderschuhe,
den Stock, den er in der Hand hielt. Dann gab der Fahrer Gas und schnellte
davon, von sanfter Kraft getrieben.
    Stephane sah ihnen nach, dann schaute er an sich hinunter. Er wurde sich
mit einem Mal bewusst, wer er war. Er war ein Bauer, ein Schäfer. Gewiss, er
wollte später auf die Landwirtschaftsschule gehen, einen guten Abschluss
machen, aber das zählte nicht. Solange er alte Kleidung trug und den ganzen Tag
nach Wollfett roch, solange seine Hände voller Risse und Schwielen waren,
solange er plumpe, unbeholfene Worte von sich gab, blieb er ein Bauer und
Schäfer. Warum hatte Dominic eigentlich ihn gewählt? Es gab keinen Grund für
ihn, einen Bauerntrampel zu küssen. Sicher hatte er einen hübscheren,
charmanteren Freund gefunden.
    Stephane ließ sich in der Herde treiben. Die Schafe zogen weiter, immer
weiter, Kilometer auf Kilometer. Grashüpfer sprangen in Scharen aus dem
trockenen Gras heraus, bevor sein schwerer Schuh die Halme krachend zertrat.
Die Sonne wanderte, Stehpane kam sich vor wie auf einer glatten Scheibe.
Nirgendwo eine Grenze, die Hochebene hielt seinen Blick kaum auf. Er hob den
Kopf zum Himmel. Die Gänsegeier waren längst am Himmel und betrachteten die
winzigen Menschen.
    Mit einem Mal packte ihn die Wut. Die Schafe waren ihm plötzlich lästig
wie nie zuvor. Er trat vor die Steinchen, sodass sie aufflogen und die
gemächlich wackelnden Hinterteile der Tiere vor ihm trafen. Diese Viecher
ekelten ihn nun an, ihre Dummheit, ihr ewiges Fressen und Scheißen. Die Hunde
blickten ihn an, die Ohren aufmerksam gespitzt. Er hasste auch sie. Er hasste
Alphonse, der ihn mit sich zog wie ein Gefängniswärter.
    „Da ist es“, sagte dieser und blieb stehen.
    Sie standen inzwischen am südlichen Rand der Causse de Blandas und sahen auf die verschachtelten Dächer ihres Heimatdorfs herab.
    Alphonse seufzte. „Wurde auch Zeit. Na? Freust du dich nicht?“
    Stephane ignorierte ihn und versuchte, einen Fingernagel zu säubern,
indem er mit einem anderen dreckigen Nagel in die Rille fuhr.
    „Deine Eltern freuen sich bestimmt schon“, bohrte Alphonse weiter.
    „Was kümmert’s dich?!“, schrie Stephane und
ließ ihn stehen. Mit schnellem Schritt eilte er über die Straße und ließ die
Herde hinter sich. Bald war er am Rand der Causse angekommen, er schaute ins Tal hinab. Dort unten näherte sich ein Auto, es fuhr
routiniert und zügig die engen Kurven bergauf, eine nach der anderen. Es war
ihm egal, er ignorierte die Gefahr, die der Herde drohte. Was soll’s, dachte er
trotzig. Er marschierte weiter, stieg die Straße hinab, er nahm die erste
Biegung und die Schafe verschwanden hinter ihm im Nichts. Endlich brauchte er
sie nicht mehr sehen. Der Wagen passierte ihn, kam der Kante immer näher, auf
die die Herde gerade zulief. Plötzlich hörte er das Quietschen von Reifen, das
Auto schlitterte über den Asphalt. Hundegebell, schimpfende Männerstimmen. Es
war ihm gleichgültig. Er hatte die zweite Serpentine hinter sich.
    „Stephane!“ rief Alphonse. Er war wütend, Stephane bemerkte es an seiner
Stimme. Es war ihm schnurz.
    „ Sacré !
Ich helf ’ dir gleich!“ vernahm er. An der vierten
Serpentine angekommen, blickte Stephane sich um. Anscheinend war die Begegnung
mit dem Auto glimpflich verlaufen. Die Herde verfolgte ihn, klebte in seinem
Rücken, in seinen Gedanken.
    „Du Idiot!“ Alphonse gestikulierte. „Wo sind die Bommel?“, rief er ihm
nach.
    Da setzte Stephane den Rucksack ab und zog eine Tüte heraus. Rote und
blaue Troddeln waren darin, Schmuck für die Leittiere, Zierrat für die Augen
der Dorfbewohner und die stolzen Besitzer. Es war Zeit, sie im Fell der
Leittiere zu befestigen.
    „Hol sie dir!“ Stephane warf die Tüte mit aller Kraft einen steilen
Abhang hinunter. Sie kullerte noch ein Weilchen hinab, bevor sie ihre Fracht
entlud und an einem Brombeergestrüpp hängen blieb, vom Wind gebläht. Die Wolle
verfing sich in den Dornen.
    „Du Blödmann, was ist denn los mit dir?“, erklang es von weitem.
    Stephane hielt
es nicht länger hier. Er setzte sich den Rucksack wieder auf die Schultern und
lief los, hinab ins Tal, fort von den dämlichen Tieren, fort von den Hunden und
fort von seinem Leben, das ihm seine große Liebe genommen hatte. Er wischte
sich die Tränen fort, sein Puls raste. Der Schwung zog ihn ins Tal herab, seine
Beine flogen, obwohl er eigentlich nicht ins Dorf wollte, das
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